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Eine Abmahnung aus der Personalakte entfernen zu lassen, ist oft das Ziel von Arbeitnehmern. In diesen Fällen stellt sich dann häufig die Frage: Wann und wie kann man eine – unter Umständen berechtigte – Abmahnung aus der Personalakte entfernen lassen. Ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte kann sich aus Art. 17 Abs. 1 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ergeben. Das entschied das LAG Sachsen-Anhalt (LAG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 23.11.2018, Az.: 5 Sa 7/17 – ArbG Magdeburg, Urteil v. 29.11.2016, Az.: 9 Ca 1235/16). Der Fall vor dem LAG Sachsen-Anhalt Nach mehr als sechs Jahren Betriebszugehörigkeit bekam ein angestellter Marktleiter einer Supermarktkette seine Kündigung, nachdem er bereits ein Jahr vor der Kündigung von seinem Arbeitgeber abgemahnt worden war. Gegen die Kündigung erhob er Kündigungsschutzklage. Außerdem verlangte er, dass sein Ex-Arbeitgeber die Abmahnung aus seiner Personalakte entfernt. Der Arbeitgeber weigerte sich, die Abmahnung aus der Akte zu entfernen, und berief sich darauf, dass die Abmahnung zu Recht erfolgt sei und deshalb nicht aus der Akte entfernt werden muss. Auch berechtigte Abmahnung muss entfernt werden – Art 17 DSGVO Der Auffassung des Arbeitsgebers schloss sich das LAG allerdings nicht an: Ist die Abmahnung für den Arbeitgeber nicht mehr rechtlich relevant, ist sie aus der Personalakte zu entfernen. Dieser Anspruch ergibt sich nach Ansicht des LAG unmittelbar aus dem Löschungsrecht gem. Art. 17 Abs. 1 DSGVO: Danach kann jede Person, die von einer Erhebung personenbezogener Daten betroffen ist, vom Verantwortlichen verlangen, dass er die betreffenden Daten unverzüglich löscht, wenn sie für die Zwecke nicht mehr notwendig sind, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden. Kein rechtlicher Grund: Abmahnung ist zu löschen Ist die Arbeitgeberabmahnung für den ursprünglichen Zweck, zu dem sie erteilt wurde, also nicht mehr von Bedeutung, kann ein Arbeitnehmer ihre Löschung verlangen. Dass eine Abmahnung keine rechtliche Relevanz mehr hat, ist der Fall, wenn der Arbeitgeber kein nachvollziehbares Interesse mehr am Beibehalt der Abmahnung in der Personalakte hat. Ein solches Interesse des Arbeitgebers liegt aber nur dann vor, wenn die Abmahnung noch eine rechtliche Funktion erfüllt, wenn sie also den Arbeitnehmer auf dessen vertragliche Pflichten hinweisen und auf eine Pflichtverletzung aufmerksam machen soll (Rüge- und Dokumentationsfunktion), für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auffordern und rechtliche Konsequenzen bei erneuter Pflichtverletzung ankündigen soll (Warnfunktion). Ist das Arbeitsverhältnis beendet, entfällt die Warnfunktion automatisch, der Arbeitnehmer kann die Löschung verlangen. In Bezug auf die Rüge- und Dokumentationsfunktion kommt es auf den Einzelfall an: Wenn der Arbeitgeber etwaige Ansprüche des Arbeitnehmers abwehren (Kündigungsschutzklage etc.) oder eigene Ansprüche gegen den Arbeitnehmer begründen will und der Inhalt der Abmahnung dafür relevant ist, kann ein Interesse des Arbeitgebers am Beibehalt der Kündigung in der Personalakte auch nach der Kündigung weiter bestehen. Für das LAG war die Sache im Streitfall allerdings klar. Der Arbeitgeber machte keine Argumente geltend, weshalb die Abmahnung in der Akte verbleiben muss. Damit war die Arbeitgeberabmahnung in der Personalakte nicht mehr notwendig, sie musste entfernt werden. NEU: DSGVO, BDSG und Personalakte Besonders war in diesem Fall, dass mit Anwendung der DSGVO und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) der Schutz des Arbeitnehmers deutlich verbessert wird. Angaben in der Abmahnung sind nach LAG Sachsen-Anhalt personenbezogene Daten i. S. d. DSGVO. Die Personalakte ist ein „Datensystem“ nach Art. 4 Nr. 6 DSGVO, denn dort werden personenbezogene Daten strukturiert verarbeitet und gespeichert. Die DSGVO kommt damit auf die Personalakte zur Anwendung, der Arbeitnehmer kann Ansprüche aus der DSGVO geltend machen, ein Arbeitgeber muss als Verantwortlicher nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO dem Anspruch aus Art 17 Abs. 1 DSGVO nachkommen. Fazit Mit der Anwendung von Art. 17 Abs. 1 DSGVO auf Personalakten sind die Chancen für Arbeitnehmer, eine Abmahnung aus der Personalakte entfernen zu lassen, besser denn je. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Abmahnung berechtigt war oder nicht. Außerdem ist allein entscheidend, ob das Verbleiben der Abmahnung in der Akte für den Arbeitgeber rechtlich notwendig ist. Ist das nicht der Fall, muss die Abmahnung entfernt werden. Sie wollen, dass eine Arbeitgeberabmahnung aus Ihrer Personalakte entfernt wird? Ich beantworte als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne Ihre Fragen zum Thema und unterstütze Sie ggfs. vor dem Arbeitsgericht, Ihren Anspruch durchzusetzen! Sie erreichen mich telefonisch unter oder per E-Mail anweiterlesen
In einem Arbeitsverhältnis ist es Arbeitgebern erlaubt zu definieren, was und wie Arbeitnehmer ihre Verpflichtung aus einem Arbeitsvertrag erfüllen sollen. Teil dieses sog. Weisungsrechts des Arbeitgebers ist auch, seinen Arbeitnehmern vorzuschreiben, wie z. B. ein Berichtsheft geführt werden soll. Hält sich der Arbeitnehmer nicht an diese Vorgabe – entgegen einer ausdrücklichen Anweisung des Arbeitgebers! – kann eine Kündigung aus diesem Grund rechtmäßig sein, wenn der Arbeitnehmer zuvor ordnungsgemäß abgemahnt wurde, so das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 10.06.2016, Az.: 1 Sa 37/16). Verhaltensbedingte Kündigung bei Missachten von Anweisungen? Grundsätzlich stellt sich für Arbeitnehmer oft die Frage: Wann darf ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer überhaupt verhaltensbedingt ordentlich kündigen? Eine Kündigung – so will es das Arbeitsrecht – ist bei bestehendem Kündigungsschutz vor allem unter folgenden Voraussetzungen möglich: Ein Arbeitnehmer hat Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag erheblich verletzt und das hat Auswirkungen im Unternehmen. Eine Interessenabwägung kommt zu dem Schluss, dass das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung im Vergleich zum Interesse des Arbeitnehmers an der weiteren Zusammenarbeit deutlich überwiegt. Der Arbeitgeber hat im Vorfeld der Kündigung bereits eine ähnliche Pflichtverletzung abgemahnt. Berichtsheft nicht ordentlich geführt: Kündigungsgrund? Im Fall vor dem LAG Rheinland-Pfalz war vor allem eine Frage zu beantworten: Ist das weisungswidrige Führen eines Berichtshefts – unvollständiges Berichtsheft in diesem Fall – eine Pflichtverletzung, die abgemahnt werden und Basis für eine Kündigung sein kann? Im Fall vor dem LAG ging es um die Kündigung eines Servicetechnikers, der im Außendienst angestellt war und für Garantie- und Reklamationsarbeiten an Möbeln zuständig war. Laut mündlicher Anweisung seines Arbeitgebers sollte er u.a. dann Vermerke im Berichtsheft zu machen, falls er Reparaturarbeiten ausführte, die allerdings nicht wegen eines Mangels ausgeführt werden mussten, der in den Bereich der Gewährleistung fällt. Die Anweisung war außerdem Teil einer schriftlichen Betriebsanweisung. An diese Anweisung hatte sich der Arbeitnehmer nicht gehalten und auch die Abmahnung dieses Fehlverhalten bewirkte nichts: auch nach der Abmahnung hielt sich der Mitarbeiter nicht an die Weisung. Letztlich sprach der Arbeitgeber deshalb die verhaltensbedingte Kündigung aus, gegen die der Außendienstmitarbeiter gerichtlich vorging. Arbeitgeber darf fehlerfreies Berichtsheft verlangen Die Kündigungsschutzklage gegen die verhaltensbedingte Kündigung blieb allerdings erfolglos. Das LAG Rheinland-Pfalz stellte fest, dass Anweisungen in Bezug auf das Führen eines Berichtsheftes gerade im Außendienst in rechtlich beachtliche Weisungen des Arbeitgebers sind. Das gilt allerdings nur, wenn der Arbeitgeber Gründe für seine Anweisung anführen kann. Gründe konnte der Arbeitgeber in diesem Fall geltend machen: Ziel der Vermerke war, kostenauslösende Zweitbeanstandungen zu vermeiden. Denn werden die Maßnahmen des Servicemitarbeiters als „Nachbesserungsversuch“ beurteilt, haben Kunden maximal zwei Nachbesserungsversuche zu dulden, dann können sie Ware retournieren. Sind die Servicearbeiten aber nicht als „Nachbesserung“ zu qualifizieren, entsteht dieses Problem nicht. Also war es in diesem konkreten Fall für den Arbeitgeber wichtig zu wissen, ob Reparaturarbeiten auf Wunsch des Kunden erfolgten, ohne dass ein Mangel vorlag und er deswegen keinen rechtlichen Anspruch auf Reparatur hatte. Das reichte nach Auffassung des LAG aus, um zu urteilen: die Anweisung zur Dokumentation der Reparaturarbeiten war vom Arbeitnehmer zu beachten. Ein Nichtbeachten der Weisung konnte hier also rechtmäßig Abmahnung und Kündigung nach sich ziehen. Und auch sonst fanden sich in diesem Fall keine Rechtsgründe für Unwirksamkeit der Kündigung. Ergebnis Das Weisungsrecht bzw. Direktionsrecht des Arbeitgebers berechtigt den Arbeitgeber, Regeln für Arbeitnehmer aufzustellen, wie sie ihren Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag nachkommen sollen, beispielsweise wie ein Berichtsheft geführt werden soll. Hält sich der Arbeitnehmer nicht an eine derartige Vorgabe, kann der Arbeitgeber das als Pflichtverletzung abmahnen und den Arbeitsvertrag kündigen, wenn die Abmahnung keine Wirkung zeigt. Sie benötigen Unterstützung nach einer Kündigung oder haben Fragen zum Thema Berichtsheft? Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch unter oder schreiben Sie mir eine E-Mail an . Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstütze ich Sie gerne.weiterlesen
Kündigung im Briefkasten: pauschal bestreiten reicht nicht Wer als Arbeitnehmer eine Kündigung vom Arbeitgeber erhält, würde im Zweifel gerne abstreiten, die Kündigung überhaupt erhalten zu haben. Diese Möglichkeit bietet sich – so könnte man meinen – vor allem an, wenn der Arbeitgeber die Kündigung nicht mit der Post zuschickt (z. B. als Einschreiben), sondern die Kündigung z. B. von einem Boten in den Briefkasten werfen lässt. Einfach zu behaupten, dass eine Kündigung „nicht angekommen“ ist, ist allerdings keine gute Idee, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz zeigt: Denn die bloße Behauptung, die Kündigung nicht erhalten zu haben, reicht nicht aus, um den Zugang der Kündigung wirksam zu bestreiten (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 19.02.2015, Az.: 5 Sa 475/14). Zugang der Kündigung: Datum ist wichtig! Nur eine Kündigung, die tatsächlich zugegangen ist, kann wirksam sein. Außerdem ist der exakte Tag des Zugangs der schriftlichen Kündigungserklärung wichtig: er ist Anknüpfungspunkt für die dreiwöchige Klagefrist der Kündigungsschutzklage nach §§ 4 Satz 1, 7, 13 Abs. 1 Satz 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Denn nur innerhalb dieser Frist kann man als Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erheben, um feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung beendet ist. Erhebt man zu spät Kündigungsschutzklage, gilt die Kündigung als rechtswirksam (§ 7 KSchG). Und das Arbeitsgericht lässt nur im Ausnahmefall eine Kündigungsschutzklage nachträglich zu: Voraussetzung ist, dass man als Arbeitnehmer schuldlos verhindert war, die Klage rechtzeitig beim Arbeitsgericht zu erheben (§ 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG). Hätte man die Drei-Wochen-Frist als Arbeitnehmer einhalten können, gibt es keine nachträgliche Zulassung. „Kündigung kam nie an“ Genau um diese Schuldfrage des sog. „Vertretenmüssens“ einer zu späten Klageerhebung ging es in der Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz. Es ging um die nachträgliche Zulassung einer an sich verspäteten Kündigungsschutzklage. Die dreiwöchige Klagefrist war bei Klageeinreichung bereits abgelaufen. Der Arbeitnehmer wollte die Kündigung aber noch angreifen und nach dem KSchG für unwirksam erklären lassen. Aber was war passiert? Der Arbeitgeber gab an, dass man die Kündigung beim Arbeitnehmer von einem Boten in den Briefkasten hatte werfen lassen – das konnte der Arbeitgeber nachweisen. Der Arbeitnehmer, der sich mit seinem Ex-Arbeitgeber um den Zugang der Kündigung stritt, behauptete hingegen, dass ihn die Kündigung nie erreicht hätte. Weder er noch seine Frau hätten zur fraglichen Zeit eine Kündigung im Briefkasten vorgefunden. Eine rechtzeitige Klageerhebung wäre deshalb nicht möglich gewesen, seine verspätete Klage gegen die Kündigung müsse deshalb ausnahmsweise zugelassen werden. Zugang der Kündigung pauschal bestreiten reicht nicht Das LAG lehnte die nachträgliche Zulassung der Klage allerdings ab: Die pauschale Behauptung, dass man ein Schreiben nicht bekommen hat, reicht nicht, um den Zugang der Kündigung wirksam zu bestreiten. Nach Ansicht des Gerichts ist es Sache des Arbeitnehmers, dafür Sorge zu tragen, dass er von bestimmten Sendungen Kenntnis nimmt und nichts „untergeht“. Will man den Erhalt einer Kündigung bestreiten, muss man also genauer darlegen, warum ein Schreiben nicht angekommen sein soll. So ist z. B. genauer zu schildern, wer in der fraglichen Zeit Zugang zum Briefkasten hatte und welchen Inhalt der Briefkasten in der fraglichen Zeit hatte oder was mit dem Inhalt passiert ist. Damit folgt das LAG der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Jahr 2009 (Urteil v. 28.05.2009, Az.: 2 AZR 732/08). Fazit Wirft der Arbeitgeber die Kündigung nachweislich in den Briefkasten, ist der Tag des Einwurfs rein rechtlich gesehen der Tag des Zugangs der Kündigung. Hat man eine Kündigung tatsächlich nicht bekommen, reicht es nicht aus pauschal zu bestreiten, dass man eine Kündigung bekommen hätte. In einem solchen Fall muss man glaubhaft machen, warum man unverschuldet keine Kenntnis von der Kündigung nehmen konnte. Haben Sie eine Kündigung bekommen, ist es also nicht ratsam, den Kopf in den Sand zu stecken und so zu tun, als hätten Sie keine Kündigung bekommen: Sie haben nur drei Wochen nach Zugang der Kündigung Zeit, Kündigungsschutzklage zu erheben. Sie haben Fragen zur Kündigungsschutzklage? Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch unter oder per E-Mail an ! Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.weiterlesen
Den Führerschein zu verlieren ist für Angestellte im Außendienst eine schlimme Vorstellung. Immerhin ist der Führerschein – zumindest gefühlt – Voraussetzung, dass man seiner Tätigkeit nachkommen kann. Die Sorge, in einer solchen Situation gekündigt zu werden, ist also oft groß. Berechtigt ist diese Sorge aber nicht immer, selbst wenn man den Führerschein z. B. wegen Alkohol am Steuer verliert. Denn laut Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG Schleswig-Holstein) ist eine (fristlose) Kündigung wegen Führerscheinentzug nicht immer möglich (Urteil v. 03.07.2014, Az.: 5 Sa 27/14). Alkohol am Steuer – Führerscheinentzug – Kündigung? Im Fall vor dem LAG Stuttgart klagte eine Arbeitnehmerin gegen ihre Kündigung. Sie hatte bisher für ihren Arbeitgeber erst als Versicherungskauffrau, dann als Betreuerin von Versicherungsmaklern gearbeitet. Zu ihren Aufgaben gehörte es, Makler vor Ort persönlich zu besuchen. Pro Jahr waren arbeitsvertraglich wenigstens 210 Besuche vorgesehen. Der Arbeitgeber stellte ihr auf Basis eines gesonderten Nutzungsvertrags einen Dienstwagen zu Verfügung, den sie auch privat nutzen durfte. Bei einer privaten Fahrt verursachte die Arbeitnehmerin einen leichten Unfall. Der Blutalkoholwert von 1,9 Promille bei der Unfallfahrt führte dazu, dass ihr der Führerschein entzogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von mehreren Monaten verhängt wurde. Diese Tatsache reichte dem Arbeitgeber, die Arbeitnehmerin fristlos, hilfsweise ordentlich zu kündigen. Trunkenheitsfahrt: Wann ist die Kündigung statthaft? Gegen diese Kündigung setzte sich die Arbeitnehmerin zur Wehr – mit Erfolg. Die Kündigung eines Mitarbeiters im Außendienst pauschal auf den Entzug der Fahrerlaubnis zu stützen ist nicht möglich, selbst bei hoher Blutalkoholkonzentration. Es müsse zunächst geprüft werden, ob der Führerscheinverlust Auswirkungen auf die Erfüllung des Arbeitsvertrages hat, so das Gericht. Einerseits muss das Fahren mit einem führerscheinpflichtigen Fahrzeug arbeitsvertragliche Hauptleistungspflicht sein. Andererseits ist die Frage zu beantworten, ob die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Tätigkeit auch ohne persönliches Fahren eines Kfz möglich ist. Führerscheinentzug wegen Alkohol am Steuer: Kündigung nicht immer wirksam Grundsätzlich ist die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Führerscheinentzug möglich. Das gilt allerdings nur, wenn es sich um einen Berufskraftfahrer handelt oder einen Mitarbeiter, der mehr als 50% im Außendienst arbeitet. Selbst wenn die Fahrt unter Alkohol, die zur Entziehung der Fahrerlaubnis führte, privat veranlasst war, kann das Grundlage für eine Kündigung sein. Allerdings ist eine Kündigung wegen Führerscheinentzug nicht wirksam, wenn der Arbeitnehmer seiner Arbeitsverpflichtung auch ohne Führerschein nachkommen kann. Denn setzt der Arbeitsvertrag weder ausdrücklich einen Führerschein voraus noch die aktive Teilnahme am Straßenverkehr, ist das Fahren eines Kfz nicht „geschuldete Leistung“ des Arbeitnehmers. Die Verpflichtung, regelmäßig Außentermine wahrzunehmen, ändert daran nichts – wie der Arbeitnehmer zu Außenterminen kommt, ist seine Sache. Existenz eines Dienstwagens unerheblich Ist außerdem im Arbeitsvertrag nichts hinsichtlich eines Dienstwagens vereinbart, ist das nur zusätzliches Indiz, dass der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung auch ohne Kfz nachkommen kann. Daran ändert auch nichts, wenn der Arbeitgeber ein Fahrzeug zur Verfügung stellt und die Benutzung in einem Nutzungsvertrag mit dem Arbeitnehmer regelt. Ist im Ergebnis die Nutzung eines Dienst-Pkw für die Erfüllung seiner Verpflichtungen nicht notwendig, ist der Führerscheinentzug kein Grund, einen Arbeitnehmer deswegen (fristlos) zu kündigen. Exakt so lag es im Fall vor dem LAG. Die Folge: Die gekündigte Mitarbeiterin hätte sich – auch in eiligen Fällen – problemlos in ihrem Dienstwagen fahren lassen oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen können. Auch ohne Führerschein konnte die Mitarbeiterin den Arbeitsvertrag also ordentlich erfüllen. Die außerordentliche wie auch die ordentliche Kündigung waren damit unwirksam. Mein Fazit Wer seinen Führerschein verliert, muss auch als Mitarbeiter im Außendienst nicht automatisch um seine Anstellung fürchten. Denn der Führerscheinentzug ist nicht immer ein rechtmäßiger Grund für eine (außerordentliche) Kündigung – es kommt auch hier sehr auf den Einzelfall an! Sie haben Fragen zum Thema? Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch unter oder schreiben Sie eine E-Mail an . Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstütze ich Sie gerne.weiterlesen
Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist nur in einem begründeten Ausnahmefall zulässig – so will es das Gesetz. Wie verhält es sich aber mit einzelnen befristeten Arbeitsbedingungen? Ist bei einzelnen Arbeitsbedingungen eine Befristung ohne sachlichen Grund möglich oder gilt auch hier das Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG)? Und nicht zuletzt: kann die Befristung einer Arbeitsbedingung in einer individuellen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden? Über einen solchen Fall entschied das Hessische Landesarbeitsgericht (Hessisches LAG), in dem es um die Befristung einer Garantieprovision ging. Es kam zu dem Ergebnis: Wird eine Garantieprovision individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart, ist das zulässig (Hessisches LAG, Urteil v. 01.06.2012, Az.: 14 Sa 553/11). Der Fall vor Gericht Im Fall, den das Hessische LAG zu entscheiden hatte, hatte der Arbeitgeber (Werkzeugvertrieb) mit einem Außendienstmitarbeiter im Arbeitsvertrag eine Garantieprovision vereinbart, die zunächst auf fünf Monate befristet war. Da der Mitarbeiter aber in diesen fünf Monaten nicht den geplanten Erfolg im Vertrieb erzielen konnte, vereinbarten Arbeitgeber und Arbeitnehmer individuell eine Verlängerung der Garantieprovision um sechs Monate. Der Arbeitsvertrag wurde entsprechend um diese Regelung ergänzt, die Ergänzung war von beiden Seiten ordnungsgemäß unterzeichnet. Gestritten wurde um die Frage, ob die Befristung wirksam oder unwirksam vereinbart wurde. Wäre die Befristung der Provision unwirksam, hätte der Arbeitnehmer einen zeitlich unbefristeten Anspruch auf die garantierte Provision. Befristete Arbeitsbedingung: AGB, individuelle Vereinbarung etc. Geht es um die Prüfung der Wirksamkeit arbeitsvertraglicher Klauseln, stellt sich die Frage, nach welchem Maßstab geprüft wird. Handelt es sich – wie hier bei der Verlängerung der Garantieprovision – um eine individuelle Vereinbarung, findet keine Inhaltskontrolle der Befristungsregelung nach §§ 307 ff. BGB statt. Das wäre der Fall bei Klauseln, die sich standardmäßig in Arbeitsverträgen befinden und so als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) einer besonderen rechtlichen Kontrolle unterliegen. Eine solche „AGB-Kontrolle“ war hier nicht möglich und nötig. Zwar war die ursprüngliche Vereinbarung der Garantieprovision eine Standardklausel. Die individuelle Verlängerung der Garantieprovision löste diese Klausel aber ab. Zu prüfen hatte das Gericht also, ob die Befristung einer einzelnen Vertragsbedingung durch Individualvereinbarung wirksam ist. Keine Befristung ohne Sachgrund Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist es notwendig, dass ein Sachgrund für eine Befristung vorliegt – auch wenn nur einzelne Vertragsbedingungen befristet sind. Auch für die Befristung der Garantieprovision muss der Arbeitgeber also einen nachvollziehbaren Grund haben. Den konnte der Arbeitgeber auch erfolgreich geltend machen: wäre eine Garantieprovision unbefristet, käme sie einem festen Gehalt gleich. Der Zweck der Provision, einen Vertriebsanreiz zu schaffen, würde bei einer unbefristeten Garantieprovision verloren gehen. Das ist als Sachgrund auf Arbeitgeberseite für eine Befristung der Garantieprovision ausreichend, so das LAG. Schutzgedanke TzBfG erfüllt Und auch nach TzBfG in analoger Anwendung ist die Befristung einer Arbeitsbedingung nur in begründeten Ausnahmefällen wirksam – ohne sachlichen Grund wäre auch in diesem Sinne keine Befristung der Garantieprovision möglich. Ein ausreichender sachlicher Grund können dann z. B. soziale Aspekte sein, wenn sie zugunsten des Arbeitnehmers ausfallen. So lag auch der Fall vor dem LAG: Die garantierte Provision für einen bestimmten Zeitraum war allein im Interesse des Arbeitnehmers, um ihm mit diesen garantierten Provisionen den Einstieg in sein neues Tätigkeitsfeld finanziell sicherer zu gestalten. Auch keine Sittenwidrigkeit Zuletzt äußerte sich das Gericht auch zur Frage, ob eine solche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sittenwidrig und deshalb unwirksam sein könnte. Nein, war die klare Antwort der Richter. Eine Befristung, für die ein sachlicher Grund vorliegt, kann nicht sittenwidrig sein. Fazit Liegt ein sachlicher Grund im Arbeitnehmerinteresse vor, eine bestimmte Arbeitsbedingung des Arbeitsvertrags zu befristen, können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber problemlos individuell einigen. Sie wollen wissen, ob die Befristung Ihres Arbeitsvertrages rechtswirksam ist – oder die Befristung einzelner Klauseln? Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch unter oder per E-Mail an ! Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstütze ich Sie gerne.weiterlesen
Kündigungsfristen für Arbeitgeberkündigungen werden im Arbeitsvertrag nicht selten abweichend von den gesetzlichen Kündigungsfristen festgelegt. Was gilt aber, wenn die gesetzlichen Kündigungsfristen für den Arbeitnehmer günstiger sind als eine vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist? Welche Frist kommt dann zur Anwendung? Damit hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil auseinandergesetzt (BAG, Urteil v. 29.01.2015 – 2 AZR 280/14). Verlängerung Kündigungsfrist für Arbeitgeber möglich Die Fristen für Arbeitgeberkündigungen sind zum Schutz der Arbeitnehmer gesetzlich geregelt. § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) legt diese gesetzlichen Kündigungsfristen fest und folgt dabei einem Schema: Je länger der Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber beschäftigt ist, desto länger ist die Frist, die der Arbeitgeber bei der Kündigung eines Mitarbeiters beachten muss. So legt § 622 BGB fest, dass ein Arbeitsverhältnis, das mehr als 20 Jahre besteht, mit einer Frist von sieben Monaten zum Ende eines Monats gekündigt werden kann. Eine Verkürzung dieser Kündigungsfristen ist nur im Ausnahmefall möglich, die Verlängerung der gesetzlichen Fristen für eine Arbeitgeberkündigung ist hingegen grundsätzlich unproblematisch. Fall: Streit über Anwendung der Kündigungsfrist Ein Unternehmen sprach im Dezember 2012 unter „Wahrung der arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist“ gegenüber einer Mitarbeiterin eine betriebsbedingte Kündigung zum 30. Juni 2013 aus. Der Betrieb des Unternehmens sollte eingestellt werden. Die arbeitsvertragliche Regelung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses lautet dabei wie folgt: „Die Kündigungsfrist beträgt beiderseits sechs Monate zum 30. Juni oder 31. Dezember des Jahres.“ Allerdings war die Arbeitnehmerin der Auffassung, dass für die Kündigung die gesetzliche Kündigungsfrist gelten müsse. Damit wäre die Kündigung im Dezember 2012 mit einer gesetzlichen Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende zum 31. Juli 2013 wirksam gewesen, nicht zum 30. Juni 2013. Das Arbeitsgericht Berlin schloss sich dieser Auffassung an. Anders das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin: es kam zu dem Ergebnis, dass die Kündigung zum 30. Juni 2013 wirksam wurde, weil die vertragliche Kündigungsfrist maßgeblich sei. Letzte Instanz BAG: Günstigkeitsvergleich der Kündigungsfristen Letztlich entschied das BAG und bestätigte die Auffassung der Klägerin. Das Arbeitsverhältnis wurde durch die Kündigung mit der gesetzlichen, nicht mit der vertraglichen Kündigungsfrist beendet, also zum 31. Juli 2013. Dabei betonten die Richter: Geht es um die Frage, ob die gesetzliche oder eine arbeitsvertraglich vereinbarte Kündigungsfrist zur Anwendung kommt, muss ein sog. Günstigkeitsvergleich zwischen den jeweiligen Kündigungsregelungen stattfinden. Dieser Vergleich muss dabei abstrakt erfolgen und nicht bezogen auf den konkreten Kündigungstermin. Denn bei den gesetzlichen Kündigungsfristen handelt es sich um Mindestfristen zum Zwecke des Arbeitnehmerschutzes. Deshalb würde es nicht ausreichen, dass die arbeitsvertragliche Frist zur Arbeitgeberkündigung dem Arbeitnehmer für einen überwiegenden Teil des Jahres Kalenderjahres besseren Schutz gewährt. Maßgeblich sei die Fristenregelung – ob gesetzlich oder vertraglich –, die dem Arbeitnehmer immer besseren Schutz böte. Im Fall der gekündigten Arbeitnehmerin war eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum 30. Juni bzw. 31. Dezember arbeitsvertraglich geregelt. Im unmittelbaren Vergleich mit der anzuwendenden gesetzlichen Regelung nach BGB war diese Regelung jedoch nur in acht von zwölf Monaten des Jahres für die Arbeitnehmerin „günstiger“. Insofern war die gesetzliche Kündigungsfrist von sieben Monaten für die Klägerin abstrakt günstiger und damit auf die Kündigung anzuwenden. Das Urteil des BAG lautete also folgerichtig: die Kündigung aus dem Dezember 2012 wurde zum 31. Juli 2013 wirksam. Fazit Sind in einem Arbeitsvertrag Kündigungsbedingungen vereinbart, die von gesetzlichen Kündigungsregelungen für Arbeitgeberkündigungen abweichen, müssen diese Kündigungsfristen in einem Günstigkeitsvergleich gegenübergestellt werden. So kann ermittelt werden, welche Regelung zur Anwendung kommt und damit, welcher Kündigungszeitpunkt wirksam ist. Maßgeblich ist dann, welche Kündigungsregelung abstrakt – nicht im Vergleich zum konkreten Kündigungszeitpunkt! –, vorteilhafter für den Arbeitnehmer ist. Sind Sie nicht sicher, ob im Falle Ihrer Kündigung die gesetzliche oder die Kündigungsfrist aus dem Arbeitsvertrag gilt? Ich prüfe das gerne für Sie – sprechen Sie mich einfach konkret darauf an. Sie erreichen mich telefonisch unter oder per E-Mail an .weiterlesen
Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber ist der Arbeitnehmer im Normalfall durch die abgestuften Kündigungsfristen nach Betriebszugehörigkeit vor einem sofortigen Arbeitsplatzverlust geschützt. Doch was ist im umgekehrten Fall, wenn der Arbeitgeber sich auch vor einem sofortigen Arbeitnehmerverlust schützen will und die Einhaltung der gleichen Kündigungsfristen vom Arbeitnehmer verlangt? Darüber entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil v. 28.05.2009 – 8 AZR 896/07 und stellte fest, dass eine Regelung im Arbeitsvertrag, nach der sich die geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen auch auf die Kündigung durch den Arbeitnehmer erstrecken, sehr wohl zulässig sein kann. Das Problem Normalerweise kann ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von nur einem Monat gegenüber dem Arbeitgeber beenden. Häufig wird jedoch im Arbeitsvertrag vereinbart, dass eine Arbeitnehmerkündigung unter Beachtung der gleichen (längeren) Kündigungsfristen für eine Arbeitgeberkündigung möglich ist. Die Pflicht, eine Kündigung unter Beachtung der Fristen für die Arbeitgeberkündigung auszusprechen, ist in den meisten Fällen allerdings eine Verlängerung der Kündigungsfrist des Arbeitnehmers. Der Fall vor dem BAG Ein Arbeitgeber vereinbarte im Arbeitsvertrag mit einem Arbeitnehmer, dass das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten unter Einhaltung der normalerweise nur für den Arbeitgeber gesetzlich geltenden Kündigungsfristen nach § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ordentlich gekündigt werden kann. Wörtlich stand im Arbeitsvertrag: „Nach Ablauf der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits ordentlich unter Einhaltung der für den Arbeitgeber nach § 622 BGB gesetzlich geltenden Kündigungsfristen gekündigt werden.“ Der Arbeitnehmer sah diese Klausel als unwirksam an und hielt sich bei seiner Kündigung nur an die normale einmonatige Kündigungsfrist für Arbeitnehmer. Da es sich um einen Formulararbeitsvertrag handelte, argumentierte er, die Klausel sei intransparent, überraschend, unklar und deshalb unwirksam. Dem hielt der Arbeitgeber entgegen, dass die Regelung der Kündigungsfrist wirksam sei und der Arbeitnehmer deshalb einen Monat länger hätte arbeiten müssen, als er es getan hatte. Denn nach sechsjähriger Betriebszugehörigkeit hätte wegen der wirksamen vertraglichen Regelung eine Kündigungsfrist von zwei Monaten, nicht nur von einem Monat gegolten. Urteil: Verlängerung der Kündigungsfrist für Arbeitnehmer zulässig Das BAG gab dem Arbeitgeber Recht. Denn die vertragliche Klausel über die Kündigungsfrist benachteiligt den Arbeitnehmer nicht unangemessen, wie der allerdings argumentiert hatte. Dieses Ergebnis begründet das BAG vor allem mit zwei Argumenten: Kein Verstoß gegen Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Laut BAG ist die Regelung im Arbeitsvertrag (s.o.) hinreichend bestimmt. Im Vertrag steht, dass nach Ablauf der Probezeit „beiderseits” die Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis ordentlich, unter Einhaltung der gesetzlich geltenden Kündigungsfristen für den Arbeitgeber nach § 622 BGB zu kündigen. Ein Arbeitnehmer kann als „aufmerksamer und sorgfältiger Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr“ unschwer erkennen, dass auch er nur unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen nach § 622 BGB ordentlich kündigen konnte. Die fehlende genaue Verweisung auf § 622 Abs. 2 BGB macht die Klausel nicht intransparent. Keine überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB Die Verlängerung der Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer ist in einem Formular(arbeits)vertrag alltäglich und nicht überraschend. Das Gesetz selbst sieht diese Gestaltungsmöglichkeit vor, § 622 Abs. 5 S. 3 BGB. Genauso sind „Gleichbehandlungsabreden“ im Gesetz bedacht, die für den Arbeitgeber die gesetzlich verlängerten Fristen auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer erstrecken (§ 622 Abs. 6 BGB). Fazit Laut Bundesarbeitsgericht ist eine Klausel im Arbeitsvertrag zulässig, die bestimmt, dass ein Arbeitnehmer bei einer Eigenkündigung die gleichen gesetzlichen Kündigungsfristen wie der Arbeitgeber zu wahren hat – auch wenn das die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer verlängert. Sie sind Arbeitnehmer und wollen Ihren Arbeitsvertrag kündigen? Sie sind sich aber nicht sicher, welche Frist zu beachten ist? Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch unter oder per E-Mail an !weiterlesen
Überlange Kündigungsfristen für die Arbeitnehmerkündigung sind unzulässig, auch wenn die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber im gleichen Umfang verlängert wird. Ein Arbeitgeber hat durch eine Zusatzvereinbarung die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer von zunächst vier Wochen zum Monatsende, zusammen mit einer Gehaltserhöhung von 50%, auf drei Jahre zum Monatsende verlängert. Diese überlange Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer erklärte das BAG für unzulässig. Im Namen des Volkes! URTEIL In Sachen hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, die Richterinnen am Bundesarbeitsgericht Spelge und Gallner sowie den ehrenamtlichen Richter Klapproth und die ehrenamtliche Richterin Döpfert für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Januar 2016 – 3 Sa 406/15 – wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten nach einer Eigenkündigung des beklagten Arbeitnehmers über die Wirksamkeit einer Kündigungsfrist von drei Jahren zum Monatsende. Der Beklagte war für die Klägerin seit 1. Dezember 2009 als Speditionskaufmann tätig. Die Klägerin ist ein bundesweit tätiges Speditions- und Transportunternehmen. Seit den Jahren 2006/2007 unterhält sie eine Niederlassung in L. Dort wurden einschließlich des Beklagten sieben Arbeitnehmer beschäftigt. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 24. November 2009 lautet in Teilen: § 1 Aufgabengebiet und Kompetenzen Der Arbeitnehmer wird den weiteren Ausbau und Aufbau der Aktivitäten der Firma für die Niederlassung der J GmbH in L in den Bereichen nationale/internationale Charterverkehre als Speditionskaufmann mit verantwortlicher Ergebniskontrolle steuern. Er unterstützt die Geschäftsführung der J GmbH beim Betriebs- und Geschäftsaufbau. Der Arbeitnehmer berichtet fachlich und disziplinarisch direkt an die Geschäftsleitung der J GmbH. … § 3 Arbeitszeit und Nebentätigkeit Der Arbeitnehmer hat seine volle Arbeitskraft sowie sein ganzes Wissen und Können in die Dienste der Firma zu stellen. Vereinbart ist eine 45-Stunden-Woche. Die Kernarbeitszeit ist von 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr von Montag bis Freitag. … § 9 Vergütung Der Arbeitnehmer erhält ein Monatsentgelt in Höhe von € 1400,- (Eintausendvierhundert Euro) brutto. Dieses Gehalt wird am Ende eines jeden Monats zur Zahlung fällig. Die Zahlung der Vergütung erfolgt bargeldlos. Hiermit sind alle Ansprüche aus Urlaubs- und Weihnachtsgeld abgegolten. … § 12 Vertragsdauer und Kündigung Der Vertrag tritt mit Wirkung vom 01.12.2009 in Kraft und ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der Zeitraum vom 01.12.2009 bis 31.05.2010 gilt als Probezeit. Während dieser Probezeit ist jede Vertragspartei berechtigt, das Anstellungsverhältnis mit einer Frist von 2 Wochen zu kündigen. Wird das Arbeitsverhältnis fortgeführt, so ist es ein unbefristetes Arbeitsverhältnis und kann von jeder Vertragspartei mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Die Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die Firma ist berechtigt, den Arbeitnehmer unter Weiterzahlung seiner Bezüge für den Zeitraum ab Zugang der Kündigungserklärung und der wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses von seiner Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen.“ Die Parteien trafen unter dem 14. Juni 2012 eine von der Klägerin formulierte Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag. In ihr heißt es auszugsweise: 1. Gehaltserhöhung Der Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer mit Wirkung ab 01. Juni 2012 eine Gehaltserhöhung. Das Gehalt bestimmt sich nunmehr wie folgt: Das monatliche Bruttogehalt erhöht sich auf 2400,- €. Ab einem monatlichen Reinerlös von € 20.000,-(zwanzigtausend Euro) auf 2800,- €. 2. Die Parteien sind sich einig, dass im Hinblick auf die außerordentliche Gehaltserhöhung noch folgende Änderungen ihres Arbeitsvertrages vereinbart werden: a) Die gesetzliche Kündigungsfrist verlängert sich für beide Seiten auf drei Jahre zum Monatsende. b) Das gegenwärtig vereinbarte Gehalt wird bis zum Ablauf des 30.05.2015 nicht erhöht und bleibt bei einer späteren Neufestsetzung wieder mindestens zwei Jahre unverändert bestehen. c) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dem Arbeitgeber eine Vertragsstrafe in Höhe von zwei Bruttomonatsgehältern, also 4800,- €, zu bezahlen, wenn er das Arbeitsverhältnis vertragswidrig beendet. Sollte sich die verwirkte Strafsumme im Einzelfall als unbillig erweisen, ist sie durch gerichtliches Urteil zu bestimmen.“ Am 22. Dezember 2014 bemerkte ein Arbeitnehmer der L Niederlassung das Programm „PC-Agent“, das im Auftrag der Klägerin Anfang 2014 installiert worden war und zur Überwachung des Arbeitsverhaltens geeignet ist. Das Programm hatte bis zu diesem Zeitpunkt unerkannt auf allen Computern der Arbeitnehmer in der L Filiale gearbeitet. Es dokumentierte den Arbeitsverlauf. Der Beklagte kündigte sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27. Dezember 2014 zum 31. Januar 2015. Neben ihm kündigten fünf weitere Arbeitnehmer der Niederlassung in L ihre Arbeitsverhältnisse. Das der Klägerin am 29. Dezember 2014 zugegangene Kündigungsschreiben des Beklagten lautet: „Sehr geehrter Herr J, ich kündige hiermit ordnungsgemäß und fristgerecht meinen Arbeitsvertrag zum 31.01.2015. Bis zu diesem Tag stelle ich Ihnen meine Arbeitskraft voll zur Verfügung. Ich bitte Sie, mir ein qualifiziertes berufsförderndes Arbeitszeugnis auszustellen. …“ Die Klägerin stellte den Beklagten daraufhin bis zum 31. Januar 2015 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei und zahlte die Vergütung fort. Zum 1. Februar 2015 nahm der Beklagte eine Tätigkeit bei einer anderen Spedition in L auf. Auch die fünf weiteren Arbeitnehmer der L Niederlassung der Klägerin, die ihre Arbeitsverhältnisse gekündigt hatten, wurden von dieser Spedition eingestellt. Die Klägerin will festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten fortbesteht. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2015 zu kündigen. Die verlängerte vertragliche Kündigungsfrist sei individuell ausgehandelt worden. Sie sei wirksam, weil sie für beide Seiten gelte und sich die Vergütung des Beklagten deutlich erhöht habe. Die Verlängerung der Kündigungsfrist sei selbst dann wirksam, wenn die Abrede eine Allgemeine Geschäftsbedingung sei. Sie benachteilige den Beklagten nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer Kündigungsfristen, als sie das Gesetz vorsehe, sei bis zu der Grenze von fünfeinhalb Jahren wirksam. Auch bei Befristungen sei eine Kündigung vor dem Befristungsende nicht zulässig, wenn keine Kündigungsmöglichkeit vereinbart worden sei. Dem Beklagten sei es ein dringendes Anliegen gewesen, seinen Arbeitsplatz zu sichern. Deshalb könne er sich nicht auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Kein vernünftiger Arbeitgeber stelle den Arbeitnehmer drei Jahre lang unter Fortzahlung des Entgelts frei. Eine außerordentliche Kündigung habe der Beklagte nicht erklärt. Die Klägerin hat – soweit für die Revision von Interesse – beantragt festzustellen, dass das zwischenweiterlesen