Mit einem Aufhebungsvertrag einen Arbeitsvertrag zu beenden ist – neben der Kündigung – in der Praxis die häufigste Art, ein Arbeitsverhältnis zu beenden.
In manch einer Konstellation stellt sich dann die Frage, ob ein solcher Aufhebungsvertrag wie jeder andere Vertrag nachträglich angefochten werden kann. Dazu nahm das Bundesarbeitsgericht Stellung (BAG, Urteil v. 16.02.1983, Az.: 7 AZR 134/81).
Aufhebungsvertrag und Anfechtung
Der Aufhebungsvertrag ist ein „normaler“ Vertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Er hat die Aufhebung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand. Im Gegensatz zur Kündigung ist beim Aufhebungsvertrag also die Mitwirkung des Arbeitnehmers notwendig.
Verträge können im deutschen Recht jedoch angefochten werden, um sie rückgängig zu machen, wenn ein Anfechtungsgrund vorliegt. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) nennt als Anfechtungsgründe z. B. den Erklärungsirrtum und Inhaltsirrtum. Aber auch wenn der Vertrag unter widerrechtlicher Drohung zustande gekommen ist, ist eine Anfechtung möglich. Beim Erklärungsirrtum gibt ein Vertragspartner eine Erklärung ab, die er nicht abgeben wollte (verschreibt oder verspricht sich). Beim sog. Inhaltsirrtum irrt sich ein Vertragspartner über die Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung. Will ein Vertragspartner den Vertrag wegen Drohung anfechten, muss der andere Vertragspartner ein „empfindliches Übel“ in Aussicht gestellt haben, wenn der Vertrag nicht unterzeichnet wird.
Der Fall: Aufhebungsvertrag unter Zeitdruck
Im konkreten Fall übergab der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin eine ordentliche Kündigung. Anschließend führten beide Parteien ein Gespräch. Nach dem Gespräch unterzeichnete die Arbeitnehmerin eine vom Arbeitgeber vorformulierte Erklärung. Inhalt war die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in beiderseitigem Einverständnis – es handelte sich also um einen Aufhebungsvertrag. Die Arbeitnehmerin unterschrieb, obwohl sie zuvor vergebens um Bedenkzeit bis zum nächsten Tag gebeten hatte.
Kurze Zeit später teilte die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber mit, dass sie im fünften Monat schwanger sei und bat um Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber lehnte das ab. Daraufhin erklärte die Arbeitnehmerin die Anfechtung des Aufhebungsvertrages: wegen Irrtum und Drohung. Zudem erhob sie Klage zum Arbeitsgericht auf Feststellung, dass sie den Aufhebungsvertrag wirksam angefochten habe und das Arbeitsverhältnis deshalb weiter besteht.
Bundesarbeitsgericht: kein Anfechtungsgrund gegeben
Das Arbeitsgericht wies die Klage der Arbeitnehmerin ab, das Landesarbeitsgericht entschied zugunsten der Arbeitnehmerin. So ging das Verfahren vor das Bundesarbeitsgericht (BAG). Das BAG entschied letztlich wie das Arbeitsgericht in der ersten Instanz:
- Die Richter führten aus, dass das Kündigungsverbot aus § 9 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) dem Aufhebungsvertrag nicht entgegensteht. Die Norm schränke nach Ansicht des Gerichts nur die Kündigungsbefugnis des Arbeitgebers ein, nicht jedoch die Vertragsfreiheit der Arbeitnehmerin einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen.
- Auch einen beachtlichen Irrtum als Grundlage für eine Anfechtung sahen die Richter nicht als gegeben. Ein Irrtum über Rechtsfolgen einer Willenserklärung würde nur ausnahmsweise zur Anfechtung berechtigen. Das sei der Fall, wenn die Rechtsfolgen selbst Inhalt der Willenserklärung geworden sind und dem Erklärenden über diesen Inhalt ein Irrtum unterläuft. Die Willenserklärung einer schwangeren Arbeitnehmerin enthält im Rahmen des Aufhebungsvertrags allerdings keinen Verzicht auf mutterschutzrechtliche Ansprüche. Und nicht zuletzt waren die Schwangerschaft und sich daraus ergebende Mutterschutzrechte nicht Gegenstand der Unterredung, die Arbeitgeber und Arbeitnehmerin bei Abschluss des Aufhebungsvertrags führten.
- Nicht zuletzt erkannten die Richter auch keine Drohung des Arbeitgebers, die zur Anfechtung durch die Arbeitnehmerin berechtigen würde. Das Drängen auf unverzügliches Unterschreiben eines Vertrages an sich ist keine Drohung, wenn nicht ausdrücklich negative Konsequenzen angedroht werden, falls man nicht unterzeichnet.
Anfechtung Aufhebungsvertrag unter engen Voraussetzungen
Eine Aufhebungsvertrag kann – wie jeder andere privatrechtliche Vertrag – nach den Regelungen des BGB angefochten werden. Für einen Arbeitsvertrag gelten dabei aber die gleichen engen Voraussetzungen für eine Vertragsanfechtung wie generell.
Wer die Aufhebung seines Arbeitsvertrages angeboten bekommt, sollte daher vorher gut überlegen, ob er diesen Vertrag wirklich unterzeichnen will und die Situation inkl. Prüfung des Aufhebungsvertrag von einem Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen. Sie haben Fragen zum Aufhebungsvertrag? Sprechen Sie mich gerne an unter 0821 / 207 137 55 oder per E-Mail an .