Wenn ein Arbeitnehmer seinen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nicht so nachkommt wie vereinbart, kann das zu einem Problem werden. Denn das kann ein Kündigungsgrund für den Arbeitgeber sein.
Aber gilt das auch, wenn der Arbeitnehmer gegen Pflichten verstößt, die nur einen kleineren Anteil seiner gesamten Arbeitsverpflichtung ausmachen? Über einen solchen Fall urteilte das Landesarbeitsgericht Köln (LAG Köln, Urteil v. 30.01.2020, Az.: 6 Sa 467/19).
Kündigung muss verhältnismäßig sein
Wenn für das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift, gelten für eine Kündigung bestimmte Wirksamkeitsvoraussetzungen. Beispielsweise sind dann Kündigungen ohne Kündigungsgrund unwirksam, genauso unverhältnismäßige Kündigungen „wegen Kleinigkeiten“. Denn § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) legt fest, dass z.B. eine verhaltensbedingte Kündigung wegen eines Fehlverhaltens unwirksam ist, wenn sie nicht sozial gerechtfertigt ist.
Sozial ungerechtfertigt kann die Kündigung sein, wenn die Kündigung unverhältnismäßig ist, der Arbeitgeber also wegen einer Pflichtverletzung das Arbeitsverhältnis kündigt, die insgesamt nicht schwer ins Gewicht fällt.
„Schlampige Buchführung“ als Kündigungsgrund?
Im Fall vor dem LAG Köln ging es um einen Arbeitnehmer, der seit einigen Jahren 30 Stunden pro Woche für einen gemeinnützigen Verein als „Leiter des sozialen Bereichs“ arbeitete. Seine Aufgaben teilten sich dabei in unterschiedliche Tätigkeiten auf: so war er u.a. für rund eine Stunde pro Woche für die Erstellung und Anpassung des Budgetplans, für die laufende Buchführung und die Überwachung von Ausgaben und Einnahmen zuständig.
Allerdings war der Mitarbeiter für diese Aufgaben nur bedingt ausgebildet und geeignet: Er hatte lediglich einen Realschulabschluss und keine spezifische Ausbildung für den Bereich der Buchführung. Das blieb nicht folgenlos. Sieben Jahre nach Beginn seiner Arbeit für den e.V. prüfte der Arbeitgeber erstmals die Kasse des Vereins und stieß auf erhebliche Mängel in der Buch- und Kassenführung. Der Arbeitgeber beanstandete das. Aber auch einige Monate später waren die Mängel in den Büchern nicht behoben.
Deshalb sprach der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Kündigung aus. Der klagte gegen diese Kündigung.
Urteil des Landesarbeitsgerichts
Der Arbeitnehmer bekam vor dem Arbeitsgericht und vor dem Landesarbeitsgericht Recht. Die Richter beider Instanzen stuften die Kündigung als unwirksam ein. Sie sei unverhältnismäßig, denn der Arbeitgeber hätte auf die Probleme im Arbeitsverhältnis anders reagieren können und müssen. So hätte der Verein dem Mitarbeiter beispielsweise eine Fortbildung zum Thema Buchführung anbieten können.
Außerdem betreffe die Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten nur einen Bruchteil seiner gesamten Tätigkeit: Nur eine von dreißig Arbeitsstunden je Woche entfallen laut Arbeitsvertrag auf den Bereich, in dem der Arbeitnehmer seinen Pflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Und nicht zuletzt hätte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Kassenführung unmittelbar nach der ersten Kontrolle entziehen müssen, wenn dieser Aspekt seiner Arbeit von so großer Bedeutung gewesen sei. Denn bei genauer Betrachtung war schon zu diesem Zeitpunkt klar, dass der Mitarbeiter mit dieser Aufgabe schlicht überfordert war. Hätte der Arbeitgeber hier rechtzeitig angemessen reagiert, wäre die weitere Pflichtverletzung vermeidbar gewesen.
Kündigung wegen „Kleinigkeit“: oft unverhältnismäßig!
Dieser Fall vor dem LAG Köln zeigt: Eine Kündigung wegen einer verhältnismäßig kleinen Pflichtverletzung kann unwirksam sein – vor allem, wenn der Arbeitgeber andere Möglichkeiten hat, auf die Pflichtverletzung zu reagieren. Das gilt gerade in Fällen, in denen ein Mitarbeiter z.B. mit einem Teil seiner Aufgabe überfordert ist, diese Überforderung aber mit verhältnismäßigen Mitteln (Fortbildung, neue Aufgabenverteilung etc.) behoben werden kann.
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