Soll man als Arbeitnehmer gekündigt werden, ist das ein Umstand, den viele nicht ohne weiteres akzeptieren wollen. Will man die Kündigung nicht akzeptieren, reicht es allerdings nicht aus, ein Kündigungsschreiben des Arbeitgebers ungelesen wieder zurückzugeben. Mit einem solchen Fall befasste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Urteil v. 07.01.2004, Az. 2 AZR 388/03.
Zugang der Arbeitgeberkündigung
Soll ein Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber mit einer (ordentlichen) Kündigung beendet werden, ist diese Kündigung nur wirksam, wenn sie schriftlich erfolgt (§ 623 BGB) und dem Arbeitnehmer zugeht.
Wird das Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer per Post zugestellt, ist die Rede von einem „Zugang unter Abwesenden“, wird die Kündigung persönlich ausgehändigt, vom „Zugang unter Anwesenden“. Beides ist für den wirksamen Zugang einer Kündigung möglich und grundsätzlich gilt: Für den rechtlich wirksamen Zugang der Kündigung ist es nicht notwendig, dass der Arbeitnehmer die Kündigung liest. Er muss lediglich die Möglichkeit haben, das Kündigungsschreiben zur Kenntnis zu nehmen, also Verfügungsgewalt über das Kündigungsschreiben erlangen. Bei einer Zustellung per Post reicht damit das Einwerfen des Schreibens in den Briefkasten des Arbeitnehmers. Übergibt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen verschlossenen Briefumschlag, in dem das Kündigungsschreiben enthalten ist, ist das für den Zugang der Kündigung grundsätzlich ausreichend.
Andernfalls könnten Arbeitnehmer den Zugang und damit die gesamte Kündigung durch das Verweigern der Annahme des Kündigungsschreibens torpedieren.
Fall vor dem BAG
Die Parteien eines Arbeitsverhältnisses stritten vor den Arbeitsgerichten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung. Der Arbeitgeber hatte zunächst versucht, die Kündigung per Kurier zuzustellen. Nachdem das nicht gelang, besuchte der Personalchef des Arbeitgebers den Arbeitnehmer zu Hause. Er übergab ihm einen verschlossenen Briefumschlag mit dem Kündigungsschreiben. Jedoch verweigerte der Arbeitnehmer eine Empfangsbestätigung, da er nicht wusste, welchen Inhalt das Schreiben hatte. Zudem gab er dem Arbeitgebervertreter das Kündigungsschreiben ungeöffnet zurück. Der Arbeitgeber war der Auffassung, auf diese Weise dennoch wirksam gekündigt zu haben. Der Arbeitnehmer betrachtet die Kündigung als unwirksam, weil ihm die Kündigung nie zugegangen sei.
Als der Arbeitnehmer erfuhr, welchen Inhalt der Umschlag gehabt hatte, erhob er gegen die Kündigung Klage. Ziel dieser Kündigungsschutzklage war die Feststellung, dass die Kündigung unwirksam war, weil die Kündigung nicht zugegangen war und das Arbeitsverhältnis deshalb fortbestehen würde.
Zugang der Kündigung: auch bei Rückgabe des ungeöffneten Kündigungsschreibens
Die Klage blieb allerdings in allen Instanzen erfolglos. Unstreitig war, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben persönlich verschlossen ausgehändigt hatte. Der Zugang der Kündigung erfolgte damit in diesem Augenblick der Übergabe. Die Tatsache, dass der Arbeitnehmer das Schreiben nicht geöffnet und nicht gelesen habe, sei hingegen irrelevant: der Arbeitnehmer hatte die faktische Möglichkeit, vom Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen. Das sei ausreichend. Als irrelevant beurteilten die Richter außerdem die Rückgabe des Schreibens und die Frage, ob der Arbeitnehmer das Schreiben von selbst zurückgegeben habe oder auf Aufforderung des Personalchefs hin.
Auswirkungen für die Praxis
Eine Kündigung lässt sich nicht durch Rückgabe des ungeöffneten Kündigungsschreibens verhindern oder indem man sich schlichtweg weigert, das Kündigungsschreiben anzunehmen.
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