Wer sich als Arbeitnehmer*in im Arbeitsverhältnis „danebenbenimmt“, muss mit Konsequenzen rechnen. Der Arbeitgeber kann in leichteren Fällen eine Abmahnung aussprechen, in schwereren Fällen aber auch eine ordentliche oder sogar fristlose Kündigung.
Letzteres ist nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) allerdings nur möglich, wenn der Arbeitgeber sich auf einen „wichtigen Grund“ für die fristlose Kündigung berufen kann.
Liegt ein derartiger „wichtiger Grund“ vor, wenn ein Mitarbeiter während einer Dienstfahrt Fahrerflucht begeht? Dazu hat sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln geäußert (LAG Köln, Urteil v. 19.06.2020, Az.: 4 Sa 655/19).
Worum ging es beim LAG Köln?
Im Fall, über den das Landesarbeitsgericht entschied, war ein Müllkraftfahrer während seiner Schicht mit dem Müllwagen beim Rückwärtsfahren aus Versehen in eine Verkehrsinsel gefahren. Dabei verursachte er erheblichen Schaden an der Insel und den darauf angebrachten Verkehrsschildern. Der Müllfahrer machte zwar Bildaufnahmen vom Unfallort, behielt diese und den ganzen Vorfall aber für sich: weder informierte er seinen Arbeitgeber noch die Polizei. Natürlich kam das Ganze dennoch ans Licht und der Müllfahrer handelte sich einen Strafbefehl wegen „unerlaubtem Entfernen vom Unfallort“ (Fahrerflucht) nach § 142 Strafgesetzbuch (StGB) ein.
Der Arbeitgeber des Müllfahrers – der eine Arbeitnehmerüberlassung betreibt – erfuhr nun ebenfalls von dem ganzen Geschehen und auch vom Schaden am Müllwagen in Höhe von ca. 6.000 EUR. Daraufhin sprach er gegenüber dem Mitarbeiter eine fristlose Kündigung nach § 626 BGB aus. Hiergegen wehrte dieser sich mit einer Kündigungsschutzklage zunächst erfolglos vor dem Arbeitsgericht und anschließend vor dem Landesarbeitsgericht Köln.
Die Entscheidung des Gerichts: fristlose Kündigung wirksam!
Auch beim LAG hatte der Arbeitnehmer allerdings keinen Erfolg. Das Gericht hielt die fristlose Kündigung für wirksam.
Mit seinem Verhalten habe der Müllfahrer seine Pflicht zur allgemeinen Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB gegenüber dem Arbeitsgeber massiv verletzt.
Der Arbeitgeber habe bei einem derartig schwerwiegenden Fehlverhalten auch nicht zuerst eine Abmahnung aussprechen müssen. Es sei ihm auch nicht zuzumuten gewesen, an dem Arbeitsverhältnis noch länger festzuhalten und eine ordentliche Kündigung mit Kündigungsfrist auszusprechen. Der Arbeitnehmer habe nachgewiesenermaßen eine Verkehrsstraftat während seiner Tätigkeit als Kraftfahrer begangen. Weder Abmahnung noch ordentliche Kündigung wären in diesem Fall das verhältnismäßige mildere Mittel gewesen.
Folgen für Berufskraftfahrer und Außendienst
Wie alle Entscheidungen im Arbeitsrecht ist auch diese nicht ohne Weiteres zu verallgemeinern. Es kommt – wie immer – auf den Einzelfall an.
Dennoch sollten sich Berufskraftfahrer und Mitarbeiter im Außendienst darüber klar sein, dass sie eine fristlose Kündigung riskieren, wenn sie während einer Dienstfahrt Fahrerflucht begehen – nicht nur dann, wenn es tatsächlich zu einer Verurteilung nach § 142 StGB kommt.
Aus diesem Grund sollten Sie als Arbeitnehmer*in auch kleinere Schäden oder Kollisionen noch am Unfallort der Polizei und anschließend dem Arbeitgeber melden. Verlassen Sie nicht den Unfallort, ohne zuvor die Polizei einzuschalten. Nur so können Sie vermeiden, wegen Fahrerflucht belangt zu werden und deswegen womöglich auch noch den Job zu verlieren.
Ihr Arbeitgeber hat Ihnen fristlos gekündigt? Sie halten diese Kündigung für unwirksam und möchten sich dagegen wehren? Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht helfe Ihnen gern und vertrete Sie bei Bedarf auch im Kündigungsschutzprozess. Rufen Sie mich in Augsburg unter 0821 / 50 85 26 60 an oder schreiben Sie eine E-Mail an kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de.