Ende Homeoffice-Arbeit: Versetzung nur mit Zustimmung des Betriebsrats?

Lange im Homeoffice und nun zurück ins Büro? Für viele Arbeitnehmer*innen nicht unbedingt das, was man sich wünscht. Verlangt der Arbeitgeber die Rückkehr an den Büroarbeitsplatz, fühlt sich das dann durchaus an wie eine Versetzung. Aber ist es auch eine Versetzung?

Darüber entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) und befasste sich dabei u.a. mit der Frage, ob der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats braucht, wenn er Arbeitnehmer*innen vom Homeoffice-Arbeitsplatz zurück an den Arbeitsplatz im Büro holt (BAG, Beschluss v. 20.10.2021, Az.: 7 ABR 34/20).

Versetzung: Wann brauchen Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats?

Die Zustimmung des Betriebsrats ist bei Maßnahmen des Arbeitgebers u.a. notwendig, wenn es sich bei der Maßnahme um eine mitbestimmungspflichtige Versetzung handelt (§§ 95 Abs. 3, 99 Abs. 1 S. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)). Damit eine Versetzung im arbeitsrechtlichen Sinne vorliegt, muss der Arbeitgeber dem Mitarbeitenden allerdings einerseits einen anderen Arbeitsbereich zuweisen, die Arbeitsumstände müssen sich erheblich ändern und die Maßnahme muss mehr als einen Monat andauern.

Eine Verweigerung der Zustimmung ist nur rechtmäßig, wenn ein gesetzlicher Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 BetrVG vorliegt. Ist eine Zustimmung notwendig, verweigert der Betriebsrat aber seine Zustimmung unrechtmäßig, kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht die gerichtliche Zustimmungsersetzung beantragen. Liegt kein Verweigerungsgrund vor, erfolgt die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung.

Vom Homeoffice zurück ins Büro – der Fall vor dem BAG

Im Fall vor dem BAG stritten Arbeitgeber und Betriebsrat darüber, ob der Betriebsrat die Zustimmung zu einer „Versetzung“ verweigern durfte: Bei der „Versetzung“ ging es um den Widerruf einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung zur Homeoffice-Tätigkeit.

Hintergrund war eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag zwischen einem Arbeitgeberunternehmen und einer Arbeitnehmerin über die Beschäftigung an einem Homeoffice-Arbeitsplatz. Bestandteil der Vereinbarung war u.a. auch ein beiderseitiges, nicht zu begründendes Widerrufsrecht in Bezug auf die Arbeit im Homeoffice.

Nachdem die Arbeitnehmerin 12 Jahre im Homeoffice arbeitete, entschied sich der Arbeitgeber zum Widerruf der Homeoffice-Befugnis und bat den Betriebsrat um Zustimmung. Als Grund für den Widerruf gab er an, dass eine veränderte Aufgabenstellung und entstandene Mehrarbeit eine engere und kurzfristige Abstimmung im Team und damit eine Ortsanwesenheit im Büro erfordern würden.

Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung und berief sich auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 BetrVG: Der Widerruf verstoße gegen den Arbeitsvertrag. Die Wegezeiten und Fahrtkosten seien für die Arbeitnehmerin Nachteile, die nicht betrieblich gerechtfertigt seien. Die Erbringung der Arbeit sei weiterhin vom Homeoffice-Arbeitsplatz möglich.

Dagegen richtete sich der Arbeitgeber mit einem Zustimmungsersetzungsantrag vor dem Arbeitsgericht. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht gaben dem Arbeitgeber Recht und ersetzten die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung. Deshalb zog der Betriebsrat vor das BAG.

BAG: Kein Zustimmungsverweigerungsrecht bei betriebsbedingter Versetzung

Aber auch vor dem BAG bekam der Arbeitgeber Recht: Die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats war zu ersetzen, denn ein Zustimmungsverweigerungsgrund bestünde nicht, so die Richter.

Grundsätzlich sei die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich: Wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, der bislang im Homeoffice tätig war, wieder ausschließlich an der Betriebsstätte einsetzen will, handle es sich um eine Versetzung im arbeitsrechtlichen Sinne.

Außerdem durfte der Betriebsrat seine Zustimmung nicht verweigern, weil kein Grund für die Verweigerung der Zustimmung vorlag: Durch die Versetzung ergebe sich kein Verstoß gegen ein Gesetz, gegen einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung usw. Die Wirksamkeit arbeitsvertraglicher Regelungen wird gar nicht geprüft, wenn es um die Verweigerung der Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG geht.

Auch könne der Betriebsrat die Zustimmung nicht nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG verweigern. Denn die Arbeitnehmerin wurde hier nicht benachteiligt, ohne dass es dafür betriebsbedingte Sachgründe gebe. Denn der Arbeitgeber hatte in diesem Fall eine unternehmerische Entscheidung getroffen, die aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt war. Eine Prüfung der unternehmerischen Entscheidung im Hinblick auf ihre Zweckmäßigkeit erfolgt nicht.

Fazit

Die Entscheidung des BAG zeigt: Ein Betriebsrat muss sich auf gesetzliche Verweigerungsgründe nach dem BetrVG berufen können, um wirksam die Zustimmung zu einer zustimmungspflichtigen Versetzung verweigern zu können. Andernfalls ersetzt das Gericht schlichtweg die verweigerte Zustimmung. Ob die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers zweckmäßig war, ist für diese Entscheidung irrelevant, solange betroffene Mitarbeitende nicht ohne betriebsbedingte Sachgründe benachteiligt werden.

Haben Sie Fragen zum Thema Versetzung und Änderungskündigung? Oder sind Sie Betriebsrat und benötigen Unterstützung in einem solchen Fall vor dem Arbeitsgericht? Sie erreichen mich telefonisch unter 08215 / 08 526 60 oder per E-Mail an: kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de.