Der Betriebsrat hat im Unternehmen im Hinblick auf einige Dinge, die die Arbeitnehmer eines Unternehmens betreffen, bestimmte Mitbestimmungsrechte. Das gilt jedenfalls für etliche Maßnahmen, die gegenüber den Arbeitnehmern des Arbeitgebers gelten. Doch was ist mit Aushilfskräften oder Leiharbeitnehmern? Inwieweit ist der Betriebsrat hier vom Arbeitgeber zu beteiligen?
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass der Betriebsrat zwingend beteiligt werden muss, wenn der Arbeitgeber neu eingestellte Leiharbeitnehmer in einen vorhandenen Schichtplan einteilt. Der Arbeitgeber kann diese Einteilung auch nicht vorläufig durchführen (BAG, Beschluss vom 28.7.2020, Az.: 1 ABR 45/18).
Mitbestimmungsrechte bei Einstellung von Leiharbeitern
Die Einstellung von Leiharbeitnehmern zählt zu den personellen Einzelmaßnahmen. Arbeitgeber müssen deswegen bei der Einstellung von Leiharbeitern nach § 99 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) die Zustimmung des Betriebsrates einholen. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, kann der Arbeitgeber die Einstellung nach § 100 BetrVG vorläufig vornehmen, wenn das aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. Ist der Betriebsrat der Auffassung, dass keine dringenden sachlichen Gründe vorliegen, kann er gegen diese Maßnahme Unterlassungsklage erheben. Und auch bei der Einteilung einzelner Arbeitnehmer in Schichtarbeit hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht – auch in Bezug auf Leiharbeitnehmer.
Der Betriebsrat hat jedoch auch ein sog. Zustimmungsverweigerungsrecht. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung zu einer zustimmungsbedürftigen Maßnahme, muss der Arbeitgeber die Zustimmung ersetzen lassen (Zustimmungsersatzverfahren). Möglich ist diese Ersetzung durch einen Spruch der Einigungsstelle oder ein Urteil des Arbeitsgerichts. Wird die Zustimmung nicht ersetzt, ist die personelle Einzelmaßnahme nicht zulässig, der Arbeitgeber muss die Maßnahme unterlassen.
Fall vor dem BAG: Einstellung von Leiharbeitnehmern für Schichtarbeit
Arbeitgeber und Betriebsrat stritten sich um die vorübergehende Einstellung von Leiharbeitnehmern, die – wie die übrigen Arbeitnehmer auch – im Schichtbetrieb arbeiten sollten. Für die Schichtarbeit galt im Unternehmen die „Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten“ (BV ArbZ). Darin waren die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit der Schichtarbeiter und Schichtmodelle (Früh-, Tag-, Spät- und Nachtschicht) mit Schichtbeginn, Schichtende und die Lage der Pausen festgelegt.
Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung zur befristeten Einstellung von Leiharbeitnehmern im Schichtbetrieb. Daraufhin teilte die Arbeitgeberin mit, sie werde die Einstellungen als personelle Maßnahmen vorläufig durchführen und stellte 47 Leiharbeitnehmer im Schichtbetrieb ein.
Dagegen erhob der Betriebsrat Unterlassungsklage. Bei der Zuweisung der eingesetzten Leiharbeitnehmer zu den vereinbarten Schichten stehe ihm ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu. Das sah der Arbeitgeber anders: die Schichteinteilung von Leiharbeitnehmern sei nicht mitbestimmungspflichtig, da sie keinen neuen Schichtplan aufstelle. Im Übrigen seien bei einer Einstellung von Arbeitnehmern die Regelungen in §§ 99, 100 BetrVG gegenüber dem Mitbestimmungsrecht vorrangig.
Vorläufige Einstellung in Schichtbetrieb nur mit Zustimmung vom Betriebsrat
Das BAG gab dem Betriebsrat Recht. Die Zuordnung der Leiharbeitnehmer in die Schichten gemäß BV ArbZ unterfällt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, da es sich dabei um eine Festlegung der konkreten Lage und der Verteilung der Arbeitszeit handelt. § 100 BetrVG gilt insoweit nicht. Zwar gestatte diese Norm die vorläufige Durchführung einseitiger Maßnahmen. Sie gelte jedoch nur für die Eingliederung der Arbeitnehmer in den Betrieb und erfasse nicht die Einteilung der Arbeitnehmer in die im Betrieb geltenden Schichtzeiten. Diese Einteilung unterliege der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.
Die Folge: auch wenn der Arbeitgeber eine Einstellung vorläufig durchführen kann, muss er im Falle der Beschäftigung von Arbeitnehmern in festgelegten Schichten das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beachten.
Fazit: Zustimmung zur Schichteinteilung einholen
Das Recht des Arbeitgebers, (Leih-)Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Betriebsrats vorläufig einzustellen (§ 100 BetrVG), ist in der Praxis nicht durchsetzbar, wenn außerdem eine Zustimmung zum Einsatz der (Leih-)Arbeitnehmer im Schichtsystem nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erforderlich ist. Die Einstellung ist dann durch die fehlende Zustimmung zur Schichteinteilung schlichtweg „blockiert“.
Arbeitgeber sollten daher zusammen mit dem Betriebsrat bereits vorab eine Vereinbarung ausarbeiten, in der der Betriebsrat seine Zustimmung zu bestimmten Schichtzuteilungen erteilt.
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