Überlange Kündigungsfristen für Arbeitnehmer sind unzulässig.

Überlange Kündigungsfristen für die Arbeitnehmerkündigung sind unzulässig, auch wenn die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber im gleichen Umfang verlängert wird.

Ein Arbeitgeber hat durch eine Zusatzvereinbarung die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer von zunächst vier Wochen zum Monatsende, zusammen mit einer Gehaltserhöhung von 50%, auf drei Jahre zum Monatsende verlängert. Diese überlange Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer erklärte das BAG für unzulässig.


Im Na­men des Vol­kes!

UR­TEIL

In Sa­chen

hat der Sechs­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 26. Ok­to­ber 2017 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Fi­scher­mei­er, die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ar­beits­ge­richt Spel­ge und Gall­ner so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Klap­proth und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Döpfert für Recht er­kannt:

Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Säch­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 19. Ja­nu­ar 2016 – 3 Sa 406/15 – wird zurück­ge­wie­sen.

Die Kläge­rin hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen. Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten nach ei­ner Ei­genkündi­gung des be­klag­ten Ar­beit­neh­mers über die Wirk­sam­keit ei­ner Kündi­gungs­frist von drei Jah­ren zum Mo­nats­en­de.

Der Be­klag­te war für die Kläge­rin seit 1. De­zem­ber 2009 als Spe­di­ti­ons­kauf­mann tätig. Die Kläge­rin ist ein bun­des­weit täti­ges Spe­di­ti­ons- und Trans­port­un­ter­neh­men. Seit den Jah­ren 2006/2007 un­terhält sie ei­ne Nie­der­las­sung in L. Dort wur­den ein­sch­ließlich des Be­klag­ten sie­ben Ar­beit­neh­mer beschäftigt. Der Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en vom 24. No­vem­ber 2009 lau­tet in Tei­len:

§ 1
Auf­ga­ben­ge­biet und Kom­pe­ten­zen
Der Ar­beit­neh­mer wird den wei­te­ren Aus­bau und Auf­bau der Ak­ti­vitäten der Fir­ma für die Nie­der­las­sung der J GmbH in L in den Be­rei­chen na­tio­na­le/in­ter­na­tio­na­le Char­ter­ver­keh­re als Spe­di­ti­ons­kauf­mann mit ver­ant­wort­li­cher Er­geb­nis­kon­trol­le steu­ern. Er un­terstützt die Geschäftsführung der J GmbH beim Be­triebs- und Geschäfts­auf­bau. Der Ar­beit­neh­mer be­rich­tet fach­lich und dis­zi­pli­na­risch di­rekt an die Geschäfts­lei­tung der J GmbH.

§ 3
Ar­beits­zeit und Ne­bentätig­keit
Der Ar­beit­neh­mer hat sei­ne vol­le Ar­beits­kraft so­wie sein gan­zes Wis­sen und Können in die Diens­te der Fir­ma zu stel­len. Ver­ein­bart ist ei­ne 45-St­un­den-Wo­che. Die Ker­nar­beits­zeit ist von 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr von Mon­tag bis Frei­tag.

§ 9
Vergütung
Der Ar­beit­neh­mer erhält ein Mo­nats­ent­gelt in Höhe von € 1400,- (Ein­tau­send­vier­hun­dert Eu­ro) brut­to. Die­ses Ge­halt wird am En­de ei­nes je­den Mo­nats zur Zah­lung fällig. Die Zah­lung der Vergütung er­folgt bar­geld­los. Hier­mit sind al­le Ansprüche aus Ur­laubs- und Weih­nachts­geld ab­ge­gol­ten.

§ 12
Ver­trags­dau­er und Kündi­gung
Der Ver­trag tritt mit Wir­kung vom 01.12.2009 in Kraft und ist auf un­be­stimm­te Zeit ge­schlos­sen. Der Zeit­raum vom 01.12.2009 bis 31.05.2010 gilt als Pro­be­zeit. Während die­ser Pro­be­zeit ist je­de Ver­trags­par­tei be­rech­tigt, das An­stel­lungs­verhält­nis mit ei­ner Frist von 2 Wo­chen zu kündi­gen. Wird das Ar­beits­verhält­nis fort­geführt, so ist es ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis und kann von je­der Ver­trags­par­tei mit ei­ner Frist von vier Wo­chen zum Mo­nats­en­de gekündigt wer­den. Die Kündi­gung be­darf zu ih­rer Wirk­sam­keit der Schrift­form. Die Fir­ma ist be­rech­tigt, den Ar­beit­neh­mer un­ter Wei­ter­zah­lung sei­ner Bezüge für den Zeit­raum ab Zu­gang der Kündi­gungs­erklärung und der wirk­sa­men Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses von sei­ner Pflicht zur Er­brin­gung der Ar­beits­leis­tung frei­zu­stel­len.“

Die Par­tei­en tra­fen un­ter dem 14. Ju­ni 2012 ei­ne von der Kläge­rin for­mu­lier­te Zu­satz­ver­ein­ba­rung zum Ar­beits­ver­trag. In ihr heißt es aus­zugs­wei­se:

1. Ge­halts­erhöhung
Der Ar­beit­ge­ber gewährt dem Ar­beit­neh­mer mit Wir­kung ab 01. Ju­ni 2012 ei­ne Ge­halts­erhöhung. Das Ge­halt be­stimmt sich nun­mehr wie folgt:
Das mo­nat­li­che Brut­to­ge­halt erhöht sich auf 2400,- €. Ab ei­nem mo­nat­li­chen Rei­nerlös von € 20.000,-(zwan­zig­tau­send Eu­ro) auf 2800,- €.

2. Die Par­tei­en sind sich ei­nig, dass im Hin­blick auf die außer­or­dent­li­che Ge­halts­erhöhung noch fol­gen­de Ände­run­gen ih­res Ar­beits­ver­tra­ges ver­ein­bart wer­den:

a) Die ge­setz­li­che Kündi­gungs­frist verlängert sich für bei­de Sei­ten auf drei Jah­re zum Mo­nats­en­de.
b) Das ge­genwärtig ver­ein­bar­te Ge­halt wird bis zum Ab­lauf des 30.05.2015 nicht erhöht und bleibt bei ei­ner späte­ren Neu­fest­set­zung wie­der min­des­tens zwei Jah­re un­verändert be­ste­hen.
c) Der Ar­beit­neh­mer ver­pflich­tet sich, dem Ar­beit­ge­ber ei­ne Ver­trags­stra­fe in Höhe von zwei Brut­to­mo­nats­gehältern, al­so 4800,- €, zu be­zah­len, wenn er das Ar­beits­verhält­nis ver­trags­wid­rig be­en­det. Soll­te sich die ver­wirk­te Straf­sum­me im Ein­zel­fall als un­bil­lig er­wei­sen, ist sie durch ge­richt­li­ches Ur­teil zu be­stim­men.“

Am 22. De­zem­ber 2014 be­merk­te ein Ar­beit­neh­mer der L Nie­der­las­sung das Pro­gramm „PC-Agent“, das im Auf­trag der Kläge­rin An­fang 2014 in­stal­liert wor­den war und zur Über­wa­chung des Ar­beits­ver­hal­tens ge­eig­net ist. Das Pro­gramm hat­te bis zu die­sem Zeit­punkt un­er­kannt auf al­len Com­pu­tern der Ar­beit­neh­mer in der L Fi­lia­le ge­ar­bei­tet. Es do­ku­men­tier­te den Ar­beits­ver­lauf.

Der Be­klag­te kündig­te sein Ar­beits­verhält­nis mit Schrei­ben vom 27. De­zem­ber 2014 zum 31. Ja­nu­ar 2015. Ne­ben ihm kündig­ten fünf wei­te­re Ar­beit­neh­mer der Nie­der­las­sung in L ih­re Ar­beits­verhält­nis­se. Das der Kläge­rin am 29. De­zem­ber 2014 zu­ge­gan­ge­ne Kündi­gungs­schrei­ben des Be­klag­ten lau­tet:

„Sehr ge­ehr­ter Herr J, ich kündi­ge hier­mit ord­nungs­gemäß und frist­ge­recht mei­nen Ar­beits­ver­trag zum 31.01.2015.
Bis zu die­sem Tag stel­le ich Ih­nen mei­ne Ar­beits­kraft voll zur Verfügung. Ich bit­te Sie, mir ein qua­li­fi­zier­tes be­rufsfördern­des Ar­beits­zeug­nis aus­zu­stel­len.
…“

Die Kläge­rin stell­te den Be­klag­ten dar­auf­hin bis zum 31. Ja­nu­ar 2015 von der Ver­pflich­tung zur Ar­beits­leis­tung frei und zahl­te die Vergütung fort. Zum 1. Fe­bru­ar 2015 nahm der Be­klag­te ei­ne Tätig­keit bei ei­ner an­de­ren Spe­di­ti­on in L auf. Auch die fünf wei­te­ren Ar­beit­neh­mer der L Nie­der­las­sung der Kläge­rin, die ih­re Ar­beits­verhält­nis­se gekündigt hat­ten, wur­den von die­ser Spe­di­ti­on ein­ge­stellt.

Die Kläge­rin will fest­ge­stellt wis­sen, dass das Ar­beits­verhält­nis mit dem Be­klag­ten fort­be­steht. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, der Be­klag­te sei nicht be­rech­tigt ge­we­sen, das Ar­beits­verhält­nis zum 31. Ja­nu­ar 2015 zu kündi­gen. Die verlänger­te ver­trag­li­che Kündi­gungs­frist sei in­di­vi­du­ell aus­ge­han­delt wor­den. Sie sei wirk­sam, weil sie für bei­de Sei­ten gel­te und sich die Vergütung des Be­klag­ten deut­lich erhöht ha­be. Die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist sei selbst dann wirk­sam, wenn die Ab­re­de ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung sei. Sie be­nach­tei­li­ge den Be­klag­ten nicht un­an­ge­mes­sen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die ein­zel­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung länge­rer Kündi­gungs­fris­ten, als sie das Ge­setz vor­se­he, sei bis zu der Gren­ze von fünf­ein­halb Jah­ren wirk­sam. Auch bei Be­fris­tun­gen sei ei­ne Kündi­gung vor dem Be­fris­tungs­en­de nicht zulässig, wenn kei­ne Kündi­gungsmöglich­keit ver­ein­bart wor­den sei. Dem Be­klag­ten sei es ein drin­gen­des An­lie­gen ge­we­sen, sei­nen Ar­beits­platz zu si­chern. Des­halb könne er sich nicht auf Art. 12 Abs. 1 GG be­ru­fen. Kein vernünf­ti­ger Ar­beit­ge­ber stel­le den Ar­beit­neh­mer drei Jah­re lang un­ter Fort­zah­lung des Ent­gelts frei. Ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung ha­be der Be­klag­te nicht erklärt.

Die Kläge­rin hat – so­weit für die Re­vi­si­on von In­ter­es­se – be­an­tragt fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis fort­be­steht.

Der Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Er hat die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist für un­wirk­sam ge­hal­ten. Sie sei nicht aus­ge­han­delt wor­den. Die Ver­trags­be­stim­mung sei ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel, die ihn ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­ge. Bil­li­gens­wer­te In­ter­es­sen der Kläge­rin an ei­ner solch lan­gen Kündi­gungs­frist bestünden nicht. Die in der Zu­satz­ver­ein­ba­rung fest­ge­leg­te Vergütung sei kein an­ge­mes­se­ner Aus­gleich für ei­ne dreijähri­ge Kündi­gungs­frist. Die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist ver­s­toße ge­gen Art. 12 Abs. 1 GG, weil sie es ihm prak­tisch unmöglich ma­che, ein neu­es Ar­beits­verhält­nis ein­zu­ge­hen. Kein an­de­rer Ar­beit­ge­ber sei be­reit, ei­ne der­ar­tig lan­ge War­te­frist ein­zu­pla­nen. Der Be­klag­te sei zu­dem be­rech­tigt ge­we­sen, das Ar­beits­verhält­nis außer­or­dent­lich zum 31. Ja­nu­ar 2015 zu kündi­gen. Der Ein­satz des Pro­gramms „PC-Agent“ stel­le ei­ne er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung der Kläge­rin dar.

Das Ar­beits­ge­richt hat dem in die Re­vi­si­ons­in­stanz ge­lang­ten Fest­stel­lungs­an­trag statt­ge­ge­ben und den auf ei­ne Ver­trags­stra­fe ge­rich­te­ten Leis­tungs­an­trag ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts teil­wei­se ab­geändert und die Kla­ge auf die Be­ru­fung aus­sch­ließlich des Be­klag­ten vollständig ab­ge­wie­sen. Mit der Re­vi­si­on will die Kläge­rin das Ur­teil ers­ter In­stanz wie­der­her­ge­stellt wis­sen, so­weit es der Kla­ge statt­ge­ge­ben hat.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ist un­be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Fest­stel­lungs­kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen.

  1. Die Aus­le­gung der Vor­in­stan­zen, bei der Kündi­gung vom 27. De­zem­ber 2014 hand­le es sich um ei­ne or­dent­li­che und nicht um ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung, ist frei von Rechts­feh­lern.
  2. Ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung – ob mit oder oh­ne Aus­lauf­frist – ist hin­rei­chend deut­lich zu erklären. Der Wil­le, aus wich­ti­gem Grund zu kündi­gen, muss er­kenn­bar wer­den (vgl. BAG 21. Sep­tem­ber 2017 – 2 AZR 57/17 – Rn. 50; 15. De­zem­ber 2005 – 2 AZR 148/05 – Rn. 25, BA­GE 116, 336).
  3. Hier ging we­der aus dem Kündi­gungs­schrei­ben noch aus sons­ti­gen Umständen her­vor, dass der Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis aus wich­ti­gem Grund kündi­gen woll­te. Er erklärte aus­drück­lich ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung. Aus dem Kündi­gungs­schrei­ben ist nicht an­deu­tungs­wei­se er­sicht­lich, dass der Be­klag­te die In­stal­la­ti­on der Soft­ware „PC-Agent“ für ei­nen wich­ti­gen Grund hielt, der ihn da­zu be­rech­tigt hätte, das Ar­beits­verhält­nis außer­or­dent­lich zu kündi­gen.
  1. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en en­de­te je­doch auf­grund der or­dent­li­chen Ei­genkündi­gung des Be­klag­ten mit dem 31. Ja­nu­ar 2015 (§ 622 Abs. 1 BGB). Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat oh­ne Rechts­feh­ler an­ge­nom­men, die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist be­nach­tei­li­ge den Be­klag­ten nach Abwägung al­ler Umstände des Ein­zel­falls ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
  2. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist auf drei Jah­re zum Mo­nats­en­de in Nr. 2 Buchst. a der Zu­satz­ver­ein­ba­rung vom 14. Ju­ni 2012 (Zu­satz­ver­ein­ba­rung) an­zu­wen­den. Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB fin­det § 307 BGB bei Verträgen zwi­schen ei­nem Un­ter­neh­mer und ei­nem Ver­brau­cher auf vor­for­mu­lier­te Ver­trags­be­din­gun­gen auch dann An­wen­dung, wenn sie nur zur ein­ma­li­gen Ver­wen­dung be­stimmt sind und der Ver­brau­cher auf ih­re For­mu­lie­rung kei­nen Ein­fluss neh­men konn­te (sog. Ein­mal­be­din­gun­gen: zB BAG 17. No­vem­ber 2016 – 6 AZR 487/15 – Rn. 20; 24. Au­gust 2016 – 5 AZR 129/16 – Rn. 35, BA­GE 156, 157).
  3. Ar­beits­verträge zwi­schen Ar­beit­neh­mern und Ar­beit­ge­bern sind Ver­brau­cher­verträge iSv. § 310 Abs. 3 Ein­gangs­halbs. BGB (vgl. BAG 13. Fe­bru­ar 2013 – 5 AZR 2/12 – Rn. 14; 27. Ju­ni 2012 – 5 AZR 530/11 – Rn. 14). Das gilt auch für Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen Ar­beit­neh­mern und Ar­beit­ge­bern über die Be­din­gun­gen der Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses. Der Ar­beit­neh­mer han­delt als Ver­brau­cher iSv. § 13 BGB, der Ar­beit­ge­ber als Un­ter­neh­mer iSv. § 14 Abs. 1 BGB (vgl. BAG 24. Sep­tem­ber 2015 – 2 AZR 347/14 – Rn. 13, BA­GE 153, 1).
  4. Die Wirk­sam­keit der Ab­re­de in Nr. 2 Buchst. a der Zu­satz­ver­ein­ba­rung ist nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB an­hand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu be­ur­tei­len, weil es sich um ei­nen Ver­brau­cher­ver­trag han­delt. Dafür kommt es nicht dar­auf an, ob es sich bei der Re­ge­lung um ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­dingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB han­delt. Die Ver­ein­ba­rung über die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist wur­de eben­so wie die ge­sam­te Zu­satz­ver­ein­ba­rung zur zu­min­dest ein­ma­li­gen Ver­wen­dung von der Kläge­rin vor­for­mu­liert. Der Be­klag­te konn­te auf den In­halt der Zu­satz­ver­ein­ba­rung kei­nen Ein­fluss neh­men. Das hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt fest­ge­stellt, oh­ne dass die Kläge­rin da­ge­gen durch­grei­fen­de Rügen er­ho­ben hätte.
  1. a) Die Zu­satz­ver­ein­ba­rung wur­de von der Kläge­rin vor­for­mu­liert.
  2. aa) Vor­for­mu­liert iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB sind Be­din­gun­gen schon dann, wenn sie von ei­ner Sei­te vor Ver­trags­ab­schluss auf­ge­zeich­net oder in sons­ti­ger Wei­se fi­xiert wor­den sind (BAG 12. De­zem­ber 2013 – 8 AZR 829/12 – Rn. 29; 18. De­zem­ber 2008 – 8 AZR 81/08 – Rn. 21).
  3. bb) Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind erfüllt. Die Vor­for­mu­lie­rung ist zwi­schen den Par­tei­en nicht strei­tig. Der Geschäftsführer der Kläge­rin leg­te dem Be­klag­ten die Zu­satz­ver­ein­ba­rung nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts zur Un­ter­schrift vor. Dar­an ist der Se­nat nach § 559 Abs. 2 ZPO ge­bun­den. Die Kläge­rin bot dem Be­klag­ten die Zu­satz­ver­ein­ba­rung in der von ihr gewähl­ten Form an und stell­te sie da­mit im Rechts­sinn (vgl. BAG 24. Fe­bru­ar 2016 – 5 AZR 258/14 – Rn. 22, BA­GE 154, 178).
  4. b) Die Kläge­rin hat sich nicht dar­auf be­ru­fen, dass der Be­klag­te die Re­ge­lung der Zu­satz­ver­ein­ba­rung, mit der die Kündi­gungs­frist verlängert wur­de, in den Ar­beits­ver­trag ein­geführt hat (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Sie hat auch nicht sub­stan­ti­iert dar­ge­legt, dass der Be­klag­te auf den In­halt der Klau­sel Ein­fluss neh­men konn­te (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB).
  5. aa) Die Möglich­keit der Ein­fluss­nah­me, die sich auf die kon­kre­te Klau­sel be­zie­hen muss, ist nur ge­ge­ben, wenn der Ver­wen­der ei­ner All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gung iSv. § 305 Abs. 1 BGB oder ei­ner Ein­mal­be­din­gung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB de­ren Kern­ge­halt ernst­haft zur Dis­po­si­ti­on stellt und dem Ver­wen­dungs­geg­ner Ge­stal­tungs­frei­heit einräumt, um sei­ne In­ter­es­sen zu wah­ren. Das setzt zu­min­dest vor­aus, dass sich der Ver­wen­der deut­lich und ernst­haft zu gewünsch­ten Ände­run­gen der zu tref­fen­den Ver­ein­ba­rung be­reit erklärt und dem Ver­wen­dungs­geg­ner dies bei Ab­schluss des Ver­trags be­wusst war. Ist die Möglich­keit der Ein­fluss­nah­me strei­tig, muss der Ver­wen­der den Vor­trag des Ver­wen­dungs­geg­ners, er ha­be kei­ne Ein­flussmöglich­keit ge­habt, nach den Grundsätzen der ab­ge­stuf­ten Dar­le­gungs­last qua­li­fi­ziert be­strei­ten. Er hat kon­kret dar­zu­le­gen, wie er Klau­seln zur Dis­po­si­ti­on ge­stellt hat und aus wel­chen Umständen dar­auf ge­schlos­sen wer­den kann, der Ver­wen­dungs­geg­ner ha­be die im Streit ste­hen­de Klau­sel frei­wil­lig ak­zep­tiert (vgl. BAG 24. Fe­bru­ar 2016 – 5 AZR 258/14 – Rn. 23, BA­GE 154, 178; 19. Au­gust 2015 – 5 AZR 500/14 – Rn. 17, BA­GE 152, 228).
  1. bb) Re­vi­si­ons­recht­lich ist nicht zu be­an­stan­den, dass das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu dem Er­geb­nis ge­langt ist, die­sen An­for­de­run­gen würden die Ein­las­sun­gen der Kläge­rin nicht ge­recht. Der Be­klag­te ha­be den In­halt der Re­ge­lung der verlänger­ten Kündi­gungs­frist nicht iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB be­ein­flus­sen können. Die Kläge­rin hat ge­gen die­se Fest­stel­lung kei­ne Ver­fah­rensrüge er­ho­ben. Die vom Be­ru­fungs­ge­richt her­an­ge­zo­ge­nen Maßstäbe ent­spre­chen im Übri­gen der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts.

(1) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt weist zu­tref­fend dar­auf hin, dass aus der For­mu­lie­rung im Ein­gangs­satz von Nr. 2 der Zu­satz­ver­ein­ba­rung „im Hin­blick auf die außer­or­dent­li­che Ge­halts­erhöhung“ zu ent­neh­men ist, dass die Kläge­rin die Vergütungs­erhöhung nur in Ver­bin­dung mit den Ände­run­gen des Ar­beits­ver­trags in Nr. 2 Buchst. a, b und c der Zu­satz­ver­ein­ba­rung gewähren woll­te. Sie woll­te die Erhöhung des Ent­gelts an die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist, die Fest­schrei­bung des Ge­halts für knapp drei Jah­re und die Ver­trags­stra­fe bei ver­trags­wid­ri­ger Be­en­di­gung bin­den. Dass die Kläge­rin die­se Abhängig­keit ernst­haft zur Dis­po­si­ti­on ge­stellt und dem Be­klag­ten die Vergütungs­erhöhung oh­ne die Re­ge­lun­gen in Nr. 2 der Zu­satz­ver­ein­ba­rung gewährt hätte, ha­ben we­der die Kläge­rin noch der Be­klag­te vor­ge­tra­gen. Mit Blick auf den Vor­trag des Be­klag­ten, ihm sei die Zu­satz­ver­ein­ba­rung noch am 14. Ju­ni 2012, von der Kläge­rin be­reits vollständig vor­for­mu­liert, vor­ge­legt wor­den, ein­zel­ne Punk­te sei­en nicht be­spro­chen, aus­ge­han­delt oder dis­ku­tiert wor­den, hätte die Kläge­rin nach den Grundsätzen der ab­ge­stuf­ten Be­haup­tungs­last kon­kret dar­le­gen müssen, wel­che Klau­seln – mit oder oh­ne Be­zug zum erhöhten Ge­halt – von ihr zur Dis­po­si­ti­on ge­stellt wur­den.

(2) Der Um­stand, dass der Be­klag­te die Zu­satz­ver­ein­ba­rung oh­ne Dis­kus­si­on und oh­ne den Ver­such, die Kündi­gungs­frist zu verkürzen, un­ter­schrie­ben hat, führt nicht da­zu, dass er die Klau­sel frei­wil­lig ak­zep­tiert hat. Viel­mehr hätte die Kläge­rin dar­le­gen müssen, dass sie dem Be­klag­ten die rea­le Möglich­keit ge­ge­ben hat, die Aus­ge­stal­tung der Be­stim­mun­gen in Nr. 2 der Zu­satz­ver­ein­ba­rung mit zu be­ein­flus­sen (vgl. BAG 12. De­zem­ber 2013 – 8 AZR 829/12 – Rn. 31). Hierfür feh­len jeg­li­che An­halts­punk­te. Der Be­klag­te hat viel­mehr vor­ge­bracht, dass ihm die Zu­satz­ver­ein­ba­rung vor­ge­legt und nicht mit ihm durch­ge­spro­chen wor­den sei. Er ha­be sie nur grob über­flie­gen können. Die Kläge­rin ist die­sem Vor­trag nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten.

  1. Die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist in Nr. 2 Buchst. a der Zu­satz­ver­ein­ba­rung hält der In­halts­kon­trol­le nach den re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den­den Erwägun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts nicht stand. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat sei­nen Be­ur­tei­lungs­spiel­raum nicht über­schrit­ten, in­dem es an­ge­nom­men hat, die Länge der Kündi­gungs­frist be­nach­tei­li­ge den Be­klag­ten ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
  2. Die Über­prüfung der in Nr. 2 Buchst. a der Zu­satz­ver­ein­ba­rung ent­hal­te­nen Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist ist nicht nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB aus­ge­schlos­sen. Die Klau­sel ist kon­trollfähig.
  3. a) For­mu­larmäßige Ab­re­den zu den Haupt­leis­tungs­pflich­ten sind aus Gründen der Ver­trags­frei­heit nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB re­gelmäßig von der ge­setz­li­chen In­halts­kon­trol­le nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB aus­ge­nom­men (st. Rspr., vgl. nur BAG 24. Fe­bru­ar 2016 – 5 AZR 258/14 – Rn. 37, BA­GE 154, 178). Des­halb un­ter­liegt die Be­en­di­gungs­ver­ein­ba­rung in ei­nem Auf­he­bungs­ver­trag als sol­che eben­so we­nig ei­ner An­ge­mes­sen­heits­kon­trol­le (vgl. BAG 8. Mai 2008 – 6 AZR 517/07 – Rn. 22) wie ei­ne als Ge­gen­leis­tung für die Zustim­mung des Ar­beit­neh­mers zur Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses vor­ge­se­he­ne Ab­fin­dung (vgl. BAG 12. März 2015 – 6 AZR 82/14 – Rn. 23 mwN, BA­GE 151, 108).
  1. b) Die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist in Nr. 2 Buchst. a der Zu­satz­ver­ein­ba­rung ist ei­ne kon­trollfähi­ge Ne­ben­ab­re­de. Sie steht nicht im un­mit­tel­ba­ren Ge­gen­leis­tungs­verhält­nis von Ar­beit und Ent­gelt. Viel­mehr re­gelt sie le­dig­lich ei­ne im Zu­sam­men­hang mit der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ste­hen­de Fra­ge und un­ter­liegt da­mit als Ne­ben­ab­re­de der In­halts­kon­trol­le nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. BAG 24. Fe­bru­ar 2016 – 5 AZR 258/14 – Rn. 38, BA­GE 154, 178).
  2. Die mit Nr. 2 Buchst. a der Zu­satz­ver­ein­ba­rung verlänger­te Kündi­gungs­frist ent­spricht nicht § 622 Abs. 1 BGB. Die Zwei­fels­re­ge­lung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist gleich­wohl nicht an­zu­wen­den. Da­nach ist ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung im Zwei­fel an­zu­neh­men, wenn ei­ne Ver­trags­be­stim­mung mit we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken der ge­setz­li­chen Re­ge­lung, von der ab­ge­wi­chen wird, nicht zu ver­ein­ba­ren ist. Die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist, ver­bun­den mit der Fest­le­gung ei­nes be­stimm­ten Kündi­gungs­ter­mins, weicht nicht von we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken der ge­setz­li­chen Re­ge­lung ab. Viel­mehr zeigt § 622 Abs. 5 Satz 3, Abs. 6 BGB, dass der Ge­setz­ge­ber den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en die Möglich­keit las­sen woll­te, für bei­de Ver­trags­par­tei­en gel­ten­de länge­re Kündi­gungs­fris­ten zu ver­ein­ba­ren. § 15 Abs. 4 Tz­B­fG macht deut­lich, dass so­gar ei­ne Bin­dung von bis zu fünf Jah­ren oh­ne or­dent­li­che Kündi­gungsmöglich­keit zuzüglich ei­ner Kündi­gungs­frist von sechs Mo­na­ten zulässig ist (vgl. BAG 25. Sep­tem­ber 2008 – 8 AZR 717/07 – Rn. 34).
  3. Die von der Kläge­rin oh­ne Ein­fluss des Be­klag­ten vor­for­mu­lier­te Re­ge­lung in Nr. 2 Buchst. a der Zu­satz­ver­ein­ba­rung be­nach­tei­ligt den Be­klag­ten im Ein­zel­fall ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen. Sie ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB un­wirk­sam.
  4. a) Ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wird an­ge­nom­men, wenn der Ver­wen­der durch ein­sei­ti­ge Ver­trags­ge­stal­tung miss­bräuch­lich ei­ge­ne In­ter­es­sen auf Kos­ten sei­nes Ver­trags­part­ners durch­zu­set­zen ver­sucht, oh­ne von vorn­her­ein auch des­sen Be­lan­ge zu berück­sich­ti­gen und ihm ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich zu gewähren (vgl. BAG 24. Fe­bru­ar 2016 – 5 AZR 258/14 – Rn. 39 mwN, BA­GE 154, 178; 25. Sep­tem­ber 2008 – 8 AZR 717/07 – Rn. 36). Um ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung han­delt es sich nicht nur dann, wenn der Ar­beit­neh­mer ei­ner Verlänge­rung der ge­setz­li­chen Kündi­gungs­frist in ei­ner vor­for­mu­lier­ten Erklärung oh­ne jeg­li­che Ge­gen­leis­tung zu­stimmt. Die Klau­sel be­nach­tei­ligt den Ar­beit­neh­mer auch dann un­an­ge­mes­sen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist nicht an­ge­mes­sen kom­pen­siert wird (vgl. für den Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge BAG 24. Sep­tem­ber 2015 – 2 AZR 347/14 – Rn. 16, BA­GE 153, 1).
  1. b) Bei ei­ner vom Ar­beit­ge­ber vor­for­mu­lier­ten Kündi­gungs­frist, die die Gren­zen des § 622 Abs. 6 BGB und des § 15 Abs. 4 Tz­B­fG einhält, aber we­sent­lich länger ist als die ge­setz­li­che Re­gel­frist des § 622 Abs. 1 BGB, ist nach Abwägung al­ler Umstände des Ein­zel­falls un­ter Be­ach­tung von Art. 12 Abs. 1 GG zu prüfen, ob die verlänger­te Frist ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­schränkung der be­ruf­li­chen Be­we­gungs­frei­heit dar­stellt. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat hier oh­ne Rechts­feh­ler ei­ne sol­che un­aus­ge­wo­ge­ne Ge­stal­tung trotz der bei­der­sei­ti­gen Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist be­jaht. Der Nach­teil für den Be­klag­ten wur­de we­der durch die Ar­beits­platz­ga­ran­tie noch durch die Ge­halts­erhöhung auf­ge­wo­gen.
  2. aa) Die Grundkündi­gungs­frist des § 622 Abs. 1 BGB ist das Er­geb­nis ei­ner Abwägung zwi­schen den grund­recht­li­chen Po­si­tio­nen von Ar­beit­neh­mer und Ar­beit­ge­ber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Sie soll den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en aus­rei­chend Ge­le­gen­heit ge­ben, sich auf die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ein­zu­stel­len (vgl. APS/Linck 5. Aufl. BGB § 622 Rn. 8). Der Ar­beit­neh­mer soll vor ei­nem plötz­li­chen Ar­beits­platz­ver­lust geschützt wer­den. Zu­gleich soll das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an möglichst großer Fle­xi­bi­lität an­ge­mes­sen berück­sich­tigt wer­den (vgl. KR/Spil­ger 11. Aufl. § 622 BGB Rn. 55). Die verlänger­ten Kündi­gungs­fris­ten des § 622 Abs. 2 BGB bei zu­neh­men­der Be­triebs­zu­gehörig­keit sol­len den Be­stands­schutz nur zu­guns­ten von Ar­beit­neh­mern erhöhen (vgl. BAG 18. Sep­tem­ber 2014 – 6 AZR 636/13 – Rn. 21, BA­GE 149, 125). Für Ar­beit­ge­ber führen die länge­ren ge­staf­fel­ten Kündi­gungs­fris­ten des § 622 Abs. 2 BGB zu zusätz­li­chen Be­las­tun­gen, die nach Auf­fas­sung des Ge­setz­ge­bers an­ge­sichts der vom Ar­beit­neh­mer ge­zeig­ten Be­triebs­treue hin­zu­neh­men sind (vgl. BT-Drs. 12/4902 S. 7). Der Ge­setz­ge­ber hält ei­ne Frist von vier Wo­chen für die Per­so­nal­pla­nung des Ar­beit­ge­bers für aus­rei­chend. Zu­gleich lässt er ei­ne bei­der­sei­ti­ge Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist nach § 622 Abs. 5 Satz 3, Abs. 6 BGB zu. Die Verlänge­rung der Kündi­gungs­frist für den Ar­beit­neh­mer ist we­gen der ge­setz­li­chen Re­gel­vor­stel­lung der be­vor­zug­ten Be­hand­lung des Ar­beit­neh­mers in § 622 Abs. 1 BGB aber auch dann ein Nach­teil, wenn die Kündi­gungs­frist für den Ar­beit­ge­ber auf­grund der ge­setz­li­chen Öff­nung in § 622 Abs. 5 Satz 3, Abs. 6 BGB durch ver­trag­li­che Ge­stal­tung in glei­cher Wei­se verlängert wird.
  1. bb) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat in re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den­der Wei­se an­ge­nom­men, dass der Nach­teil der durch die verlänger­te Kündi­gungs­frist ein­ge­schränk­ten be­ruf­li­chen Be­we­gungs­frei­heit für den Be­klag­ten we­gen der kon­kret-in­di­vi­du­el­len Be­gleit­umstände der Ab­re­de un­an­ge­mes­sen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist. Da­zu trägt vor al­lem die von der Kläge­rin be­ab­sich­tig­te Ver­hin­de­rung von Wett­be­werb bei. Der un­an­ge­mes­se­ne Nach­teil wird we­gen der kon­kre­ten Umstände des Ein­zel­falls nicht be­reits da­durch aus­ge­gli­chen, dass sich der Be­klag­te lang­fris­tig auf den Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses ein­rich­ten konn­te (vgl. in die­sem Sinn oh­ne be­son­de­re Umstände BAG 25. Sep­tem­ber 2008 – 8 AZR 717/07 – Rn. 38).

(1) Ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann al­ler­dings zu ver­nei­nen sein, wenn dem Ar­beit­neh­mer an an­de­rer Stel­le ver­trag­lich ein Vor­teil gewährt wird. Da­bei müssen Vor- und Nach­tei­le in ei­nem in­ne­ren Zu­sam­men­hang ste­hen (vgl. BAG 23. Au­gust 2012 – 8 AZR 804/11 – Rn. 45, BA­GE 143, 62). Der gewähr­te Vor­teil muss das durch die be­nach­tei­li­gen­de Ver­trags­be­stim­mung be­ein­träch­tig­te In­ter­es­se stärken. Er muss außer­dem von sol­chem Ge­wicht sein, dass er ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich für die Be­ein­träch­ti­gung dar­stellt. Der Nach­teil und die gewähr­ten Vor­tei­le sind ge­gen­ein­an­der ab­zuwägen (vgl. BAG 24. Sep­tem­ber 2015 – 2 AZR 347/14 – Rn. 18 mwN zu der Kon­tro­ver­se, BA­GE 153, 1).

(2) Hier ist das Lan­des­ar­beits­ge­richt rechts­feh­ler­frei da­von aus­ge­gan­gen, der Nach­teil der deut­lich ein­ge­schränk­ten be­ruf­li­chen Be­we­gungs­frei­heit wer­de zu­guns­ten des Be­klag­ten nicht an­ge­mes­sen aus­ge­gli­chen.

(a) In ei­ner Ge­samt­schau von § 622 Abs. 5 BGB und § 15 Abs. 4 Tz­B­fG er­gibt sich ei­ne ge­setz­li­che Höchst­gren­ze für die Bin­dung ei­nes Ar­beit­neh­mers von fünf­ein­halb Jah­ren. Be­reits dar­an wird deut­lich, dass die Verlänge­rung der ge­setz­li­chen Kündi­gungs­frist für ei­ne Kündi­gung durch den Ar­beit­neh­mer nicht gren­zen­los ist. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ga­ran­tiert ne­ben der frei­en Wahl des Be­rufs die freie Wahl des Ar­beits­plat­zes. Da­zu gehört bei abhängig Beschäftig­ten auch die Wahl des Ver­trags­part­ners. Die freie Be­rufs­wahl erschöpft sich nicht in der Ent­schei­dung zur Auf­nah­me ei­nes Be­rufs. Sie um­fasst darüber hin­aus die Fort­set­zung und Be­en­di­gung ei­nes Be­rufs. Die freie Ar­beits­platz­wahl be­steht ne­ben der Ent­schei­dung für ei­ne kon­kre­te Beschäfti­gung auch in dem Wil­len des Ein­zel­nen, die Beschäfti­gung bei­zu­be­hal­ten oder auf­zu­ge­ben (st. Rspr., vgl. zB BVerfG 25. Ja­nu­ar 2011 – 1 BvR 1741/09 – Rn. 69 mwN, BVerfGE 128, 157). Die durch das Recht auf freie Ar­beits­platz­wahl be­gründe­te Schutz­pflicht ist im Be­griff der un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berück­sich­ti­gen (vgl. zu der Aus­strah­lungs­wir­kung et­wa BVerfG 25. Ja­nu­ar 2011 – 1 BvR 1741/09 – Rn. 73, aaO).

(b) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat hier­zu in re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den­der Wei­se aus­geführt, das Recht des Be­klag­ten auf freie Ar­beits­platz­wahl wer­de trotz des Ar­beits­plat­z­er­halts, der Erhöhung des Grun­dent­gelts um 1.000,00 Eu­ro brut­to und der zu er­zie­len­den Höchst­vergütung von 2.800,00 Eu­ro brut­to er­heb­lich und un­an­ge­mes­sen ein­ge­schränkt.

(aa) Das Höchs­tent­gelt von 2.800,00 Eu­ro brut­to für ei­nen Spe­di­ti­ons­kauf­mann ist nicht ge­eig­net, die un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Be­klag­ten durch die lang­fris­ti­ge ver­trag­li­che Bin­dung zu kom­pen­sie­ren. Dem ste­hen die ver­ein­bar­te 45-St­un­den-Wo­che, die Zahl der Spe­di­ti­ons­un­ter­neh­men im räum­li­chen Um­feld der Kläge­rin, das in § 12 Satz 6 des Ar­beits­ver­trags ver­ein­bar­te Recht der Kläge­rin, den Be­klag­ten ge­gen Fort­zah­lung der Vergütung frei­zu­stel­len, und der Um­stand ent­ge­gen, dass die Höhe des Ent­gelts durch Nr. 2 Buchst. b der Zu­satz­ver­ein­ba­rung für die Dau­er von fast drei Jah­ren „ein­ge­fro­ren“ wur­de. Der Zweck der verlänger­ten Kündi­gungs­frist be­stand für die Kläge­rin nicht zu­letzt dar­in, sich das Wis­sen des Be­klag­ten lang­fris­tig zu si­chern, oh­ne ihn an ei­nen Wett­be­wer­ber zu ver­lie­ren.

(bb) Die­se den Ver­trags­schluss be­glei­ten­den Umstände sind nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Be­ur­tei­lung der un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung zu berück­sich­ti­gen. Zu den kon­kret-in­di­vi­du­el­len Be­gleit­umständen gehören bei richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB un­ter Berück­sich­ti­gung des 16. Erwägungs­grun­des der Richt­li­nie 93/13/EWG des Ra­tes vom 5. April 1993 über miss­bräuch­li­che Klau­seln in Ver­brau­cher­verträgen (ABl. EG L 95 vom 21. April 1993 S. 29) ins­be­son­de­re die persönli­chen Ei­gen­schaf­ten der in­di­vi­du­el­len Ver­trags­part­ner, die sich auch auf die Ver­hand­lungsstärke aus­wir­ken (vgl. BAG 31. Au­gust 2005 – 5 AZR 545/04 – zu II 3 c der Gründe, BA­GE 115, 372). Die Richt­li­nie 2011/83/EU des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 25. Ok­to­ber 2011 über die Rech­te der Ver­brau­cher, zur Abände­rung der Richt­li­nie 93/13/EWG des Ra­tes und der Richt­li­nie 1999/44/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes so­wie zur Auf­he­bung der Richt­li­nie 85/577/EWG des Ra­tes und der Richt­li­nie 97/7/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes (ABl. EU L 304 vom 22. No­vem­ber 2011 S. 64) lässt Erwägungs­grund 16 der Richt­li­nie 93/13/EWG un­an­ge­tas­tet (vgl. Erwägungs­gründe 62 und 63 der Richt­li­nie 2011/83/EU). Die Be­wer­tung der In­ter­es­sen­la­ge der Par­tei­en an­hand der kon­kret-in­di­vi­du­el­len Be­gleit­umstände ist des­we­gen bei richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nach wie vor ge­bo­ten.

 

  1. Die Kläge­rin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten ih­rer er­folg­lo­sen Re­vi­si­on zu tra­gen.