Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist ein ernstzunehmendes Thema. Erfährt der Arbeitgeber davon, kann das schnell zu einer Kündigung führen, wie ein aktueller Fall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) zeigt. Das BAG musste darüber entscheiden, ob eine sexuelle Belästigung vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer einem Kollegen die Hose herunterzieht, und: ob das ein Grund ist, den Mitarbeiter fristlos zu kündigen (BAG, Urteil v. 20.5.2021, Az.: 2 AZR 596/20). Ist sexuelle Belästigung ein Kündigungsgrund? Ja. Der Arbeitgeber ist nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpflichtet, seine Arbeitnehmer*innen vor sexuellen Belästigungen zu schützen. Eine sexuelle Belästigung liegt nach § 3 Abs. 4 AGG vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt ist. Gemeint sind hier sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts, unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu sexuellen Handlungen etc. Belästigt ein(e) Arbeitnehmer*in eine(n) andere(n) Arbeitnehmer*in sexuell, ist das gem. § 7 Abs. 3 AGG eine Vertragspflichtverletzung und daher „an sich“ als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geeignet. Ob eine Kündigung wegen sexueller Belästigung im Ergebnis wirksam ist, hängt allerdings von den genauen Umständen und der Verhältnismäßigkeitsprüfung ab. Der Fall: Arbeitnehmer entblößt Kollegen Im Fall vor den Arbeitsgerichten stritten ein Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer war in der Automobilproduktion im Fertigungsbereich beschäftigt. Während einer Nachtschicht näherte er sich einem Leiharbeitnehmer und zog diesem unvermittelt mit beiden Händen die Arbeits- und die Unterhose herunter, sodass dieser für mehrere Sekunden im Genitalbereich entblößt war. Er war den Blicken anderer Arbeitskollegen und deren Gelächter ausgesetzt. Der Leiharbeitnehmer beschwerte sich darüber beim Arbeitgeber. Der Arbeitgeber kündigte dem Arbeitnehmer, der dem Kollegen die Hose heruntergezogen hatte, deswegen außerordentlich. Dagegen erhob der Mitarbeiter Kündigungsschutzklage. Die Kündigung sei u.a. unwirksam, weil kein wichtiger Grund für die Kündigung vorlag. Der Leiharbeitnehmer habe ihm sechs Monate zuvor die Arbeitshose heruntergezogen und er wollte auch nur die Arbeitshose herunterziehen. Das Urteil: Herunterziehen der Hose und Unterhose ist grundsätzlich Kündigungsgrund wegen sexueller Belästigung Vor dem BAG bekam der Arbeitgeber letztlich Recht. Das Gericht war der Überzeugung: Die Kündigung sei nach den bisherigen Feststellungen nicht unwirksam. Denn der Mitarbeiter, der dem Kollegen Hose und Unterhose heruntergezogen hatte, habe damit seine Rücksichtnahmepflicht bzgl. der Arbeitgeberinteressen gem. § 241 Abs. 2 BGB erheblich verletzt. Der Arbeitgeber habe ein schutzwürdiges Interesse, dass seine Arbeitnehmer*innen im Betrieb auch mit Leiharbeitnehmer*innen respektvoll umgehen und „gedeihlich“ zusammenarbeiten. Er ist verpflichtet, auch diese Mitarbeiter vor sexuellen Belästigungen zu schützen. Durch sein Verhalten verletzte der Arbeitnehmer das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Leiharbeitnehmers aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Das Entblößen der Genitalien des Leiharbeitnehmers stelle einen erheblichen und entwürdigenden Eingriff in dessen Intimsphäre dar. Zugleich sei dieses Verhalten eine sexuelle Belästigung iSv § 3 Abs. 4 AGG. Denn auch das Entblößen von Genitalien sei eine sexuelle Belästigung, selbst wenn es dabei nicht zu Berührungen kommt. Das Entblößen verletze das Recht, selbst darüber zu bestimmen, wem gegenüber und in welcher Situation man sich unbekleidet zeigen möchte. Aus diesen Gründen sei das Verhalten des Arbeitnehmers eine schwere Pflichtverletzung und damit „an sich“ geeignet, eine außerordentliche Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zu begründen. Zurückverweisung an vorherige Instanz Das BAG erklärte allerdings, dass die Sache nicht entscheidungsreif sei. Der Arbeitnehmer hatte behauptet, dass er dem Leiharbeitnehmer nicht auch die Unterhose herunterziehen wollte. Ihn nackt dastehen zu lassen, sei keine Absicht gewesen. Laut BAG fehlte es hier am Nachweis, dass der Mitarbeiter mit einer sexuellen Intention die Hose des Kollegen heruntergezogen hatte. Der Nachweis darüber sei aber notwendig, um feststellen zu können, wie schwer die Pflichtverletzung tatsächlich war. Ohne das ist es in den Augen der BAG-Richter nicht möglich, sachgerecht abzuwägen, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung oder das Interesse des Mitarbeiters an der Fortführung des Arbeitsverhältnisses überwiegt (Interessenabwägung). Weil der Sachverhalt in den Augen des BAG nicht ausreichend geklärt war, verwies das BAG den Rechtsstreit zurück an das Berufungsgericht. Und die Moral von der Geschicht … Kollegen Hose und Unterhose herunterzuziehen, sodass Kolleginnen und Kollegen den nackten Genitalbereich sehen können, ist an sich ein ausreichender Grund für eine außerordentliche Kündigung für den Übeltäter. Aber: Es muss eben hinreichend bewiesen sein, dass exakt das Entblößen auch Absicht war. Denn das macht hier den entscheidenden Unterschied zwischen einem üblen Scherz und einer sexuellen Belästigung. Haben Sie eine Kündigung wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz bekommen? Lassen Sie sich von mir beraten. Sie erreichen mich telefonisch in Augsburg unter 08215 / 08 526 60 oder per E-Mail an: kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de. weiterlesen
Ein heimlicher Gesprächsmitschnitt eines Personalgesprächs rechtfertigt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) grundsätzlich durchaus eine Kündigung, auch eine außerordentliche Kündigung. Denn das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen darf auch im Betrieb nicht heimlich mitgeschnitten werden. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz entschied nun darüber, ob eine heimliche Gesprächsaufzeichnung immer eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt oder ob ein Gesprächsmitschnitt im Einzelfall auch gerechtfertigt sein kann (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 19.11.2021, Az.: 2 Sa 40/21) und eine Kündigung deswegen unwirksam ist. (Außerordentliche) Kündigung wegen heimlicher Gesprächsmitschnitt Bei einer außerordentlichen Kündigung wegen einer heimlichen Gesprächsaufzeichnung ist der Kündigungsgrund für die verhaltensbedingte Kündigung die Verletzung der Rücksichtnahmepflicht: Mitarbeitende verletzen mit einem heimlichen Gesprächsmitschnitt die Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Arbeitgeberinteressen. Solche Interessen sind z.B. der Schutz der Vertraulichkeit des nicht öffentlich gesprochenen Wortes oder die Wahrung der Persönlichkeitsrechte seiner Mitarbeitenden (z.B. von Führungskräften). Damit eine außerordentliche Kündigung wirksam ist, muss die Kündigung außerdem insgesamt verhältnismäßig sein. D.h. das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung muss gegenüber dem Interesse der betroffenen Person an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses deutlich überwiegen. Berücksichtigt werden dabei u.a. Gründe, die das Fehlverhalten rechtfertigen könnten. Aber auch die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen bisheriger Verlauf werden im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigt. Ist dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Abwägung aller Interessen zumutbar, ist die Kündigung unwirksam. Heimliche Handyaufnahme bei Vier-Augen-Gespräch mit Vorgesetztem Im Fall des LAG stritten Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Grund für die außerordentliche Kündigung war, dass der Mitarbeiter ein Gespräch mit seinem Vorgesetzten heimlich mit dem Smartphone aufgezeichnet hatte. Der Arbeitnehmer war seit 17 Jahren im Drogeriemarkt des Arbeitgebers störungsfrei beschäftigt. Wegen eines Streits mit einer Kollegin bat er seinen Vorgesetzten um ein Gespräch. Bei diesem Vier-Augen-Gespräch kam es zum Streit. Der Arbeitnehmer nahm das Gespräch teilweise heimlich auf. Als der Arbeitgeber von der Aufnahme erfuhr, kündigte er dem Arbeitnehmer fristlos. Die heimliche Gesprächsaufnahme sei eine Straftat nach § 201 Strafgesetzbuch (StGB) und damit eine so schwerwiegende Pflichtverletzung, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertige. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage. Die Kündigung sei unwirksam. Sein Vorgesetzter habe ihn schon zuvor mit unsachgemäßen, diskriminierenden und ehrverletzenden Äußerungen beleidigt. Dann habe sein Vorgesetzter ihm vermittelt, dass ihm eh niemand glauben würde, wenn er sich über die Beleidigungen äußere. Aus der Sicht des Arbeitnehmers befand er sich deswegen in einer Notsituation. Er habe das Gespräch daher nach der Provokation aufgezeichnet, um die Äußerungen beweisen zu können. Sein Handeln sei daher gerechtfertigt und begründe keine fristlose Kündigung. Er habe nicht gewusst, dass er eine Straftat begehe. Außerordentliche Kündigung wegen heimlichem Gesprächsmitschnitt unverhältnismäßig Das LAG gab dem Arbeitnehmer Recht. Die Kündigung sei unverhältnismäßig und damit unwirksam. Grundsätzlich könne eine heimliche Gesprächsaufzeichnung zwar zu einer außerordentlichen Kündigung führen. Allerdings überwiege hier das Arbeitnehmerinteresse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Die strafrechtliche Würdigung sei nicht entscheidend. Die Schilderungen des Mitarbeiters würden die vorgeworfene Pflichtverletzung weniger schwerwiegend erscheinen lassen. Denn die heimliche Aufnahme erfolgte spontan, nachdem der Vorgesetzte erklärt hatte, dass man ihm sowieso nicht glauben würde, wenn er Beleidigungen behaupten würde. Angesichts dieser Umstände sei es verständlich, dass der Mitarbeiter seine Situation in dem Vier-Augen-Gespräch als ausweglos ansah. Grund dafür sei das Verhalten des Vorsetzten selbst gewesen. Verbotsirrtum Und selbst dann, wenn die geschilderte Situation nicht als Rechtfertigung zu sehen wäre, habe sich der Arbeitnehmer zumindest über die Pflichtwidrigkeit seines Tuns geirrt. Dieser — wenn auch vermeidbare — Verbotsirrtum sei bei der Beurteilung der Schwere der Pflichtverletzung entlastend für den Mitarbeiter zu berücksichtigen. Nicht zuletzt sei der Mitarbeiter seit 17 Jahren beim Arbeitgeberunternehmen beschäftigt und das reibungslos. Eine außerordentliche Kündigung sei in diesem Fall also insgesamt unverhältnismäßig und damit unwirksam. Ausnahmenurteil Dieses Urteil stellt eine Ausnahme in einer Reihe von Urteilen dar, die eine außerordentliche Kündigung wegen einer heimlichen Gesprächsmitschnitt für gerechtfertigt ansehen. Maßgeblich für dieses Urteil waren die besonderen Umstände des Einzelfalls! Deswegen gilt es grundsätzlich weiterhin zu beachten: Heimliche Gesprächsaufzeichnungen sind verboten und können eine außerordentliche Kündigung zur Folge haben! Haben Sie Ihren Arbeitgeber heimlich aufgenommen? Haben Sie eine Kündigung wegen eines heimlichen Mitschnitts bekommen? Ich berate Sie gerne! Sie erreichen mich telefonisch unter 08215 / 08 526 60 oder per E-Mail an kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de. weiterlesen
Geht es um die Kündigung von Arbeitnehmern, ist es Arbeitgebern häufig wichtig, schnellstmöglich zu wissen, ob ein Arbeitsverhältnis tatsächlich beendet ist. Denn die Möglichkeit, dass Arbeitnehmer*innen Kündigungsschutzklage erheben und häufig lange Kündigungsschutzverfahren sind aus Arbeitgebersicht deswegen ein „Problem“. Deshalb versuchen einige Arbeitgeber, Mitarbeitenden nach einer Kündigung den Verzicht auf die Klagemöglichkeit mit einer Klageverzichtsprämie finanziell zu versüßen. Gerade im Falle von betriebsbedingten Kündigungen können Klageverzichtsprämien in einem Sozialplan vereinbart werden. Ob die Vereinbarung einer Klageverzichtsprämie in einer Betriebsvereinbarung in Form einer höheren Sozialplanabfindung für den Fall eines Verzichts auf eine Kündigungsschutzklage wirksam ist – damit beschäftigte sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg (LAG Nürnberg, Urteil v. 14. Oktober 2020, Az.: 2 Sa 227/20). Klageverzichtsprämie und Sozialplan Grundsätzlich sind Klagverzichtsprämien im Arbeitsrecht denkbar und möglich, jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen. Denn grundsätzlich darf eine Abfindung, die in einem Sozialplan als Form des Interessenausgleichs vereinbart wird, nicht von einem Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden. Zudem muss die Verzichtsprämie zusätzlich zu Zahlungen aus dem Sozialplan bezahlt werden. Deshalb ist es üblich Klageverzichtsprämien in einer Betriebsvereinbarung festzusetzen, die unabhängig vom eigentlichen Sozialplan ist. Der Fall vor Gericht Das LAG Nürnberg urteilte in einem Fall, in dem zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat wegen betriebsbedingter Kündigungen ein Sozialplan zum Interessenausgleich geschlossen worden war. Im Sozialplan war unter anderem definiert, wie hoch die Abfindung für die von den Kündigungen betroffenen Mitarbeitenden ausfallen sollte. Ausschlaggebend für die Höhe der Abfindungszahlung war u.a. die Dauer der Betriebszugehörigkeit, der Bruttomonatslohn und das Alter. Auch eine sog. Kappungsgrenze war vereinbart. Neben dem Sozialplan zum Interessenausgleich war zusätzlich eine Betriebsvereinbarung geschlossen worden. Hier hatten sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf eine Klageverzichtsprämie geeinigt: so sollte sich die Abfindung aus dem Sozialplan um den Faktor 0,25 erhöhen, wenn der / die betroffene Mitarbeiter*in verzichtet, wegen der betriebsbedingten Kündigung Kündigungsschutzklage zu erheben. Ein Mitarbeiter war mit der Berechnung seiner Abfindungszahlung jedoch nicht einverstanden. Er hatte auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet und erhielt in der Folge eine Zahlung von 75.000 Euro – unter Anwendung der Kappungsgrenze bei der Berechnung der Abfindung und der Prämie für den Klageverzicht. Damit war er nicht zufrieden und klagte doch. Er verlangte die für den Klageverzicht um den Faktor 0,25 erhöhte Abfindung und einen Ausgleich für die Reduzierung des Gesamtbetrages der Abfindung durch die Kappungsgrenze. Urteil des LAG Nürnberg Mit seiner Klage war er allerdings nicht erfolgreich. Zwar wäre die Verknüpfung von Sozialplanabfindung und Kündigungsverzicht nicht rechtmäßig, so die Richter. Das führe aber nicht dazu, dass die Betriebsvereinbarung über die Klageverzichtsprämie unwirksam sei. Sie sei im Gesamtkontext nach wie vor Teil der Sozialplanregelung. Damit würde sich für alle Mitarbeitenden die Abfindung um den Faktor 0,25 erhöhen und zwar unabhängig von einer Klageerhebung oder einem Verzicht darauf. Alle Mitarbeitenden hätten demnach Anspruch auf die Prämie, auch wenn sie gegen die Kündigung geklagt hätten. Das würde allerdings auch dazu führen, dass die Verzichtsprämie der – nach Auffassung der Richter nicht altersdiskriminierenden – Kappungsgrenze unterliege: eine Zahlung von mehr als 75.000 Euro sei nicht begründbar. (Gegen dieses Urteil wurde beim BAG Revision eingelegt). Fazit Grundsätzlich sind die Bedingungen, unter denen Klageverzichtsprämien zwischen Arbeitgebern und Mitarbeitervertretung vereinbart werden können, eigentlich relativ klar. Und doch kommt es immer wieder zu Ungenauigkeiten oder Fehlern in derartigen Vereinbarungen, die unter Umständen positive finanzielle Folgen für betroffene Arbeitnehmer*innen haben können. Insofern kann es sich durchaus lohnen, Abfindungszahlungen und ihre Rechtsgrundlagen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Sie haben Fragen zum Thema Abfindungszahlung und Klageverzichtsprämie? Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstütze ich Sie gerne! Sprechen Sie mich direkt an, in Augsburg unter 0821 / 207 137 55 oder per E-Mail an kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de!weiterlesen
Auch gewählte Betriebsratsmitglieder müssen nicht zwingend bis zum Ende ihrer Amtszeit ihrem Arbeitgeber „treu“ bleiben. Sie können das Unternehmen trotz ihres Amtes verlassen, verlieren dann aber auch ihr Betriebsratsmandat. Was aber ist, wenn nicht eine Kündigung des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis beendet, sondern ein Aufhebungsvertrag mit Freistellungsvereinbarung? Verliert das Betriebsratsmitglied dann schon während der Freistellung sein Mandat? Mit dieser Frage hat sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen befasst (LAG Hessen, Beschluss v. 21.12.2020, Az.: 16 TaBVGa 189/20). Erlöschen des Betriebsratsmandats Es gibt verschiedene Gründe, aus denen die Mitgliedschaft im Betriebsrat erlöschen kann. Hierzu zählt zum einen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, § 24 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), zum anderen aber auch der Verlust der Wählbarkeit, § 24 Nr. 4 BetrVG. Ein solcher Verlust liegt u.a. vor, wenn das Betriebsratsmitglied aus der Belegschaft ausscheidet, weil es beispielsweise in einen anderen Betrieb desselben Arbeitgebers versetzt wird. Worum ging es vor dem LAG Hessen? Der Arbeitnehmer, der Mitglied des Betriebsrats war, hatte mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag geschlossen. Hierin war vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis am 31.12.2021 enden soll. Außerdem sah der Vertrag die unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Bezüge bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses vor. Trotz seiner Freistellung war der Arbeitnehmer weiterhin für den Betriebsrat tätig und nahm regelmäßig an den Betriebsratssitzungen teil. Der Personalleiter des Arbeitgebers fand das nicht gut. Er war der Ansicht, dass der Aufhebungsvertrag und die unwiderrufliche Freistellung zum Verlust des Betriebsratsamts geführt hätten. Der Personalleiter ließ daher die Zugangskarte des Arbeitnehmers zu den Betriebsräumen – die entgegen der Vereinbarung im Aufhebungsvertrag noch in dessen Besitz war – sperren. Auch der Zugang zum IT-System des Unternehmens wurde dem Arbeitnehmer verwehrt. Gegen dieses Vorgehen wandte sich der Arbeitnehmer an das Arbeitsgericht Frankfurt a.M. Das Gericht möge u.a. feststellen, dass er weiterhin Mitglied des Betriebsrats sei. Nachdem er mit seinen Anträgen hier erfolglos war, legte er Beschwerde beim Hessischen LAG ein. Wie hat das LAG entschieden? Das Landesarbeitsgericht gab dem Arbeitnehmer Recht und hob den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. auf. Der Arbeitnehmer sei weiterhin Mitglied des Betriebsrats. Sein Betriebsratsmandat sei weder durch den Aufhebungsvertrag noch durch die Freistellung erloschen. Sie ende entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen erst, wenn auch das Arbeitsverhältnis am 31.12.2021 ende. Im Aufhebungsvertrag hätten Arbeitgeber und Arbeitnehmer nur die „individualvertragliche“ Rechtsbeziehung geregelt: dass und wann das Arbeitsverhältnis endet, die Freistellung und die Verpflichtung des Arbeitnehmers, Firmeneigentum zurückzugeben. Es wäre darüber hinaus ein Leichtes gewesen, auch die „kollektivrechtliche“ Beziehung (= die Tätigkeit als Betriebsrat) zu regeln. So hätten die Parteien nach Ansicht des Gerichts im Aufhebungsvertrag vereinbaren können, dass der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt vor seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen von seinem Betriebsratsamt zurücktritt. Da der Aufhebungsvertrag zur Betriebsratstätigkeit keinerlei Regelung enthalte, könne das nur so gedeutet werden, dass er keine unmittelbare Auswirkung auf die Betriebsratstätigkeit des Arbeitnehmers haben sollte. Der Arbeitnehmer müsse daher die Möglichkeit bekommen, sein Amt bis zu seinem endgültigen Ausscheiden aus dem Unternehmen wahrzunehmen. Erkenntnisse aus dem Urteil Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags birgt Tücken, die nicht immer auf den ersten Blick erkennbar sind. Für beide Parteien kann es ärgerlich sein, wenn wesentliche Punkte übersehen werden. Ist der Arbeitnehmer Mitglied des Betriebsrats, sollte insbesondere eindeutig geklärt werden, welche Konsequenzen der Aufhebungsvertrag für das Mandat haben soll. Sie möchten mit Ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag schließen und dabei keinen entscheidenden Punkt vergessen? Oder Sie sind Betriebsratsmitglied und möchten während einer Freistellung Ihr Betriebsratsmandat weiter ausüben? Sprechen Sie mich an! Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht berate Sie in Augsburg und Umgebung zu allen Fragen des Arbeitsrechts. Sie erreichen mich telefonisch unter 0821/ 50 85 26 60 oder per E-Mail an kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de.weiterlesen
Verlangen Arbeitgeber, dass Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz mit einer anderen Aufgabe arbeiten, ist das regelmäßig eine Versetzung. Kommt es zu einer Versetzung, hat der Betriebsrat meist ein Mitbestimmungsrecht. Doch was ist, wenn Arbeitnehmer den Arbeitsplatz nur kurzzeitig wechseln? Darüber hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheiden: Betriebsrat und Arbeitgeber stritten über die Frage, ob bei kurzer Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs eine mitbestimmungspflichtige Versetzung von Arbeitnehmern vorliegt (BAG, Beschluss v. 29.9.2020, Az.: ABR 21/19). Eine Stunde an die Kasse Im Fall vor dem BAG stritt der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat – der Arbeitgeber betreibt bundesweit Einrichtungshäuser. Bei hohem Kundenandrang und personellen Engpässen müssen Arbeitnehmer*innen verschiedenster Abteilungen in den Bereichen „Kasse“ und „Logistik“ kurzzeitig aushelfen. Die Dauer dieser Einsätze beträgt dann jeweils eine halbe bis max. sechs Stunden. Die vereinbarte Arbeitszeit und Vergütung bleiben gleich. Die betroffenen Arbeitnehmer*innen, die immer wieder einmal in anderen als ihren eigentlichen Tätigkeiten eingesetzt werden, stammen unter anderem aus den Bereichen Personalplanung, Haustechnik, EDV oder sind Mitarbeiter*innen der Bereiche Verkauf/Kommunikation/Einrichtung oder Team- und Abteilungsleiter*innen etc. Beim kurzzeitigen Arbeitsplatzwechsel an die „Kasse“ bedienen sie eine Scannerkasse oder unterstützen Kunden an Selbstbedienungskassen. Die Lärmbelästigung für die Mitarbeitenden ist dort sehr hoch. Beim Einsatz im Bereich „Logistik“ füllen die Mitarbeitenden entweder Regale auf oder kommissionieren Waren im Lager und bringen diese zur Warenausgabe etc. Hier besteht die Belastung vor allem in teils enormen Temperaturschwankungen. Mit diesem sehr „flexiblen“ Einsatz von Mitarbeitenden war der Betriebsrat im Unternehmen nicht wirklich einverstanden. Er erklärte, dass er bei diesen kurzzeitigen Einsätzen ein Mitbestimmungsrecht habe. Der Arbeitgeber lehnte eine Beteiligung des Betriebsrats ab. Daraufhin erhob der Betriebsrat Feststellungsklage mit einem Globalantrag, der eine Vielzahl von Fallgestaltungen erfasst. Er beantragte u.a. festzustellen, dass die kurze Zuweisung auf einen anderen Arbeitsplatz zwischen einer halben und sechs Stunden das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auslöst. BAG-Entscheidung: Versetzungsbegriff erfordert erhebliche Änderung der Umstände Das Arbeitsgericht (ArbG) wies die Anträge des Betriebsrats zunächst ab, das zuständige Landesarbeitsgericht gab ihnen in der nächsten Instanz teilweise statt. Letztlich musste also das BAG entscheiden. Das kam zu dem Ergebnis, dass der Globalantrag des Betriebsrats unbegründet war. Denn der gestellte Globalantrag würde sich auch auf Fallgestaltungen beziehen, bei denen kein Beteiligungsrecht besteht. Nach Auffassung des Gerichts hat ein Globalantrag dann keinen Erfolg, wenn er sich auch auf Konstellationen bezieht, bei denen der Antrag unbegründet ist. So war es hier der Fall: ein halbstündiger Aushilfseinsatz sei keine mitbestimmungspflichtige Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, da er nicht mit einer erheblichen Änderung der Arbeitsumstände verbunden ist. Nach § 99 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) liegt bei der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs u.a. dann eine zustimmungspflichtige Versetzung vor, wenn diese mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Maßgeblich dafür sind nach BAG die äußeren Umstände, wie z. B. Lage der Arbeitszeit, Ausstattung des Arbeitsplatzes mit technischen Hilfsmitteln oder Faktoren wie Lärm, Schmutz, Kälte oder Nässe. Dass nur einzelne Faktoren anders seien, reiche nicht aus – vielmehr müsse die Veränderung insgesamt „erheblich“ sein. Die Änderung der äußeren Arbeitsbedingungen muss also aus objektiver Sicht bedeutsam und für betroffene Mitarbeitende gravierend sein, um von einer zustimmungspflichtigen Versetzung ausgehen zu können. Bei einer halbstündigen Zuweisung einer anderen Tätigkeit sei das nach dem BAG trotz Lärmbelästigungen oder Temperaturschwankungen nicht der Fall. Angesichts der 30-minütigen Dauer sind die Belastungen, die mit den Änderungen durch den Arbeitsplatzwechsel einhergehen, aus objektiver Sicht nicht besonders gravierend. Kurzer Arbeitsplatzwechsel ohne Betriebsratsbeteiligung möglich Das BAG hat in seiner Entscheidung das Mitbestimmungsrecht für Versetzungsfälle konkretisiert: Soll die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs nur von kurzer Dauer sein, ist das nur dann eine betriebsverfassungsrechtlich relevante Versetzung, wenn die Zuweisung aus objektiver Sicht mit einer erheblichen Änderung der Arbeitsumstände verbunden ist. Kurze Aushilfstätigkeiten in anderen Abteilungen etc. sind davon jedenfalls nicht erfasst. Sie haben Fragen zum Thema Versetzung und Beteiligung des Betriebsrats? Sie erreichen mich telefonisch unter 0821/ 50 85 26 60 oder per E-Mail an kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de.weiterlesen
Betriebsratsmitglieder werden – je nach Funktion – teilweise von ihrer eigentlichen Arbeitsverpflichtung freigestellt, um ihre Aufgaben im Betriebsrat optimal erfüllen zu können. Das kann z.B. Betriebsratsvorsitzende betreffen. Weil diese Mitarbeiter*innen wegen ihrer Freistellung keine weitere Berufserfahrung sammeln können, kann das dazu führen, dass sie bei Beförderungen wegen „mangelnder praktischer Erfahrung“ übergangen werden. Das kann grundsätzlich eine nach § 78 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verbotene Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern sein. Aber wer muss Beweis dafür antreten, dass es sich tatsächlich um eine Benachteiligung handelt? Die Frage hat nun das Bundesarbeitsgericht (BAG) beantwortet (BAG, Urteil v. 20.01.2021, Az.: 7 AZR 52/20). Bei interner Bewerbung benachteiligt? Im Fall, der letztlich vor dem BAG endete, klagte ein Mann, der als Betriebsratsvorsitzender in einem Krankenhaus tätig ist und für seine Betriebsratstätigkeit von seiner eigentlichen arbeitsvertraglichen Aufgabe freigestellt war. Bevor er für sein Amt freigestellt wurde, hatte er als Pflegedienstleiter und Stationsleiter für seinen Arbeitgeber gearbeitet. Zum (gerichtlichen) Streit kam es über einen Anspruch auf Vergütung als Pflegedirektor. Der Mitarbeiter hatte sich intern auf diese Stelle beworben. Nicht er war aber für die Stelle ausgewählt worden, sondern eine Stationsleiterin. In Notizen des Arbeitgebers zu den Vorstellungsgesprächen mit beiden Bewerbern fanden sich folgende Bemerkungen: Zum späteren Kläger „keine aktuelle Pflegeerfahrung aktiv“ – zur Mitbewerberin: „Erfahrung in der direkten Pflege und Stationsleitung sehr ausgeprägt“. Dennoch war die Vermutung des Betriebsratsvorsitzenden, er sei nicht befördert worden, weil er Betriebsrat sei. Deswegen erhob er Klage und stützte sie auf § 78 Satz 2 BetrVG. Er sei insofern als Betriebsratsmitglied benachteiligt worden, weil der Arbeitgeber bei der Entscheidung über die Beförderung nur darauf abgestellt habe, dass ihm die aktuelle Pflegeerfahrung fehle. Das sei zwar korrekt. Der Grund dafür sei aber, dass er wegen der Freistellung von seiner eigentlichen Arbeitstätigkeit schlichtweg keine aktuelle praktische Erfahrung sammeln könne. Ohne die Freistellung für seine Betriebsratstätigkeit hätte er die Erfahrungen in der aktiven Pflege sammeln können, die ausschlaggebend für eine erfolgreiche Bewerbung hätten sein können. Eine Benachteiligung nach § 78 Satz 2 BetrVG sah der Arbeitgeber allerdings nicht. Außerdem könne der Mitarbeiter nicht substantiiert vortragen, dass seine Bewerbung als Pflegedirektor ohne Betriebsratstätigkeit jedenfalls erfolgreich gewesen wäre. Gerichte entscheiden letztlich für Arbeitgeber Vor dem Arbeitsgericht (ArbG) scheiterte der Betriebsratsvorsitzende, vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) bekam er Recht. Hier waren die Richter der Auffassung, der Kläger habe ausreichend dargelegt, dass seine Beförderung „möglich und wahrscheinlich“ gewesen wäre, wenn er nicht Betriebsrat gewesen wäre. Gegen diese Entscheidung legte der Arbeitgeber Revision zum BAG ein und das letztlich mit Erfolg. Zwar sei die Situation in diesem Fall grundsätzlich geeignet, eine verbotene Benachteiligung nach § 78 Satz 2 BetrVG zu sein: Lehnt der Arbeitgeber eine Beförderung ab, weil dem Betriebsratsmitglied Berufserfahrung fehlt – fehlt diese aber nur wegen einer Freistellung aufgrund der Tätigkeit als Betriebsrat –, ist das eine Benachteiligung. Das muss der Betroffene allerdings substantiiert darlegen. Es würde nicht ausreichen, wenn der Betroffene vorträgt, dass die Beförderung ohne das Betriebsratsamt „möglich und wahrscheinlich“ gewesen wäre. Vielmehr müsse nachvollziehbar werden, dass es zur Beförderung ohne das Betriebsratsamt und seine Auswirkungen tatsächlich gekommen wäre. Damit Betroffene diesen Vortrag entsprechend machen können, muss der Arbeitgeber sich auf Nachfrage dazu wahrheitsgemäß erklären. Der Arbeitgeber muss die Gründe für die Entscheidung über die Beförderung so konkret benennen, dass der Betroffene sich dazu qualifiziert äußern kann. Nur so kann das Gericht auf Grundlage der festgestellten Tatsachen beurteilen, ob das Betriebsratsmitglied ohne die Betriebsratstätigkeit befördert worden wäre und wegen der Betriebsratstätigkeit nicht befördert wurde. Die theoretische Chance einer Beförderung reiche – wie hier – nicht aus, um davon auszugehen, dass der Kläger wegen seiner Betriebsratstätigkeit benachteiligt wurde. Benachteiligung des Betriebsrats darzulegen Dieses Urteil macht deutlich: Wer sich auf eine Benachteiligung im Sinne von § 78 Satz 2 BetrVG berufen will, muss im Falle einer möglichen Übergehung bei einer Beförderung sehr konkret vortragen können, dass die Betriebsratstätigkeit der Grund dafür war. Andernfalls scheitert eine Klage auf Basis von § 78 Satz 2 BetrVG. Sie befürchten, dass Sie als Betriebsratsmitglied bei einer Beförderung benachteiligt wurden? Ich prüfe das als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne für Sie! Kontaktieren Sie mich in Augsburg telefonisch unter 0821 / 50 85 26 60 oder per E-Mail an kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de. weiterlesen
Ein Arbeitsverhältnis kann durch ordentliche oder fristlose Kündigung vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer beendet werden. Daneben kann aber auch das Gericht im Kündigungsschutzprozess das Arbeitsverhältnis auflösen, wenn ein Auflösungsgrund vorliegt. Eine unwahre Aussage des Arbeitnehmers im Prozess kann einen solchen Grund für eine solche Vertragsauflösung sein. So hat es das Landesarbeitsgericht Köln entschieden (LAG Köln, Urteil v. 21. 09.2020, Az.: 3 Sa 599/19). Auflösung Arbeitsverhältnis durch Gericht Nach § 9 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) kann das Gericht im Kündigungsschutzprozess ein Arbeitsverhältnis auflösen, auch wenn Kündigung, um die es im Verfahren eigentlich geht, unwirksam war. Dafür muss ein sogenannter Auflösungsgrund vorliegen. Ein solcher Auflösungsgrund kann dann entweder darin bestehen, dass dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Auf der anderen Seite – aus Sicht des Arbeitgebers – liegt ein solcher Grund vor, wenn nicht zu erwarten ist, dass eine „den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer“ möglich sein wird. Geht es darum, eben das aus Arbeitgebersicht einzuschätzen, kann das Gericht auch das Verhalten des Arbeitnehmers während des Prozesses berücksichtigen. Der Fall vor dem Landesarbeitsgericht Köln Im konkreten Fall vor dem LAG Köln haben die Parteien in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Köln darum gestritten, ob die fristlose bzw. ordentliche Kündigung des Arbeitgebers wirksam war. Der Arbeitgeber hatte seine Kündigung darauf gestützt, dass der Arbeitnehmer eigenmächtig Urlaub genommen hatte, ohne eine entsprechende Bewilligung abzuwarten. Das ArbG hielt jedoch sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam- das Arbeitsverhältnis sei nicht durch Kündigung beendet worden. Der Arbeitgeber legte beim LAG Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts ein und stellte u.a. einen Auflösungsantrag. Die Begründung: der Arbeitnehmer habe vor dem ArbG bewusst unwahre Angaben zur Handhabung von Urlaubsanträgen im Unternehmen gemacht. Verhalten im Prozess ausschlaggebend Auch das LAG sah keinen ausreichenden Grund für eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung. Wohl aber hielt es den Auflösungsantrag des Arbeitgebers für begründet. Auch ein unwahrer Prozessvortrag könne die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG begründen. Das Gericht stellt klar, dass der Arbeitnehmer keine offensichtlich falschen Tatsachenbehauptungen in Bezug auf die Kündigungsgründe im Prozess machen durfte. Ob diese falschen Behauptungen für letztlich Einfluss auf das Urteil hatten, sei dabei unerheblich. Die Tatsache, dass der Arbeitnehmer unwahre Aussagen getroffen habe, sei Zeichen genug dafür, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Arbeitsverhältnis so gut wie ausgeschlossen sei – Grund genug also für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Aufgrund des Bestandsschutzes seien zwar strenge Anforderungen an die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu stellen. Der unwahre Tatsachenvortrag allein sei daher nicht ausreichend. Aber vor dem Hintergrund der besonderen Vertrauensposition, die der Arbeitnehmer als leitender Angestellter innehatte, sei es dem Arbeitgeber nicht zumutbar, ihn weiter zu beschäftigen. Bedeutung für die Praxis Selbst wenn das Gericht feststellt, dass die ursprüngliche Kündigung unwirksam war, sollte man sich als Arbeitnehmer nicht in falscher Sicherheit wiegen. Auch das Verhalten im Kündigungsschutzprozess kann dem Arbeitgeber Anlass bieten, einen – unter Umständen erfolgreichen – Auflösungsantrag zu stellen. Sie möchten sich gegen eine Kündigung Ihres Arbeitgebers zur Wehr setzen? Sprechen Sie mich an! Der Kündigungsschutzprozess birgt Tücken, denen Sie sich besser mit kompetenter anwaltlicher Unterstützung stellen. Ich beantworte Ihre Fragen als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne und bin im Prozess an Ihrer Seite. Sie erreichen mich per E-Mail an kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de oder telefonisch in Augsburg unter 0821 / 50 85 26 60.weiterlesen
Die Probezeit dient dazu, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen herausfinden, ob eine langfristige Zusammenarbeit in einem Arbeitsverhältnis sinnvoll ist. Immerhin genießen Arbeitnehmer*innen ja nach Ende der Probezeit erheblichen Kündigungsschutz. Aber wie gestaltet sich der Kündigungsschutz in der Probezeit? Können Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen beispielsweise eine Verkürzung der Kündigungsfrist in der Probezeit vereinbaren? Und ist eine fristlose Kündigung wegen eines unentschuldigten Fehltages ohne Abmahnung in der Probezeit zulässig? Damit befasste sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 03.06.2020, Az.: 1 Sa 72/20). Einen Tag unentschuldigt in der Probezeit Eine Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte hatte eine neue Beschäftigung in einer Kanzlei angetreten. Im Arbeitsvertrag hatte sie mit ihrem Arbeitgeber – abweichend von der gesetzlichen 2-Wochen-Vorgabe – eine kürzere einwöchige Kündigungsfrist während der Probezeit vereinbart. Allerdings wurde der neuen Mitarbeiterin bereits in der ersten Arbeitswoche ordentlich gekündigt – mit der vereinbarten Frist von einer Woche. Direkt im Anschluss an die Kündigung erschien die Mitarbeiterin drei Tage nicht zur Arbeit. Für zwei dieser Tage konnte sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen, einen Tag fehlte sie unentschuldigt. Für den Arbeitgeber Grund genug, nun zusätzlich eine fristlose Kündigung auszusprechen – ohne vorherige Abmahnung. Klage gegen fristlose Kündigung Gegen diese fristlose Kündigung erhob die Arbeitnehmerin Klage – die fristlose Kündigung sei schlichtweg unwirksam. Ein einziger unentschuldigter Fehltag könne keine fristlose Kündigung rechtfertigen – eine Abmahnung sei wenigstens notwendig gewesen. Nur die erste, ordentliche Kündigung habe das Arbeitsverhältnis beendet – allerdings mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen, nicht von einer Woche, wie vermeintlich im Arbeitsvertrag vereinbart. Denn die Verkürzung der Probezeit im Arbeitsvertrag war ihrer Auffassung nach nicht wirksam. Klage erfolgreich: fristlose Kündigung unverhältnismäßig Mit der Klage war die Arbeitnehmerin erfolgreich. Das Gericht kam einerseits zu dem Ergebnis, dass die fristlose Kündigung unwirksam, weil unverhältnismäßig war. Andererseits urteilte das Gericht auch, dass die Verkürzung der Kündigungsfrist für die ordentliche Kündigung nicht wirksam war. So hatte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis in der Probezeit zwar wirksam ordentlich gekündigt, allerdings mit einer Frist von zwei Wochen, nicht mit einer Frist von einer Woche. Die fristlose Kündigung sah das Gericht als unverhältnismäßig und deswegen unwirksam an: der Arbeitgeber hätte bei nur einem unentschuldigten Fehltag zunächst eine Abmahnung aussprechen müssen. Sofort aus diesem Grund eine fristlose Kündigung auszusprechen, sei nicht das notwendige „mildeste Mittel“ gewesen. Verkürzung Kündigungsfrist in Probezeit unwirksam Außerdem kamen die Richter zu dem Ergebnis, dass die ordentliche Kündigung zwar wirksam war und das Arbeitsverhältnis beendet hatte. Jedoch sei die Verkürzung der Kündigungsfrist in der Probezeit auf eine Woche unwirksam. Das Gesetz sieht bei einer Probezeit von sechs Monaten in § 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine Kündigungsfrist von zwei Wochen vor, von der gem. § 622 Abs. 4 S. 1 BGB nur durch Tarifvertrag abgewichen werden kann, was vorliegend nicht der Fall war. Eine Verkürzung dieser Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag ist schlichtweg unwirksam. Auch in der Probezeit muss Arbeitgeber Regeln einhalten Der Kündigungsschutz in der Probezeit ist deutlich geringer als nach der Probezeit, damit Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen sich in dieser Zeit gegenseitig und die Zusammenarbeit erproben können. Allerdings muss sich ein Arbeitgeber auch in dieser Phase an gesetzliche Vorgaben halten. So ist eine fristlose Kündigung auch in der Probezeit nur möglich, wenn kein milderes Mittel (z.B. eine Abmahnung des Fehverhaltens) den Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin wieder zur Vernunft bringt. Und nicht zuletzt ist es für Arbeitnehmer*innen wichtig zu wissen, dass eine Verkürzung der gesetzlichen Kündigungsfrist für eine ordentliche Kündigung in der Probezeit (zwei Wochen) nicht zulässig ist, wenn nicht in einem anwendbaren Tarifvertrag etwas anderes vereinbart ist. Der Unterschied: ist die Kündigungsfrist länger als gedacht, muss man zwar als Arbeitnehmer*in zwar meist bis zum Ende der Frist arbeiten (Ausnahme: Urlaubsanspruch!), hat aber auch Anspruch auf Lohn. Sie wollen gegen eine (fristlose) Kündigung in der Probezeit vorgehen? Die Kündigungsfrist wurde bei Ihrer Kündigung in der Probezeit unzulässig verkürzt? Ich kläre als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne Ihre Fragen und vertrete sie bei Bedarf natürlich auch vor dem Arbeitsgericht. Kontaktieren Sie mich gerne in Augsburg telefonisch unter 0821 / 50 85 26 60 oder per E-Mail an kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de.weiterlesen
Wird Urlaub nicht genehmigt oder haben Mitarbeitende Streit mit dem Arbeitgeber, ist es keine Seltenheit, dass Arbeitnehmer*innen drohen „krank zu machen“. Die meisten wissen dabei nicht, dass genau dieses Verhalten schwerwiegende arbeitsrechtliche Folgen haben kann – bis hin zur fristlosen Kündigung. So entschied z.B. das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz, dass die Drohung mit einer Krankmeldung selbst dann eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber rechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer in der Folge tatsächlich erkrankt (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 21.7.2020, Az.: 8 Sa 430/19). Drohung mit Krankmeldung nach Arbeitgeberweisung Im Fall vor dem LAG ging es um einen Arbeitnehmer, der seinem Arbeitgeber damit drohte, sich krankzumelden, wenn er ihn weiter auffordern würde, am Arbeitsplatz zu erscheinen, obwohl er eigentlich von seinem Arbeitgeber für zwei Tage von der Arbeit freigestellt worden war, und zwar für den 13.05. und 14.05.2019. Am 13.05.2019 telefonierte der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer, wobei es um eine mögliche Aufhebung des Arbeitsvertrages ging. Im Telefonat forderte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf, am darauffolgenden 14.05.2019 „an seinem Arbeitsplatz zu einem Abstimmungsgespräch“ zu erscheinen. Der Arbeitnehmer erwiderte daraufhin, er könne ja noch krank werden. Das nahm der Arbeitgeber zum Anlass, dem Arbeitnehmer noch am gleichen Tag fristlos zu kündigen. Der Arbeitnehmer bekam das Kündigungsschreiben per Bote am selben Tag. Nachdem er das Schreiben erhalten hatte, ließ er sich wegen Stress von einem Arzt für den Zeitraum vom 14. bis zum 17.05.2019 arbeitsunfähig krankschreiben. Auf sich sitzen lassen wollte der Arbeitnehmer die Kündigung aber nicht und erhob Kündigungsschutzklage gegen die fristlose Kündigung – zunächst erfolglos. Das Arbeitsgericht (ArbG) folgte der Auffassung des Arbeitgebers: Die „Erkrankung nach Ankündigung in gesunder Zeit“ sei geeignet, das Vertrauensverhältnis so schwer zu erschüttern, dass eine weitere Beschäftigung z.B. während einer einzuhaltenden Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar sei. LAG-Entscheidung: Drohung allein ist Kündigungsgrund Gegen dieses Urteil legte der Arbeitnehmer Berufung vor dem Landesarbeitsgericht ein. Das LAG bestätigte allerdings die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Denn bereits die Art und Weise, wie der Arbeitnehmer vorging, sei eine kündigungsrelevante Nebenpflichtverletzung gewesen: Der Arbeitnehmer habe versucht, mit der Krankschreibungsandrohung den Arbeitgeber zum Widerruf seiner Anweisung „am Arbeitsplatz zu erscheinen“ zu erpressen. Das sei eine rechtswidrige Drohung mit einem empfindlichen Übel – und damit ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Eine Abmahnung sei bei einer so schwerwiegenden Pflichtverletzung nicht notwendig, so die Richter. Für die Wirksamkeit der Kündigung war es nach Ansicht des LAG auch unerheblich, ob der Arbeitnehmer später tatsächlich erkrankte: Im Zeitpunkt der Drohung mit der Krankmeldung war der Arbeitnehmer unstreitig gesund. Entscheidend ist daher einzig, dass der Arbeitnehmer durch die rechtswidrige Drohung mit der Krankmeldung gegen seine Loyalitätspflichten als Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis gemäß § 241 Abs. 2 BGB verstieß. Das ist als Kündigungsgrund ausreichend. Letztlich hätte außerdem selbst eine rechtswidrige Weisung des Arbeitgebers nichts an der Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung geändert. Denn selbst eine rechtswidrige Weisung ist kein „Rechtfertigungsgrund“ für eine widerrechtliche Drohung gegen den Arbeitgeber. Fazit: Wer mit Krankmeldung droht, riskiert Kündigung! Droht ein Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber mit einer Krankschreibung, obwohl eine Erkrankung nicht besteht, riskiert er bzw. sie durchaus eine fristlose Kündigung. Denn die Entscheidung des LAG ist keine Einzelfallentscheidung! Das Bundesarbeitsgericht (BAG) urteilte bereits in einem anderen Fall, bei dem es um nicht genehmigten Urlaub ging, entsprechend: gesunde Mitarbeitende, die eine Krankschreibung ankündigen, um sich einen unrechtmäßigen Vorteil zu verschaffen oder den Arbeitgeber zu erpressen, geben dem Arbeitgeber durch ihr Verhalten Anlass, eine fristlose Kündigung – also eine Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist – auszusprechen. Sie haben Fragen zu dem Thema Drohung mit Krankmeldung? Haben Sie eine Kündigung wegen einer Krankmeldung bekommen? Nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf! Sie erreichen mich telefonisch unter 0821 / 50 85 26 60 oder per E-Mail an kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de! Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstütze ich Sie gerne. weiterlesen
Wer sich als Arbeitnehmer*in im Arbeitsverhältnis „danebenbenimmt“, muss mit Konsequenzen rechnen. Der Arbeitgeber kann in leichteren Fällen eine Abmahnung aussprechen, in schwereren Fällen aber auch eine ordentliche oder sogar fristlose Kündigung. Letzteres ist nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) allerdings nur möglich, wenn der Arbeitgeber sich auf einen „wichtigen Grund“ für die fristlose Kündigung berufen kann. Liegt ein derartiger „wichtiger Grund“ vor, wenn ein Mitarbeiter während einer Dienstfahrt Fahrerflucht begeht? Dazu hat sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln geäußert (LAG Köln, Urteil v. 19.06.2020, Az.: 4 Sa 655/19). Worum ging es beim LAG Köln? Im Fall, über den das Landesarbeitsgericht entschied, war ein Müllkraftfahrer während seiner Schicht mit dem Müllwagen beim Rückwärtsfahren aus Versehen in eine Verkehrsinsel gefahren. Dabei verursachte er erheblichen Schaden an der Insel und den darauf angebrachten Verkehrsschildern. Der Müllfahrer machte zwar Bildaufnahmen vom Unfallort, behielt diese und den ganzen Vorfall aber für sich: weder informierte er seinen Arbeitgeber noch die Polizei. Natürlich kam das Ganze dennoch ans Licht und der Müllfahrer handelte sich einen Strafbefehl wegen „unerlaubtem Entfernen vom Unfallort“ (Fahrerflucht) nach § 142 Strafgesetzbuch (StGB) ein. Der Arbeitgeber des Müllfahrers – der eine Arbeitnehmerüberlassung betreibt – erfuhr nun ebenfalls von dem ganzen Geschehen und auch vom Schaden am Müllwagen in Höhe von ca. 6.000 EUR. Daraufhin sprach er gegenüber dem Mitarbeiter eine fristlose Kündigung nach § 626 BGB aus. Hiergegen wehrte dieser sich mit einer Kündigungsschutzklage zunächst erfolglos vor dem Arbeitsgericht und anschließend vor dem Landesarbeitsgericht Köln. Die Entscheidung des Gerichts: fristlose Kündigung wirksam! Auch beim LAG hatte der Arbeitnehmer allerdings keinen Erfolg. Das Gericht hielt die fristlose Kündigung für wirksam. Mit seinem Verhalten habe der Müllfahrer seine Pflicht zur allgemeinen Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB gegenüber dem Arbeitsgeber massiv verletzt. Der Arbeitgeber habe bei einem derartig schwerwiegenden Fehlverhalten auch nicht zuerst eine Abmahnung aussprechen müssen. Es sei ihm auch nicht zuzumuten gewesen, an dem Arbeitsverhältnis noch länger festzuhalten und eine ordentliche Kündigung mit Kündigungsfrist auszusprechen. Der Arbeitnehmer habe nachgewiesenermaßen eine Verkehrsstraftat während seiner Tätigkeit als Kraftfahrer begangen. Weder Abmahnung noch ordentliche Kündigung wären in diesem Fall das verhältnismäßige mildere Mittel gewesen. Folgen für Berufskraftfahrer und Außendienst Wie alle Entscheidungen im Arbeitsrecht ist auch diese nicht ohne Weiteres zu verallgemeinern. Es kommt – wie immer – auf den Einzelfall an. Dennoch sollten sich Berufskraftfahrer und Mitarbeiter im Außendienst darüber klar sein, dass sie eine fristlose Kündigung riskieren, wenn sie während einer Dienstfahrt Fahrerflucht begehen – nicht nur dann, wenn es tatsächlich zu einer Verurteilung nach § 142 StGB kommt. Aus diesem Grund sollten Sie als Arbeitnehmer*in auch kleinere Schäden oder Kollisionen noch am Unfallort der Polizei und anschließend dem Arbeitgeber melden. Verlassen Sie nicht den Unfallort, ohne zuvor die Polizei einzuschalten. Nur so können Sie vermeiden, wegen Fahrerflucht belangt zu werden und deswegen womöglich auch noch den Job zu verlieren. Ihr Arbeitgeber hat Ihnen fristlos gekündigt? Sie halten diese Kündigung für unwirksam und möchten sich dagegen wehren? Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht helfe Ihnen gern und vertrete Sie bei Bedarf auch im Kündigungsschutzprozess. Rufen Sie mich in Augsburg unter 0821 / 50 85 26 60 an oder schreiben Sie eine E-Mail an kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de. weiterlesen