Kündigungen zählen zu den sogenannten „empfangsbedürftigen Willenserklärungen“. Das heißt, sie entfalten erst mit Zugang beim Empfänger ihre rechtliche Wirkung. So ist der Zugang der Kündigung z.B. maßgeblich für den Beginn der Klagefrist einer Kündigungsschutzklage.
Wann aber beginnt die dreiwöchige Frist für die Kündigungsschutzklage zu laufen, wenn der Arbeitnehmer eine Kündigung nicht entgegennimmt? Mit dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht befasst (BAG, Urteil v. 26.03.2015, Az.: 2 AZR 483/14).
Zugang der Kündigung maßgeblich für Kündigungsschutzklage
Wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigen will, so muss er das laut § 623 BGB schriftlich tun. Damit die Kündigung Wirkung entfaltet, muss sie dem Arbeitnehmer auch zugehen. Nur dann hat dieser die Möglichkeit, von dem Inhalt Kenntnis zu nehmen und entsprechend zu reagieren. Nur dann entfaltet die Kündigung rechtliche Wirkung, denn der Zeitpunkt des Zugangs ist u.a. entscheidend für den Beginn der dreiwöchigen Klagefrist. Vor allem deshalb kommt es nicht selten vor, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber streiten, ob und wann eine Kündigung zugegangen ist.
Kündigung zugegangen? Der Fall vor Gericht
Bei einem Personalgespräch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin am 22.10.2012 hat der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin eine schriftliche Kündigung (Kündigungsschreiben) – so wörtlich – „hingehalten“. Die Arbeitnehmerin verweigerte die Annahme des Schreibens und verließ das Büro.
Am selben Tag suchten Mitarbeiter des Arbeitgebers – so nach dessen Angaben – die Arbeitnehmerin an ihrer Haustür auf und erklärten, einen Brief übergeben zu wollen. Die Arbeitnehmerin ließ die Mitarbeiter unverrichteter Dinge stehen und nahm auch hier kein „Schreiben“ an. Die Mitarbeiter warfen jedoch daraufhin Kündigungsschreiben noch am selben Tag in den Briefkasten der Arbeitnehmerin ein.
Nach Angaben der Arbeitnehmerin hat sie das Schreiben dort allerdings erst am 24.10.2012 gefunden, was dafür spreche, dass die Mitarbeiter sie auch erst am 23.10.2012 aufgesucht hätten.
Gegen die Kündigung klagte die Arbeitnehmerin – am 14.11.2012 ging die Kündigungsschutzklage der beim Arbeitsgericht ein. Ob die Arbeitnehmerin die Klage rechtzeitig eingereicht hat, hängt davon ab, wann ihr die Kündigung zugegangen ist. Denn rein rechtlich betrachtet ist die maßgebliche Drei-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage der Mitarbeiterin nach Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nur gewahrt, wenn tatsächliches Zugangsdatum der 24.10.2012 war.
Wie hat das BAG entschieden?
Das BAG hat den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen. Es sah die Möglichkeit, dass unter mehreren Aspekten die Kündigungsschutzklage verspätet sein könnte. Allerdings sei noch weitere Aufklärung nötig, um das endgültig beurteilen zu können.
- Zum einen sei es möglich, dass bereits in dem „Hinhalten“ der Kündigung während des Personalgesprächs am 22.10.2012 ein Zugang zu sehen sei. Hier bedürfe es weiterer Klärung, ob die Arbeitnehmerin bereits über das Schreiben verfügen konnte und die Möglichkeit hatte, seinen Inhalt zur Kenntnis zu nehmen. In diesem Fall wäre die Kündigung zugegangen und die Klage verspätet.
- Zum anderen könne die Arbeitnehmerin durch ihr Verhalten im Gespräch – die Nichtannahme des Schreibens und das Verlassen des Raumes – den Zugang der Kündigung treuwidrig vereitelt haben. Verhindert nämlich der Empfänger einer Willensklärung deren Zugang, muss er sich so behandeln lassen, als wäre die Erklärung zum Zeitpunkt des Übergabeversuchs zugegangen. Der Empfänger kann sich nicht auf einen späteren tatsächlichen Zugang berufen. Das hat das BAG hier nochmals ausdrücklich klargestellt.
- Ebenfalls sei ein Zugang des Kündigungsschreibens am Nachmittag des 22.10. bzw. 23.10. möglich. Auch hier bedürfe es weiterer Sachaufklärung, wann genau die Kündigung in den Briefkasten der Arbeitnehmerin gelangt sei.
Folgen für die Praxis
Grundsätzlich kann man als gekündigter Arbeitnehmer die Frist für die Kündigungsschutzklage voll ausreizen. Ist aber nicht ganz klar, wann die Kündigung zugegangen ist, ist es ratsam, mit der Kündigungsschutzklage nicht zu lange abzuwarten, um eine sog. Verfristung auf jeden Fall zu vermeiden.
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