Wenn ein Betrieb auf einen neuen Inhaber übergeht, stellt sich oftmals die Frage, unter welchen Voraussetzungen bestehende Arbeitsverhältnisse gekündigt werden können. Das Landesarbeitsgericht Köln hat sich in seiner Entscheidung vom 16.08.2018 mit diesem Problem befasst (LAG Köln, Urteil v. 16.08.2018, Az.: 7 Sa 118/18).
Wann darf Arbeitgeber nach Betriebsübergang kündigen?
§ 613 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestimmt, dass bei einer Veräußerung eines Betriebs sämtliche bestehenden Arbeitsverhältnisse auf den neuen Betriebsinhaber übergehen. Der neue Arbeitgeber kann eine Kündigung nicht allein mit dem Betriebsübergang begründen. Betriebsbedingte Kündigungen oder Änderungskündigungen darf er allerdings aussprechen.
Wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nicht weiterbeschäftigen kann, hat er einerseits die Möglichkeit, betriebsbedingt zu kündigen. Wenn nur der konkrete Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers gestrichen wird, kann der Arbeitgeber auch eine Änderungskündigung aussprechen. Er kann dann dem Arbeitnehmer anbieten, auf einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb weiterzuarbeiten. Das muss er so in der Kündigung formulieren. Die Änderungskündigung ist gegenüber der betriebsbedingten Kündigung vorrangig.
Worum ging es vor dem LAG Köln?
Der Arbeitnehmer wandte sich u.a. mit einer Änderungskündigungsschutzklage gegen eine Änderungskündigung seines ursprünglichen Arbeitgebers.
Dieser hatte die Kündigung bereits ausgesprochen, bevor anschließend über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Weitere ordentliche betriebsbedingte Kündigungen anderer Mitarbeiter – nun durch den Insolvenzverwalter – folgten. Auf einer Namensliste mit allen gekündigten Mitarbeitern tauchte der Name des Arbeitnehmers nicht auf.
Ein neuer Arbeitgeber kaufte das Unternehmen, wobei u.a. eine Personalliste Verhandlungsgrundlage war. Diese Aufstellung beinhaltete alle zum Zeitpunkt der Betriebsübernahme ungekündigten Mitarbeiter. Auch diese Liste erwähnte den betroffenen Arbeitnehmer nicht. Der Arbeitnehmer wurde also weder als gekündigter noch als ungekündigter Mitarbeiter geführt.
Das bereits laufende Änderungskündigungsschutzverfahren gegen den alten Arbeitgeber erweiterte der Arbeitnehmer auch auf den neuen Arbeitgeber. Dieser kündigte dem Arbeitnehmer nun seinerseits betriebsbedingt, wogegen der Arbeitnehmer wiederum mit einer Kündigungsschutzklage vorging.
Betriebsbedingte Kündigung laut LAG Köln unwirksam
Das Arbeitsgericht Siegburg betrachtete die betriebsbedingte Kündigung als unwirksam. Diese Ansicht wurde durch das LAG Köln bestätigt. Es wies die Berufung des Arbeitgebers zurück. Es hätten keine dringenden betrieblichen Gründe vorgelegen. Die Kündigung sei unwirksam, was sich aus verschiedenen Gründen ergebe, von denen jeder einzelne zur Unwirksamkeit führe.
1. Zunächst sei gerade keine Betriebsänderung ausschlaggebend für die betriebsbedingte Kündigung gewesen. Es sei für diese Bewertung irrelevant, dass der neue Arbeitgeber weder von der Existenz des Arbeitnehmers noch von dem bereits laufenden Kündigungsschutzprozess gewusst habe.
2. Der neue Arbeitgeber müsse im Fall einer betriebsbedingten Kündigung die Verhältnisse berücksichtigen, die zum Zeitpunkt des Unternehmenskaufvertrags vorlagen. Stützt er sich darauf, dass er zu diesem Zeitpunkt unternehmerische Entscheidungen getroffen habe, wird die Kündigung an eben jenen Verhältnissen gemessen. Im konkreten Fall wäre eine – vorrangige –Änderungskündigung möglich gewesen. Der tatsächliche Zeitablauf zwischen Unternehmenskauf und Ausspruch der Kündigung dürfe den Arbeitnehmer nicht benachteiligen.
3. Der Arbeitnehmer hatte sich zwar gegen die Änderungskündigung des früheren Arbeitgebers gewehrt. Dennoch darf der neue Arbeitgeber nicht davon ausgehen, dass auch eine erneute Änderungskündigung sinnlos gewesen sei. Er hätte vor der betriebsbedingten Kündigung zunächst eine Änderungskündigung aussprechen müssen. Aus vorangegangenem Verhalten des Arbeitnehmers dürfe der neue Arbeitgeber keine Rückschlüsse ziehen.
Fazit
Ein Betriebsübergang hindert den neuen Arbeitgeber nicht daran, Arbeitnehmern zu kündigen. Er darf eine Kündigung aber nicht mit dem Betriebsübergang begründen, sondern muss eine davon unabhängige Begründung anführen können.
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