Wortgefechte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommen hin und wieder vor. Je nach Branche können diese Wortgefechte auch recht deutlich ausfallen. So im Falle eines Mannes, der auf einer Baustelle seinen Vorgesetzten als „Arschloch“ bezeichnete. Ob diese Beschimpfung eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigt, hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln zu entscheiden (LAG Köln, Urteil vom 04.07.2019, Az.: 7 Sa 38/19).
Kündigungen im Arbeitsrecht
In diesem Fall hatte der Arbeitgeber als Folge der Beschimpfung die außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen. Zudem hatte er für den Fall, dass diese Kündigung ohne Frist nicht möglich ist, hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausgesprochen.
Im Falle einer ordentlichen Kündigung muss kein konkreter Kündigungsgrund vorliegen, um ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Nur wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift, muss ein Grund für die Kündigung gegeben sein. Dieser Grund kann dann im Verhalten des Arbeitnehmers (verhaltensbedingte Kündigung), in der Person des Arbeitnehmers (personenbedingte Kündigung) oder im Unternehmen liegen (betriebsbedingte Kündigung).
Anders verhält es sich bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung. Bei einer solchen Kündigung muss immer ein wichtiger Grund vorliegen, damit das Arbeitsverhältnis ohne Abwarten einer Kündigungsfrist beendet werden kann. Es muss dabei ganz allgemein ein wichtiger Grund für eine solche Kündigung vorliegen und auch der konkrete Einzelfall muss eine Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist rechtfertigen.
Vorgesetzten „Arschloch“ nennen: fristlose Kündigung wirksam?
Im Fall, den das LAG zu entscheiden hatte, hatte der Mitarbeiter eines Unternehmens im Streit seinen anwesenden Vorgesetzten auf einer Baustelle als „Arschloch“ bezeichnet. Vor der Beschimpfung hatte der Vorgesetze des Arbeitnehmers den Arbeitnehmer harsch kritisiert: dafür, dass mit bestimmten Arbeiten noch nicht begonnen worden war einerseits. Außerdem geriet man in Streit, wo und wie der Arbeitnehmer den Firmenwagen abstellen solle.
Im Anschluss an diesen Streit verließ der Arbeitnehmer die Baustelle für den restlichen Tag unentschuldigt. Der Arbeitgeber hatte ihm daraufhin außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt (s.o.).
Landesarbeitsgericht: fristlose Kündigung unwirksam
Diese Kündigung wollte der Arbeitnehmer nicht akzeptieren. Er erhob deshalb Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht. Diese Klage blieb erfolglos. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts legte der Arbeitnehmer beim Landesarbeitsgericht Berufung ein. Vor dem Landesarbeitsgericht war der Arbeitnehmer dann teilweise erfolgreich: Die fristlose Kündigung erklärte das LAG für unwirksam. Die ordentliche Kündigung war hingegen auch nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts wirksam.
Für die fristlose Kündigung hätte ein wichtiger Grund vorliegen müssen – allgemein und im ganz konkreten Fall. Dazu führte das LAG aus, dass es zwar grundsätzlich ein wichtiger Grund für eine Kündigung ist, wenn ein Arbeitnehmer seinen Vorgesetzten als „Arschloch“ bezeichnet. Im konkreten Einzelfall wäre dies jedoch anders zu beurteilen. Im Arbeitsverhältnis war es mehr als 10 Jahre nicht zu Schwierigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gekommen. Zudem sei der Vorgesetzte am Verlauf des Streitgesprächs nicht unbeteiligt gewesen. Nicht zuletzt würde „auf dem Bau“ zudem grundsätzlich ein rauerer Umgangston herrschen als andernorts. In diesem Fall würde deshalb die Beleidigung als solche nicht ausreichen, den Mitarbeiter fristlos zu kündigen.
Die ordentliche Kündigung war hingegen wirksam. Auf Kündigungsschutz konnte der Arbeitnehmer sich in diesem Fall nicht berufen. Andere Gründe für die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung waren im Verfahren nicht vorgetragen worden.
Beleidigung nicht immer ausreichend für fristlose Kündigung
Die Beleidigung des Arbeitgebers durch einen Arbeitnehmer kann den Arbeitgeber zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigen. Aber nicht jede Beleidigung berechtigt automatisch zu einer fristlosen Kündigung. Denn vor allem in diesen Fällen kommt es stets auf die Umstände des konkreten Einzelfalles an.
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