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Arbeitnehmer und Arbeitgeber können ein Arbeitsverhältnis u.a. mit einem sog. Aufhebungsvertrag einvernehmlich beenden. Bei einer solchen einvernehmlichen Beendigung vereinbaren sie häufig eine Abfindung für den Arbeitnehmer. Was aber ist, wenn der Arbeitgeber nach Abschluss des Aufhebungsvertrags insolvent wird und die Abfindung nicht bezahlen kann? Kann der Arbeitnehmer vom Aufhebungsvertrag zurücktreten? Mit dieser Frage befasste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 10.11.2011 – 6 AZR 342/10). Aufhebungsvertrag: Rücktritt bei Insolvenz? Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, ein bestehendes Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag zu beenden. Meist vereinbaren die Parteien im Rahmen des Aufhebungsvertrages einen finanziellen Ausgleich. Diese sog. Abfindung dient quasi als Gegenleistung für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Schließt ein Arbeitgeber einen solchen Aufhebungsvertrag, muss er diese Abfindung grundsätzlich auch bezahlen. Zahlt der Arbeitgeber nicht, steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich ein gesetzliches Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 BGB zu. Wenn der Arbeitnehmer erfolgreich den Rücktritt erklärt, wird in der Folge der Zustand wiederhergestellt, der ohne Aufhebungsvertrag bestanden hätte. Das heißt: der Arbeitnehmer kann seine Arbeit wieder aufnehmen und hat Anspruch auf Lohn. Aber hat der Arbeitnehmer auch ein Rücktrittsrecht, wenn der Arbeitgeber die Abfindung nicht zahlen kann? Der Fall vor dem Bundesarbeitsgericht Im Fall, mit dem sich das BAG beschäftigt hat, hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag geschlossen. Hierin war neben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindungszahlung vorgesehen. Nachdem die Parteien den Vertrag geschlossen hatten, wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet, die Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer blieb aus. Der Arbeitnehmer und spätere Kläger verlangte dennoch Zahlung der fälligen Abfindung. Der Insolvenzverwalter verweigerte die Zahlung und verwies den Arbeitnehmer auf die Möglichkeit, seinen Anspruch zur Insolvenztabelle anzumelden. Daraufhin erklärte der Arbeitnehmer den Rücktritt vom Aufhebungsvertrag und erhob Klage zum Arbeitsgericht: er wollte u.a. festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch den Aufhebungsvertrag beendet wurde. Darüber hinaus macht er einen Wiedereinstellungsanspruch geltend. BAG: kein Rücktrittsrecht bei Insolvenz Das BAG hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe in dieser Konstellation kein Rücktrittsrecht zu. Grundsätzlich sei ein Rücktritt von einem Aufhebungsvertrag durch den Arbeitnehmer zwar möglich, wenn der Arbeitgeber die vereinbarte Leistung nicht erbringt. Anders sei das aber zu beurteilen, wenn der Arbeitgeber gar nicht mehr in der Lage sei, die Leistung – hier die Zahlung der Abfindung –, zu erbringen. Die Forderung des Klägers sei rechtlich nicht mehr durchsetzbar. Vielmehr handele es sich bei ihr nun um eine Insolvenzforderung. Der Arbeitgeber könne und dürfe nach Insolvenzeröffnung die vereinbarte Abfindung gar nicht mehr zahlen. Daher stehe dem Kläger kein Rücktrittsrecht zu. Fazit Wenn der Arbeitgeber nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags in Insolvenz fällt und die vereinbarte Abfindung nicht zahlen kann, steht dem Arbeitnehmer kein Rücktrittsrecht zu. Er hat daher auch keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Arbeitnehmern sei daher geraten, vor Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags u.a. darauf zu achten, ob dem Arbeitgeber die Insolvenz droht. Aber auch sonst kann ein solcher Aufhebungsvertrag Tücken haben, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Sie wollen oder sollen einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen? Ich prüfe als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne den Vertragsentwurf Ihres Arbeitgebers und beantworte Ihre Fragen zu den Folgen eines solchen Vertrags. Sprechen Sie mich gerne direkt an, telefonisch in Augsburg unter oder per E-Mail an .weiterlesen
Ein Aufhebungsvertrag ist eine Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. In der Regel bieten Arbeitgeber Arbeitnehmern einen solchen Vertrag an, wenn eine Arbeitgeber-Kündigung rechtlich auf wackeligen Beinen steht. Ein Aufhebungsvertrag kann jedoch für Arbeitnehmer Nachteile mit sich bringen. Insofern stellt sich die Frage, inwieweit der Arbeitgeber verpflichtet ist, seinen Noch-Arbeitnehmer über mögliche Nachteile dieser Aufhebung aufzuklären. Darüber urteilte bereits das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil v. 10.03.1988 – Az.: 8/AZR 420/85). Trifft Arbeitgeber Hinweispflicht beim Aufhebungsvertrag? Grundsätzlich ist der Aufhebungsvertrag ein normaler zivilrechtlicher Vertrag, mit dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein bestehendes Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufheben. Dabei sind sie vollkommen frei, den Zeitpunkt festzulegen, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Es muss weder ein Kündigungsgrund vorliegen noch müssen sich die Parteien an eine Frist halten. Das sorgt für rechtlich klare Verhältnisse und ist für den Arbeitnehmer meist zudem mit einer finanziellen Abfindung verbunden. Der Aufhebungsvertrag hat allerdings auch Nachteile für Arbeitnehmer: so kann man sich nicht auf Kündigungsschutz berufen, also keine Kündigungsschutzklage erheben. Außerdem kann den Arbeitnehmer eine Sperrfrist für Arbeitslosengeld treffen, wenn die Aufhebung so zeitnah erfolgt, dass keine Kündigungsfrist eingehalten wird. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht dann für eine gewisse Zeit. Rechtsgrundlage dafür ist heutzutage § 158 Sozialgesetzbuch III (SGB III). Fall vor dem BAG Bis vor das BAG zog eine Arbeitnehmerin, die rund 15 Jahre für ihren Arbeitgeber gearbeitet hatte. Als der Arbeitgeber einigen Kollegen einen Aufhebungsvertrag für ihren Arbeitsvertrag anbot, der Arbeitnehmerin aber nicht, bot sie dem Arbeitgeber an, auch ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufzulösen. Damit war der Arbeitgeber einverstanden, man einigte sich auf einen Aufhebungsvertrag inklusive einer Abfindung „für die mit der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbundenen Nachteile“. Einen Tag nach Ende des Arbeitsverhältnisses meldete dich die Arbeitnehmerin arbeitslos. Arbeitslosengeld wurde ihr jedoch nicht nahtlos gewährt, denn das Arbeitsamt ordnete das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs an. Der Grund dafür: die Aufhebung erfolgte früher als die Kündigungsfrist gewesen wäre, die ordentliche Kündigungsfrist war nicht berücksichtigt worden. So ordnete das Arbeitsamt eine achtwöchige Sperrzeit für das Arbeitslosengeld an. Deswegen wollte sich die Arbeitnehmerin vom Aufhebungsvertrag lösen: der Vertrag sei nicht wirksam, weil sie ihn so nicht unterzeichnet hätte, wenn ihr die Sperre für das Arbeitslosengeld bekannt gewesen wäre. Ihr Ex-Arbeitgeber hätte sie darüber aufklären müssen. Das sah der Arbeitgeber anders und verwehrte sich gegen Schadensersatzforderungen der Ex-Mitarbeiterin. Er habe die Arbeitnehmerin ausreichend aufgeklärt und nicht zuletzt sei die Initiative für die Aufhebung von der Arbeitnehmerin ausgegangen. Er habe auf eine mögliche Sperrzeit für das Arbeitslosengeld hingewiesen, mehr Auskunft sei ihm nicht möglich, da Ruhens- bzw. Sperrzeit einzelfallabhängig seien. BAG: Arbeitnehmer muss sich selbst schlau machen Vor dem BAG bekam die Arbeitnehmerin letztlich nicht recht – der Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitgeber war wirksam, ein Anspruch auf Schadensersatz würde nicht bestehen. Die Richter waren der Auffassung, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin ausreichend über die Folgen des Aufhebungsvertrages aufgeklärt hatte. Vor allem wenn die Initiative für die Aufhebung von der Arbeitnehmerseite käme, müsse ein Arbeitnehmer sich selbst über die Folgen seines Tuns informieren und im Klaren sein. Allein wenn der Arbeitgeber damit rechnen müsse, dass der Arbeitnehmer die Folgen des Aufhebungsvertrages falsch einschätze, müsse der Arbeitgeber den Arbeitnehmer umfassender und klarer informieren. Im konkreten Fall sei es allerdings ausreichend gewesen, die Arbeitnehmerin auf eine mögliche Sperrfrist für das Arbeitslosengeld hinzuweisen. Folgen der Entscheidung Wer als Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen will, sollte sich über die Folgen dieser Vertragsaufhebung im Klaren sein und muss sich darüber grundsätzlich selbst informieren. Denn eine Anfechtung des Aufhebungsvertrages, weil man sich über die ALG-Sperrfristen nicht im Klaren war und der Arbeitgeber nicht explizit darüber aufgeklärt hat, ist grundsätzlich nur schwer möglich. Sie wollen einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen, sind sich aber über die Folgen nicht im Klaren? Ich beantworte als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne Ihre Fragen und prüfe den Aufhebungsvertrag Ihres Arbeitgebers! Sprechen Sie mich gerne direkt an, telefonisch in Augsburg unter oder per E-Mail an .weiterlesen
Wer bis zu sechs Wochen am Stück krank ist, hat für diesen Zeitraum Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Was aber ist, wenn man sich direkt im Anschluss wegen einer anderen Erkrankung weiter krankschreiben lässt? Muss der Arbeitgeber auch dann weiter Lohn zahlen? Mit dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht beschäftigt (BAG Urteil v. 11.12.2019, Az.: 5 AZR 505/18). Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Wenn ein gesetzlich versicherter Arbeitnehmer krank wird und dadurch arbeitsunfähig ist, hat er gegen seinen Arbeitgeber weiterhin Anspruch auf volle Gehaltszahlung. Dieser Anspruch ist allerdings grundsätzlich für jede neue Erkrankung auf sechs Wochen beschränkt. Sowohl der Anspruch als auch seine Befristung ergeben sich aus § 3 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz). Das bedeutet grundsätzlich: erkrankt man unmittelbar nach einer Erkrankung erneut und erkrankt an einer anderen Erkrankung als zuvor, kann man auch für die erneute Erkrankung für insgesamt sechs Wochen Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber verlangen. Ein Arbeitnehmer bekommt allerdings nur dann automatisch weiter Lohn, wenn die „erste“ Arbeitsunfähigkeit zu Beginn der neuen Arbeitsunfähigkeit bereits beendet war. Exakt diese Tatsache muss der Arbeitnehmer beweisen. Das gelte auch dann, wenn die neue Erkrankung auf einem anderen Grundleiden beruhe als die ursprüngliche Erkrankung, die Anlass für die vorangehende Arbeitsunfähigkeit war, so das BAG. Der Fall vor dem Bundesarbeitsgericht Im Fall, den das BAG entschieden hat, klagte eine Altenpflegerin gegen ihren Arbeitgeber. Sie verlangte von ihm etwa 3.400 Euro zzgl. Zinsen als Entgeltfortzahlung. Im Jahr 2017 war sie wegen einer psychischen Erkrankung für drei Monate arbeitsunfähig krankgeschrieben. Für den Tag unmittelbar nach der Arbeitsunfähigkeit hatte sie eine Operation geplant. Wegen dieser Operation und ihrer Folgen ließ sie sich am letzten Tag der ersten Arbeitsunfähigkeit erneut für weitere sechs Wochen krankschreiben. Für diesen Zeitraum der zweiten Krankschreibung zahlte der Arbeitgeber kein Gehalt und die Krankenkasse kein Krankengeld. Die Altenpflegerin war allerdings der Ansicht, dass sie bei der neuen Arbeitsunfähigkeit wegen eines neuen Leidens krankgeschrieben war. Daher hätte sie auch einen neuen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für weitere sechs Wochen. Der Arbeitgeber hingegen ging von einem sog. „einheitlichen Verhinderungsfall“ aus. Daher habe die Arbeitnehmerin insgesamt nur einmal für sechs Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Für diese sechs Wochen der ersten Erkrankung hatte der Arbeitgeber auch tatsächlich den vollen Lohn bezahlt. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Das BAG gab dem Arbeitgeber Recht: die Arbeitnehmerin habe keinen zweiten Anspruch auf Lohnfortzahlung gegen ihren Arbeitgeber. Wenn sich in engem zeitlichen Zusammenhang an die erste Arbeitsunfähigkeit eine zweite anschließe, müsse der Arbeitnehmer beweisen, dass die erste Arbeitsunfähigkeit zuende war, bevor die zweite begann. Eben diesen Beweis konnte die Altenpflegerin jedoch nicht erfolgreich antreten. Was heißt das für die Praxis? Wenn zwei Krankschreibungen unmittelbar aufeinander folgen – oder zumindest in engem zeitlichen Zusammenhang stehen –, muss der Arbeitnehmer beweisen, dass die ursprüngliche Erkrankung zum Zeitpunkt der zweiten Krankschreibung bereits überwunden war. War das nicht der Fall oder gelingt schlichtweg der Beweis nicht, entsteht kein zweiter Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber gem. § 3 EFZG. Waren Sie länger erkrankt, sind erneut erkrankt und Ihr Arbeitgeber weigert sich, Ihnen weiter Gehalt zu zahlen? Ich prüfe als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne für Sie, ob Sie einen (zweiten) Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben, und setze diesen ggfs. für Sie durch. Sie erreichen mich telefonisch unter oder per E-Mail an .weiterlesen
Mit einem Aufhebungsvertrag können Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag einvernehmlich beenden. Der Aufhebungsvertrag ist dabei ein „ganz normaler“ Vertrag nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Für den Aufhebungsvertrag gelten damit die gleichen gesetzlichen Regeln wie für alle Verträge, wenn es um ihre Wirksamkeit geht oder wenn sie rückgängig gemacht werden sollen. Ob man sich von einem Aufhebungsvertrag lösen kann, wenn der Vertrag unter Einfluss von Restalkohol unterzeichnet wurde und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer überrumpelt, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (BAG, Urteil vom 14.02.1996, Az.: 2 AZR 234/95). Aufhebungsvertrag: wie er zustande kommt Der Aufhebungsvertrag ist ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Zweck dieses Vertrages ist, ein laufendes Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Da beim Aufhebungsvertrag der Arbeitnehmer aktiv mitwirken und einverstanden sein muss, hat der Arbeitnehmer also erheblichen Einfluss darauf, ob, wann und wie das Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag beendet wird. Zudem gilt ein Schriftformerfordernis: wird der Vertrag nicht schriftlich geschlossen, ist er von vornherein nicht wirksam. Unwirksam kann der Vertrag außerdem sein, wenn er „im Zustand der Bewusstlosigkeit“ nach § 105 Abs. 2 BGB geschlossen wurde. Wurde er wirksam geschlossen, kann man sich nur wieder davon lösen, wenn der Vertrag z. B. wegen Irrtum anfechtbar ist. Aufhebungsvertrag unter Einfluss von Restalkohol Das BAG entschied über einen Fall, in dem ein alkoholkranker Arbeitnehmer nach einer durchzechten Nacht einen Aufhebungsvertrag unterzeichnete, von dem sich dieser Arbeitnehmer jedoch nachträglich lösen wollte. Der Grund für das Aufhebungsbegehren des Arbeitgebers: der Arbeitnehmer hatte dem Arbeitgeber zwei Jahre zuvor gefälschte AU-Bescheinigungen vorgelegt. Deshalb wollte man sich schnellstmöglich von dem Arbeitnehmer trennen. Dafür suchten Vertreter des Arbeitgebers den Arbeitnehmer morgens unangekündigt in seiner Wohnung auf und legten ihm einen vorformulierten Aufhebungsvertrag vor, den der Arbeitnehmer auch unterzeichnete. In der Zeit darauf kam der Arbeitnehmer jedoch zu der Auffassung, dieser Aufhebungsvertrag sei nicht wirksam oder zumindest angreifbar. Deshalb erhob er Klage zum Arbeitsgericht und wollte festgestellt wissen, dass der Aufhebungsvertrag seinen Arbeitsvertrag nicht beendet hatte. Denn er habe am Abend vor der Unterzeichnung des Vertrags sehr viel Alkohol getrunken und habe deswegen bei der Unterzeichnung deswegen noch stark unter Alkoholeinfluss gestanden. Deswegen hätte er sich in einem Zustand der Bewusstlosigkeit i.S.v. § 105 Abs. 2 BGB befunden – der Vertrag sei daher unwirksam. Wenigstens hätte der Arbeitgeber ihm aber Bedenkzeit einräumen und ihn über die negativen Folgen der Aufhebung aufklären müssen. BAG: keine Bewusstlosigkeit bei Restalkohol Erfolg hatte der Kläger vor dem Arbeitsgericht und vor dem Landesarbeitsgericht nicht. Und auch vor dem BAG scheiterte der klagende Arbeitnehmer. Der Aufhebungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Denn die Tatsache, dass der Arbeitnehmer noch unter Restalkohol gestanden habe, reiche nicht aus, um von einer Bewusstlosigkeit nach § 105 Abs. 2 BGB auszugehen. § 105 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass eine Willensbildung völlig ausgeschlossen ist. Eine bloße Abschwächung oder Minderung reiche nicht aus, so die Richter. Und auch die Tatsache, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu Hause aufgesucht und keine Bedenkzeit eingeräumt habe, sei irrelevant: als Arbeitnehmer würde man sich bei einem Aufhebungsvertrag nicht in einer „strukturell unterlegenen Verhandlungsposition“ befinden. Denn gerade bei diesem Vertrag habe der Arbeitnehmer maßgeblich Einfluss auf das „Ob“, das „Wie“ und „Wann“ des Aufhebungsvertrages. Letztlich hatte in der Beurteilung der Richter auch die fehlende Aufklärung über mögliche negative Folgen des Vertrages (Einschränkungen beim ALG I) keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages. Dieses Verhalten würde – wenn überhaupt – lediglich Schadensersatzansprüche auslösen. Aufhebungsvertrag gut überdenken und prüfen lassen Wer einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet, kommt von diesem Vertrag nicht so schnell wieder los, wie der Vertrag unterzeichnet wurde. Denn vor allem die gesetzlichen Anforderungen an eine Anfechtbarkeit z. B. wegen Irrtum sind hoch. Und sich auf Bewusstlosigkeit zu berufen, dürfte in den allermeisten Fällen scheitern. Bevor Sie als Arbeitnehmer also einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen, sollten Sie genau überlegen, ob das für Sie tatsächlich die beste Option ist, und den Vertrag bestenfalls anwaltlich prüfen lassen. Dabei unterstütze ich Sie als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne! Sie erreichen mich telefonisch unter oder per E-Mail an .weiterlesen
Mit einem Aufhebungsvertrag einen Arbeitsvertrag zu beenden ist – neben der Kündigung – in der Praxis die häufigste Art, ein Arbeitsverhältnis zu beenden. In manch einer Konstellation stellt sich dann die Frage, ob ein solcher Aufhebungsvertrag wie jeder andere Vertrag nachträglich angefochten werden kann. Dazu nahm das Bundesarbeitsgericht Stellung (BAG, Urteil v. 16.02.1983, Az.: 7 AZR 134/81). Aufhebungsvertrag und Anfechtung Der Aufhebungsvertrag ist ein „normaler“ Vertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Er hat die Aufhebung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand. Im Gegensatz zur Kündigung ist beim Aufhebungsvertrag also die Mitwirkung des Arbeitnehmers notwendig. Verträge können im deutschen Recht jedoch angefochten werden, um sie rückgängig zu machen, wenn ein Anfechtungsgrund vorliegt. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) nennt als Anfechtungsgründe z. B. den Erklärungsirrtum und Inhaltsirrtum. Aber auch wenn der Vertrag unter widerrechtlicher Drohung zustande gekommen ist, ist eine Anfechtung möglich. Beim Erklärungsirrtum gibt ein Vertragspartner eine Erklärung ab, die er nicht abgeben wollte (verschreibt oder verspricht sich). Beim sog. Inhaltsirrtum irrt sich ein Vertragspartner über die Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung. Will ein Vertragspartner den Vertrag wegen Drohung anfechten, muss der andere Vertragspartner ein „empfindliches Übel“ in Aussicht gestellt haben, wenn der Vertrag nicht unterzeichnet wird. Der Fall: Aufhebungsvertrag unter Zeitdruck Im konkreten Fall übergab der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin eine ordentliche Kündigung. Anschließend führten beide Parteien ein Gespräch. Nach dem Gespräch unterzeichnete die Arbeitnehmerin eine vom Arbeitgeber vorformulierte Erklärung. Inhalt war die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in beiderseitigem Einverständnis – es handelte sich also um einen Aufhebungsvertrag. Die Arbeitnehmerin unterschrieb, obwohl sie zuvor vergebens um Bedenkzeit bis zum nächsten Tag gebeten hatte. Kurze Zeit später teilte die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber mit, dass sie im fünften Monat schwanger sei und bat um Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber lehnte das ab. Daraufhin erklärte die Arbeitnehmerin die Anfechtung des Aufhebungsvertrages: wegen Irrtum und Drohung. Zudem erhob sie Klage zum Arbeitsgericht auf Feststellung, dass sie den Aufhebungsvertrag wirksam angefochten habe und das Arbeitsverhältnis deshalb weiter besteht. Bundesarbeitsgericht: kein Anfechtungsgrund gegeben Das Arbeitsgericht wies die Klage der Arbeitnehmerin ab, das Landesarbeitsgericht entschied zugunsten der Arbeitnehmerin. So ging das Verfahren vor das Bundesarbeitsgericht (BAG). Das BAG entschied letztlich wie das Arbeitsgericht in der ersten Instanz: Die Richter führten aus, dass das Kündigungsverbot aus § 9 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) dem Aufhebungsvertrag nicht entgegensteht. Die Norm schränke nach Ansicht des Gerichts nur die Kündigungsbefugnis des Arbeitgebers ein, nicht jedoch die Vertragsfreiheit der Arbeitnehmerin einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Auch einen beachtlichen Irrtum als Grundlage für eine Anfechtung sahen die Richter nicht als gegeben. Ein Irrtum über Rechtsfolgen einer Willenserklärung würde nur ausnahmsweise zur Anfechtung berechtigen. Das sei der Fall, wenn die Rechtsfolgen selbst Inhalt der Willenserklärung geworden sind und dem Erklärenden über diesen Inhalt ein Irrtum unterläuft. Die Willenserklärung einer schwangeren Arbeitnehmerin enthält im Rahmen des Aufhebungsvertrags allerdings keinen Verzicht auf mutterschutzrechtliche Ansprüche. Und nicht zuletzt waren die Schwangerschaft und sich daraus ergebende Mutterschutzrechte nicht Gegenstand der Unterredung, die Arbeitgeber und Arbeitnehmerin bei Abschluss des Aufhebungsvertrags führten. Nicht zuletzt erkannten die Richter auch keine Drohung des Arbeitgebers, die zur Anfechtung durch die Arbeitnehmerin berechtigen würde. Das Drängen auf unverzügliches Unterschreiben eines Vertrages an sich ist keine Drohung, wenn nicht ausdrücklich negative Konsequenzen angedroht werden, falls man nicht unterzeichnet. Anfechtung Aufhebungsvertrag unter engen Voraussetzungen Eine Aufhebungsvertrag kann – wie jeder andere privatrechtliche Vertrag – nach den Regelungen des BGB angefochten werden. Für einen Arbeitsvertrag gelten dabei aber die gleichen engen Voraussetzungen für eine Vertragsanfechtung wie generell. Wer die Aufhebung seines Arbeitsvertrages angeboten bekommt, sollte daher vorher gut überlegen, ob er diesen Vertrag wirklich unterzeichnen will und die Situation inkl. Prüfung des Aufhebungsvertrag von einem Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen. Sie haben Fragen zum Aufhebungsvertrag? Sprechen Sie mich gerne an unter oder per E-Mail an .weiterlesen
Bevor Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen, versuchen sie oftmals, mithilfe eines Clearingverfahrens Stellen zu retten. Hierbei handelt es sich um ein internes Stellenbesetzungsverfahren. Sie möchten dadurch betriebsbedingte Kündigungen verhindern und Arbeitnehmer auf anderen Stellen weiterbeschäftigen. Was aber ist, wenn ein solches Clearingverfahren erfolglos war? Darf der Arbeitgeber dann außerordentlich kündigen? Darüber hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (BAG, Urteil v. 27.06.2019 , Az.: 2 AZR 50/19). Außerordentliche und ordentliche Kündigung im Arbeitsrecht Das Arbeitsrecht differenziert zwischen ordentlicher und außerordentlicher Kündigung. Eine außerordentliche Kündigung darf der Arbeitgeber aussprechen, wenn er hierfür einen wichtigen Grund anführen kann (§ 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Es darf zudem kein milderes Mittel geben, das der Arbeitgeber anwenden könnte (sog. Ultima-ratio-Prinzip). Bei einer ordentlichen Kündigung, die aus betriebsbedingten Gründen vorgenommen werden soll, ist vorab vom Arbeitgeber eine Sozialauswahl vorzunehmen. Er hat hierbei die sozialen Umstände des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Hierzu zählt, wie lange der Arbeitnehmer dem Betrieb bereits angehört, ob er durch Unterhaltspflichten belastet ist oder bei ihm eine Schwerbehinderung vorliegt. Wenn nach dieser Auswahl immer noch mehrere Arbeitnehmer für eine Kündigung infrage kommen, ist demjenigen zu kündigen, für den das Arbeitsverhältnis am ehesten verzichtbar ist. Diese Vorgaben zur Sozialauswahl sind zwar bei einer außerordentlichen Kündigung nicht direkt anwendbar. Allerdings ist der Arbeitgeber trotzdem verpflichtet, die hierdurch vorgegebenen Schranken zum Schutz des Arbeitnehmers zu beachten. Worüber hat das BAG konkret entschieden? In dem Fall, der dem BAG zur Entscheidung vorlag, bestimmte der Tarifvertrag, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer nicht ordentlich kündbar war. Der Arbeitgeber hatte die Abteilung, in der der Arbeitnehmer tätig war, an einen anderen Ort verlegt. Anschließend führte er ein Clearingverfahren durch. Während dieses Verfahrens nahm der Arbeitnehmer an diversen Weiterbildungen teil. Hierzu zählten Sprachkurse und Seminare. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer weiter im Unternehmen angestellt sein könnte. Sämtliche interne Bewerbungen blieben aber erfolglos, da kein Fachbereich sich für ihn entschied. Nachdem der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer demnach keine alternative Beschäftigung gefunden hat, kündigte er das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Die Zustimmung des Integrationsrats zur Kündigung lag vor. Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung hingegen legten Widerspruch ein. Der Arbeitnehmer wehrte sich gegen diese Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage. Er war 30 Jahre im Unternehmen tätig und wollte dies auch weiterhin sein. Er führte zur Begründung an, dass kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliege. Der Arbeitgeber hielt dem entgegen, dass keine geeignete Stelle für den Arbeitnehmer im Betrieb vorhanden sei. Er habe auch keine Sozialauswahl durchführen müssen, da eine ordentliche Kündigung nach dem Tarifvertrag ohnehin ausgeschlossen gewesen sei. Sozialauswahl trotz Clearingverfahrens? Der Arbeitnehmer hatte mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht Frankfurt a.M. und vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen Erfolg. Auch das BAG folgte den Vorinstanzen und erklärte die außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers für unzulässig. Es fehle an einem wichtigen Grund. Die Kündigung könne auch nicht in eine ordentliche umgedeutet werden. Dies verhindere der Tarifvertrag. Grundsätzlich sei es zwar nicht ausgeschlossen, dass ein wichtiger Grund vorliege, wenn gar keine Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer bestehe. Der Arbeitgeber sei aber dennoch verpflichtet, eine Kündigung durch geeignete Maßnahmen zu verhindern. Den einfachen Verweis auf ein durchgeführtes Clearingverfahren ließ das BAG nicht gelten. Der Arbeitgeber habe hiermit nicht alle Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung ausgeschöpft. Auch fehle es an der notwendigen Sozialauswahl. Das Clearingverfahren sei gerade keine Sozialauswahl und ersetze eine solche auch nicht. Ziel des Clearingverfahrens sei es, alternative Beschäftigungsmöglichkeiten bei Betriebsänderungen zu finden. Wenn es keine solchen gebe, müsse der Arbeitgeber eine Sozialauswahl treffen. Fazit Vor einer betriebsbedingten Kündigung hat der Arbeitgeber eine Sozialauswahl durchzuführen. Das häufig vorgenommene Clearingverfahren kann diese nicht ersetzen. Hat Ihr Arbeitgeber Ihnen gekündigt? Oder befinden Sie sich gerade mitten in einem Clearingverfahren? Ich beantworte als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne Ihre Fragen und unterstütze Sie in einem ggf. erforderlichen Kündigungsschutzprozess. Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch unter oder per E-Mail an .weiterlesen
Wenn ein Betrieb auf einen neuen Inhaber übergeht, stellt sich oftmals die Frage, unter welchen Voraussetzungen bestehende Arbeitsverhältnisse gekündigt werden können. Das Landesarbeitsgericht Köln hat sich in seiner Entscheidung vom 16.08.2018 mit diesem Problem befasst (LAG Köln, Urteil v. 16.08.2018, Az.: 7 Sa 118/18). Wann darf Arbeitgeber nach Betriebsübergang kündigen? § 613 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestimmt, dass bei einer Veräußerung eines Betriebs sämtliche bestehenden Arbeitsverhältnisse auf den neuen Betriebsinhaber übergehen. Der neue Arbeitgeber kann eine Kündigung nicht allein mit dem Betriebsübergang begründen. Betriebsbedingte Kündigungen oder Änderungskündigungen darf er allerdings aussprechen. Wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nicht weiterbeschäftigen kann, hat er einerseits die Möglichkeit, betriebsbedingt zu kündigen. Wenn nur der konkrete Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers gestrichen wird, kann der Arbeitgeber auch eine Änderungskündigung aussprechen. Er kann dann dem Arbeitnehmer anbieten, auf einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb weiterzuarbeiten. Das muss er so in der Kündigung formulieren. Die Änderungskündigung ist gegenüber der betriebsbedingten Kündigung vorrangig. Worum ging es vor dem LAG Köln? Der Arbeitnehmer wandte sich u.a. mit einer Änderungskündigungsschutzklage gegen eine Änderungskündigung seines ursprünglichen Arbeitgebers. Dieser hatte die Kündigung bereits ausgesprochen, bevor anschließend über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Weitere ordentliche betriebsbedingte Kündigungen anderer Mitarbeiter – nun durch den Insolvenzverwalter – folgten. Auf einer Namensliste mit allen gekündigten Mitarbeitern tauchte der Name des Arbeitnehmers nicht auf. Ein neuer Arbeitgeber kaufte das Unternehmen, wobei u.a. eine Personalliste Verhandlungsgrundlage war. Diese Aufstellung beinhaltete alle zum Zeitpunkt der Betriebsübernahme ungekündigten Mitarbeiter. Auch diese Liste erwähnte den betroffenen Arbeitnehmer nicht. Der Arbeitnehmer wurde also weder als gekündigter noch als ungekündigter Mitarbeiter geführt. Das bereits laufende Änderungskündigungsschutzverfahren gegen den alten Arbeitgeber erweiterte der Arbeitnehmer auch auf den neuen Arbeitgeber. Dieser kündigte dem Arbeitnehmer nun seinerseits betriebsbedingt, wogegen der Arbeitnehmer wiederum mit einer Kündigungsschutzklage vorging. Betriebsbedingte Kündigung laut LAG Köln unwirksam Das Arbeitsgericht Siegburg betrachtete die betriebsbedingte Kündigung als unwirksam. Diese Ansicht wurde durch das LAG Köln bestätigt. Es wies die Berufung des Arbeitgebers zurück. Es hätten keine dringenden betrieblichen Gründe vorgelegen. Die Kündigung sei unwirksam, was sich aus verschiedenen Gründen ergebe, von denen jeder einzelne zur Unwirksamkeit führe. 1. Zunächst sei gerade keine Betriebsänderung ausschlaggebend für die betriebsbedingte Kündigung gewesen. Es sei für diese Bewertung irrelevant, dass der neue Arbeitgeber weder von der Existenz des Arbeitnehmers noch von dem bereits laufenden Kündigungsschutzprozess gewusst habe. 2. Der neue Arbeitgeber müsse im Fall einer betriebsbedingten Kündigung die Verhältnisse berücksichtigen, die zum Zeitpunkt des Unternehmenskaufvertrags vorlagen. Stützt er sich darauf, dass er zu diesem Zeitpunkt unternehmerische Entscheidungen getroffen habe, wird die Kündigung an eben jenen Verhältnissen gemessen. Im konkreten Fall wäre eine – vorrangige –Änderungskündigung möglich gewesen. Der tatsächliche Zeitablauf zwischen Unternehmenskauf und Ausspruch der Kündigung dürfe den Arbeitnehmer nicht benachteiligen. 3. Der Arbeitnehmer hatte sich zwar gegen die Änderungskündigung des früheren Arbeitgebers gewehrt. Dennoch darf der neue Arbeitgeber nicht davon ausgehen, dass auch eine erneute Änderungskündigung sinnlos gewesen sei. Er hätte vor der betriebsbedingten Kündigung zunächst eine Änderungskündigung aussprechen müssen. Aus vorangegangenem Verhalten des Arbeitnehmers dürfe der neue Arbeitgeber keine Rückschlüsse ziehen. Fazit Ein Betriebsübergang hindert den neuen Arbeitgeber nicht daran, Arbeitnehmern zu kündigen. Er darf eine Kündigung aber nicht mit dem Betriebsübergang begründen, sondern muss eine davon unabhängige Begründung anführen können. Sie fürchten einen Betriebsübergang Ihres Unternehmens und damit einhergehende Kündigungen? Oder wurde Ihnen bereits gekündigt? Ich helfe Ihnen als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne! Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch unter oder per E-Mail an .weiterlesen
Sind Arbeitnehmer längere Zeit arbeitsunfähig krank, muss der Arbeitgeber vor einer Kündigung ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführen. Ziel ist es, die Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten möglichst schnell zu überwinden und den Arbeitsplatz des Betroffenen im Einzelfall zu erhalten. Ob eine krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitsvertrages auch ohne BEM wirksam sein kann, entschied das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 22.02.2019, Az.: 17 Sa 1605/18). Kündigung wegen Krankheit: wie ist die Rechtslage? Grundsätzlich ist es möglich, dass ein Arbeitsverhältnis wegen einer Erkrankung des Arbeitnehmers kündigt wird. Dabei gelten jedoch enge Voraussetzungen. Bei einer länger andauernden Erkrankung ist für eine krankheitsbedingte Kündigung eine negative Gesundheitsprognose für die Zukunft erforderlich. Durch die Erkrankung muss eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher oder wirtschaftlicher Interessen des Arbeitgebers drohen. Zusätzlich ist eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers an der Kündigung und den Interessen des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses vorzunehmen: Die Kündigung muss das mildeste Mittel sein, um das Problem zu lösen (sog. ultima-ratio-Prinzip). In der Regel stellt aber nicht die Kündigung, sondern ein BEM ein solches milderes Mittel dar. Das bedeutet: Wenn der Arbeitgeber vor der krankheitsbedingten Kündigung kein BEM durchführt, geht die Interessenabwägung im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung meist zugunsten des Arbeitnehmers aus. Arbeitnehmer mehr als drei Jahre krank Ein Arbeitnehmer verlor bei einem Arbeitsunfall den Großteil seines linken Daumens. Wegen dieser Verletzung, aus psychischen Gründen und aufgrund eines Asthmaleidens war er mehr als drei Jahre arbeitsunfähig krank. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen Krankheit. Der Arbeitnehmer erhob gegen diese Kündigung Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht. Er behauptete, sein Arbeitgeber trage die Schuld an seinen psychischen Problemen. Er habe sich außerdem durch Aussagen seines Arbeitgebers schikaniert gefühlt. Daher vermied der Arbeitnehmer in der Zeit seiner Abwesenheit jeden Kontakt zu seinem Arbeitgeber. Sein Arbeitgeber versuchte hingegen wiederholt, mit ihm in Kontakt zu treten, um über seine weiteren Einsatzmöglichkeiten im Betrieb zu sprechen. Ein Verfahren zum BEM bot der Arbeitgeber jedoch nicht an. Aufgrund dieses Verhaltens ging der Arbeitgeber davon aus, dass der Arbeitnehmer sowieso nicht teilgenommen hätte. LAG: nicht immer BEM vor krankheitsbedingter Kündigung Das Arbeitsgericht Eberswalde wies die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers ab. Dagegen legte der Arbeitnehmer Berufung ein. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wies die Berufung zurück, der Arbeitnehmer unterlag auch hier. Auch das LAG Berlin-Brandenburg bewertetet die Kündigung als wirksam. Das Gericht führte aus, dass eine über drei Jahre andauernde krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit auf eine Fortdauer der Erkrankung in der Zukunft hindeutet. Auch sah das Gericht in der Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen: Bei einer Abwägung der Arbeitsgeber- und Arbeitnehmerinteressen überwogen nach Auffassung der Richter die Belange des Arbeitgebers. Das Argument, dass ein BEM vor der krankheitsbedingten Kündigung nicht durchgeführt wurde, reichte in diesem Fall ebenfalls nicht: Grundsätzlich stelle die Durchführung eines BEM ein milderes Mittel zu einer Kündigung dar, so die Richter. Das gelte jedoch nicht, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, dass die Durchführung eines entsprechenden Verfahrens nutzlos geblieben wäre. Davon durfte der Arbeitgeber in diesem Fall ausgehen, da der Arbeitnehmer den Kontakt zum Arbeitgeber während der gesamten Zeit der Erkrankung mied. Die Einladung zu dem Verfahren wäre Förmelei gewesen. In diesem Fall war deswegen eine krankheitsbedingte Kündigung ohne Durchführung eines BEM rechtmäßig. Bedeutung für die Praxis Eine langfristige Erkrankung des Arbeitnehmers kann zu einer krankheitsbedingten Kündigung führen. Dabei ist grundsätzlich ein BEM durchzuführen. Das gilt allerdings nicht, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, dass das Verfahren nutzlos wäre – etwa weil der Arbeitnehmer nicht teilnehmen würde. Deshalb sollte ein Arbeitnehmer, der nicht krankheitsbedingt gekündigt werden will, sich während der Krankheitszeit grds. als bereit für die Teilnahme an einem BEM zeigen, um sich nicht selbst leichtfertig bestimmte arbeitsrechtliche Möglichkeiten zu nehmen. Hat Ihnen Ihr Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen einer Erkrankung gekündigt? Haben Sie generell Fragen zum BEM? Ich unterstütze Sie als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne! Sie erreichen mich per E-Mail an oder telefonisch unter .weiterlesen
Wenn Arbeitnehmer schwerwiegende Pflichtverletzungen begehen, droht häufig die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Dabei ist genau zu unterscheiden, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Pflichtverletzung nachweisen kann oder ob nur ein dringender Verdacht besteht. Welche Anforderungen an eine Kündigung zu stellen sind, wenn „nur“ der Verdacht einer schweren Pflichtverletzung – z.B. einer Straftat im Arbeitsverhältnis – im Raum steht, entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 30.04.2019, Az.: 1 Sa 385 öD/18). Gravierende Pflichtverletzung durch Arbeitnehmer: wie ist die Rechtslage? Verstößt ein Arbeitnehmer in gravierender Weise gegen seine vertraglichen Pflichten, etwa weil er eine Straftat zulasten des Arbeitgebers im Rahmen des Arbeitsverhältnisses begeht, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen. Dabei unterscheidet man zwischen der sog. Tatkündigung und der sog. Verdachtskündigung, die der Arbeitgeber jeweils als ordentliche Kündigung oder außerordentliche (fristlose) Kündigung aussprechen kann. Steht zweifelsfrei fest, dass der Arbeitnehmer eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat, ist eine Tatkündigung möglich. Ist es dem Arbeitgeber dagegen nicht möglich, eine schwere Pflichtverletzung nachzuweisen, kann er eine Verdachtskündigung aussprechen. Dabei muss der Arbeitgeber allerdings einen dringenden Tatverdacht haben. Auch ist er verpflichtet, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um den Sachverhalt aufzuklären. Hierzu zählt auch die Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers. Zusätzlich muss der Arbeitgeber eine Interessenabwägung durchführen. Der Fall: schwerwiegende Pflichtverletzung? Der Lebensgefährte einer Arbeitnehmerin war beim gleichen Unternehmen beschäftigt wie seine Lebensgefährtin. Er veranlasste eine Überweisung i. H. v. 5.000.000,00 € von einem Konto des Arbeitgebers auf ein Konto des Vaters der Arbeitnehmerin. Der Vater der Arbeitnehmerin hatte sich – gemeinsam mit der Arbeitnehmerin – kurz zuvor ein Haus für ca. 440.000 € gekauft. Den Kaufpreis zahlte der Vater und nutzte dafür einen Teilbetrag der rechtswidrigen Überweisung, die der Lebensgefährte seiner Tochter veranlasst hatte. Außerdem überwies er € 10.000,00 € an seine Tochter. Das Arbeitgeberunternehmen deckte die Unregelmäßigkeiten auf: Es fand eine Durchsuchung der Arbeitsplätze der Arbeitnehmerin statt, der Arbeitgeber gab der Arbeitnehmerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Vorfällen. Die Arbeitnehmerin erklärte, dass sie an strafbaren Handlungen nicht beteiligt war und hiervon auch nichts wusste. Dennoch kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich – als Tat- und Verdachtskündigung. Die Arbeitnehmerin erhob daraufhin Kündigungsschutzklage. Entscheidung des LAG Das Arbeitsgericht erklärte die fristlose Kündigung für unwirksam. Wirksam sei dagegen die ordentliche Kündigung des Arbeitgebers gewesen. Gegen diese Entscheidung legte die Arbeitnehmerin Berufung ein. In der Berufung entschied das Landesarbeitsgericht, dass auch die ordentliche Kündigung der Arbeitnehmerin unwirksam war. Die Voraussetzungen für eine Tatkündigung würden nicht vorliegen: eine schwerwiegende Pflichtverletzung könne der Arbeitgeber nicht nachweisen. Zwar gebe es gravierende Verdachtsmomente im Zusammenhang mit der Überweisung durch ihren Lebensgefährten. Diese reichen allerdings nicht aus, um einen Tatnachweis zu führen. Und auch eine Verdachtskündigung war nach Ansicht der Richter nicht möglich. Zwar bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Arbeitnehmerin einen erheblichen Pflichtverstoß im Zusammenhang mit der Überweisung begangen hat. Sie wurde jedoch vom Arbeitgeber nicht ordnungsgemäß angehört. Gerade im Falle einer Verdachtskündigung bestehe jedoch die Gefahr, dass Beschuldigungen zu Unrecht erfolgen. Daher muss der Arbeitnehmer die Möglichkeit erhalten, gegenüber dem Arbeitgeber zu den konkreten Vorwürfen Stellung zu nehmen. Aufgrund der Durchsuchungen gab es ganz konkrete Verdachtsmomente. Diese konkreten Verdachtsmomente hätte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin vorhalten müssen, damit sie sich dazu konkret hätte äußern können. Das war im vorliegenden Fall nicht geschehen und damit auch die ordentliche Kündigung unwirksam. Zusammenfassung Kann der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine schwere Pflichtverletzung nachweisen, kommt eine Tatkündigung in Betracht. Besteht hingegen nur ein dringender Tatverdacht, ist eine Verdachtskündigung möglich. Damit diese Kündigung jedoch wirksam ist, muss der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um den Sachverhalt tatsächlich aufzuklären, und muss dem Arbeitnehmer Gelegenheit geben, zu den ganz konkreten Vorwürfen Stellung zu nehmen. Wirft Ihr Arbeitgeber Ihnen eine schwerwiegende Pflichtverletzung vor und hat Ihnen deswegen gekündigt? Ich unterstütze Sie als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne! Sie erreichen mich per E-Mail an oder telefonisch unter .weiterlesen
Soll man als Arbeitnehmer gekündigt werden, ist das ein Umstand, den viele nicht ohne weiteres akzeptieren wollen. Will man die Kündigung nicht akzeptieren, reicht es allerdings nicht aus, ein Kündigungsschreiben des Arbeitgebers ungelesen wieder zurückzugeben. Mit einem solchen Fall befasste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Urteil v. 07.01.2004, Az. 2 AZR 388/03. Zugang der Arbeitgeberkündigung Soll ein Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber mit einer (ordentlichen) Kündigung beendet werden, ist diese Kündigung nur wirksam, wenn sie schriftlich erfolgt (§ 623 BGB) und dem Arbeitnehmer zugeht. Wird das Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer per Post zugestellt, ist die Rede von einem „Zugang unter Abwesenden“, wird die Kündigung persönlich ausgehändigt, vom „Zugang unter Anwesenden“. Beides ist für den wirksamen Zugang einer Kündigung möglich und grundsätzlich gilt: Für den rechtlich wirksamen Zugang der Kündigung ist es nicht notwendig, dass der Arbeitnehmer die Kündigung liest. Er muss lediglich die Möglichkeit haben, das Kündigungsschreiben zur Kenntnis zu nehmen, also Verfügungsgewalt über das Kündigungsschreiben erlangen. Bei einer Zustellung per Post reicht damit das Einwerfen des Schreibens in den Briefkasten des Arbeitnehmers. Übergibt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen verschlossenen Briefumschlag, in dem das Kündigungsschreiben enthalten ist, ist das für den Zugang der Kündigung grundsätzlich ausreichend. Andernfalls könnten Arbeitnehmer den Zugang und damit die gesamte Kündigung durch das Verweigern der Annahme des Kündigungsschreibens torpedieren. Fall vor dem BAG Die Parteien eines Arbeitsverhältnisses stritten vor den Arbeitsgerichten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung. Der Arbeitgeber hatte zunächst versucht, die Kündigung per Kurier zuzustellen. Nachdem das nicht gelang, besuchte der Personalchef des Arbeitgebers den Arbeitnehmer zu Hause. Er übergab ihm einen verschlossenen Briefumschlag mit dem Kündigungsschreiben. Jedoch verweigerte der Arbeitnehmer eine Empfangsbestätigung, da er nicht wusste, welchen Inhalt das Schreiben hatte. Zudem gab er dem Arbeitgebervertreter das Kündigungsschreiben ungeöffnet zurück. Der Arbeitgeber war der Auffassung, auf diese Weise dennoch wirksam gekündigt zu haben. Der Arbeitnehmer betrachtet die Kündigung als unwirksam, weil ihm die Kündigung nie zugegangen sei. Als der Arbeitnehmer erfuhr, welchen Inhalt der Umschlag gehabt hatte, erhob er gegen die Kündigung Klage. Ziel dieser Kündigungsschutzklage war die Feststellung, dass die Kündigung unwirksam war, weil die Kündigung nicht zugegangen war und das Arbeitsverhältnis deshalb fortbestehen würde. Zugang der Kündigung: auch bei Rückgabe des ungeöffneten Kündigungsschreibens Die Klage blieb allerdings in allen Instanzen erfolglos. Unstreitig war, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben persönlich verschlossen ausgehändigt hatte. Der Zugang der Kündigung erfolgte damit in diesem Augenblick der Übergabe. Die Tatsache, dass der Arbeitnehmer das Schreiben nicht geöffnet und nicht gelesen habe, sei hingegen irrelevant: der Arbeitnehmer hatte die faktische Möglichkeit, vom Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen. Das sei ausreichend. Als irrelevant beurteilten die Richter außerdem die Rückgabe des Schreibens und die Frage, ob der Arbeitnehmer das Schreiben von selbst zurückgegeben habe oder auf Aufforderung des Personalchefs hin. Auswirkungen für die Praxis Eine Kündigung lässt sich nicht durch Rückgabe des ungeöffneten Kündigungsschreibens verhindern oder indem man sich schlichtweg weigert, das Kündigungsschreiben anzunehmen. Wurde Ihnen gekündigt? Haben Sie Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung – aus formellen Gründen oder weil Sie der Auffassung sind, dass ein notwendiger Kündigungsgrund nicht vorlag? Dann sprechen Sie mich gerne an – ich unterstütze Sie als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne! Sie erreichen mich telefonisch unter oder per E-Mail an .weiterlesen
Wortgefechte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommen hin und wieder vor. Je nach Branche können diese Wortgefechte auch recht deutlich ausfallen. So im Falle eines Mannes, der auf einer Baustelle seinen Vorgesetzten als „Arschloch“ bezeichnete. Ob diese Beschimpfung eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigt, hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln zu entscheiden (LAG Köln, Urteil vom 04.07.2019, Az.: 7 Sa 38/19). Kündigungen im Arbeitsrecht In diesem Fall hatte der Arbeitgeber als Folge der Beschimpfung die außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen. Zudem hatte er für den Fall, dass diese Kündigung ohne Frist nicht möglich ist, hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausgesprochen. Im Falle einer ordentlichen Kündigung muss kein konkreter Kündigungsgrund vorliegen, um ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Nur wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift, muss ein Grund für die Kündigung gegeben sein. Dieser Grund kann dann im Verhalten des Arbeitnehmers (verhaltensbedingte Kündigung), in der Person des Arbeitnehmers (personenbedingte Kündigung) oder im Unternehmen liegen (betriebsbedingte Kündigung). Anders verhält es sich bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung. Bei einer solchen Kündigung muss immer ein wichtiger Grund vorliegen, damit das Arbeitsverhältnis ohne Abwarten einer Kündigungsfrist beendet werden kann. Es muss dabei ganz allgemein ein wichtiger Grund für eine solche Kündigung vorliegen und auch der konkrete Einzelfall muss eine Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist rechtfertigen. Vorgesetzten „Arschloch“ nennen: fristlose Kündigung wirksam? Im Fall, den das LAG zu entscheiden hatte, hatte der Mitarbeiter eines Unternehmens im Streit seinen anwesenden Vorgesetzten auf einer Baustelle als „Arschloch“ bezeichnet. Vor der Beschimpfung hatte der Vorgesetze des Arbeitnehmers den Arbeitnehmer harsch kritisiert: dafür, dass mit bestimmten Arbeiten noch nicht begonnen worden war einerseits. Außerdem geriet man in Streit, wo und wie der Arbeitnehmer den Firmenwagen abstellen solle. Im Anschluss an diesen Streit verließ der Arbeitnehmer die Baustelle für den restlichen Tag unentschuldigt. Der Arbeitgeber hatte ihm daraufhin außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt (s.o.). Landesarbeitsgericht: fristlose Kündigung unwirksam Diese Kündigung wollte der Arbeitnehmer nicht akzeptieren. Er erhob deshalb Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht. Diese Klage blieb erfolglos. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts legte der Arbeitnehmer beim Landesarbeitsgericht Berufung ein. Vor dem Landesarbeitsgericht war der Arbeitnehmer dann teilweise erfolgreich: Die fristlose Kündigung erklärte das LAG für unwirksam. Die ordentliche Kündigung war hingegen auch nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts wirksam. Für die fristlose Kündigung hätte ein wichtiger Grund vorliegen müssen – allgemein und im ganz konkreten Fall. Dazu führte das LAG aus, dass es zwar grundsätzlich ein wichtiger Grund für eine Kündigung ist, wenn ein Arbeitnehmer seinen Vorgesetzten als „Arschloch“ bezeichnet. Im konkreten Einzelfall wäre dies jedoch anders zu beurteilen. Im Arbeitsverhältnis war es mehr als 10 Jahre nicht zu Schwierigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gekommen. Zudem sei der Vorgesetzte am Verlauf des Streitgesprächs nicht unbeteiligt gewesen. Nicht zuletzt würde „auf dem Bau“ zudem grundsätzlich ein rauerer Umgangston herrschen als andernorts. In diesem Fall würde deshalb die Beleidigung als solche nicht ausreichen, den Mitarbeiter fristlos zu kündigen. Die ordentliche Kündigung war hingegen wirksam. Auf Kündigungsschutz konnte der Arbeitnehmer sich in diesem Fall nicht berufen. Andere Gründe für die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung waren im Verfahren nicht vorgetragen worden. Beleidigung nicht immer ausreichend für fristlose Kündigung Die Beleidigung des Arbeitgebers durch einen Arbeitnehmer kann den Arbeitgeber zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigen. Aber nicht jede Beleidigung berechtigt automatisch zu einer fristlosen Kündigung. Denn vor allem in diesen Fällen kommt es stets auf die Umstände des konkreten Einzelfalles an. Sie zweifeln an der Wirksamkeit Ihrer (fristlosen) Kündigung? Sie haben Fragen zu den Möglichkeiten einer Kündigungsschutzklage? Kontaktieren Sie mich gerne unverbindlich telefonisch unter oder per E-Mail an . Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstütze ich Sie gerne.weiterlesen