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Betriebsratsschulungen sind sinnvoll, damit Betriebsräte sich mit Rechten und Pflichten ihrer Tätigkeit vertraut machen und ihr Amt gut ausüben können. Denn nicht jedes gewählte Betriebsratsmitglied ist mit den Regelungen des Betriebsverfassungsrechts vertraut. Aber wer bezahlt eine Betriebsratsschulung? Damit hat sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen befasst und kommt zu dem Ergebnis: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Kosten für Betriebsratsschulungen zu tragen. Das gilt selbst dann, wenn das Betriebsratsmitglied keine Zustimmung zur Teilnahme an der Schulung vom Arbeitgeber hatte und teure Seminargeschenke erhält (LAG Hessen, Beschluss v. 10.8.2020, Az.: 16 TaBV 177/19). Grundsatz: Arbeitgeber zahlt Betriebsratsschulung und Fortbildungskurse Betriebsräte dürfen nach § 37 Abs. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen teilnehmen. Das gilt jedenfalls dann, wenn diese Kurse Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Der Arbeitgeber muss das Betriebsratsmitglied entsprechend freistellen nach § 37 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG und gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG alle Kosten tragen, die dem Betriebsratsmitglied durch die Betriebsratstätigkeit entstehen. Der Arbeitgeber muss somit auch alle Kosten für relevante Fortbildungen tragen. Betriebsratsschulung ohne Arbeitgebererlaubnis mit wertvollen Seminargeschenken Im Fall vor dem LAG Hessen stritten sich Arbeitgeber und ein Betriebsrat u.a. um die Erstattung von Kosten für eine Betriebsratsschulung. Es ging um ein 4-tägiges Grundlagenseminar im Betriebsverfassungsrecht. Bei diesem Seminar erhielt jeder Teilnehmer ein Tablet, einen BetrVG-Kommentar, eine Textsammlung der Arbeitsgesetze, einen USB-Stick, einen Laserpointer, einen Taschenrechner und eine Tasche geschenkt. Eine Buchung der Teilnahme ohne Seminarbeigaben war nicht möglich. Die Seminargebühr betrug 831,81 EUR zzgl. Tagespauschale für Parkgebühren in Höhe von 233,98 EUR und Fahrtkosten in Höhe von 167,40 EUR. Der Betriebsrat beschloss, dass das neue Betriebsratsmitglied B an diesem Seminar teilnehmen sollte. Der Arbeitgeber lehnte die Teilnahme von B ab. B besuchte dennoch die 4-tägige Schulung. Als der Betriebsrat die Übernahme der Kosten für die Schulung von B verlangte, lehnte der Arbeitgeber die Übernahme der Kosten ab. Der Grund: die Seminargeschenke mit einem geschätzten Wert von 440,00 EUR. Die Schulungskosten seien wegen der Geschenke nicht angemessen gewesen, außerdem habe man keine Zustimmung zu dem überteuerten Seminar gegeben. Der Betriebsrat erhob daraufhin Klage auf Übernahme der Seminarkosten und bekam Recht. Kostenübernahme unabhängig von Erlaubnis oder Seminargeschenken Das LAG entschied, dass der Arbeitgeber die Kosten für die Betriebsratsschulung tragen muss. Entscheidend sei allein, ob es sich um erforderliche Kosten handle. Das sei der Fall, wenn die Schulungsveranstaltung erforderlich war, das Betriebsratsmitglied die auf dem Seminar vermittelten Inhalte benötigt, um sein Amt ausüben zu können. Bei einem erstmals gewählten Betriebsratsmitglied ist nach Auffassung des LAG dabei die Schulungsbedürftigkeit im Übrigen nicht näher darzulegen. Das gelte jedenfalls dann, wenn es sich um ein Grundlagenseminar zum Betriebsverfassungsrecht handle. Die Kosten seien auch nicht unangemessen hoch. Der Preis für die Teilnahme war nach Ansicht des Gerichts im Vergleich zu den marktüblichen Seminarpreisen einer entsprechenden Grundlagenschulung moderat. Außerdem war nicht feststellbar, dass die Seminarbeigaben den Seminarpreis verteuerten – eine Buchung ohne war nicht möglich. Daher entschied das Gericht, dass allein der Umstand, dass die Schulungsteilnehmer wertvolle Seminargeschenke bekommen, den Arbeitnehmer nicht aus seiner Pflicht entlässt, die Kosten für die Schulung zu tragen. Schulungskosten beim Arbeitgeber zurückfordern Der Fall des LAG ist ein Paradebeispiel für eine typische Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat aus der Praxis. Denn Arbeitgeber wehren sich nicht selten, Kosten für die Fortbildung bzw. Schulung von Betriebsräten zu tragen. Für Betriebsräte lohnt sich hier der Gang zum Arbeitsgericht, denn ein Großteil der Betriebsratsschulungen sind solche, die der Arbeitgeber bezahlen muss. Ihr Arbeitgeber weigert sich, die Betriebsratsschulung zu bezahlen? Oder bekommen Sie als Betriebsrat keine Erlaubnis zur Teilnahme an einer Fortbildung für Betriebsräte? Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfe ich Ihren Anspruch auf Übernahme der Kosten und helfe Ihnen bei Bedarf auch, die Kostenerstattung vor dem Arbeitsgericht durchzusetzen. Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch in Augsburg unter oder per E-Mail an .weiterlesen
Betriebsratswahlen sorgen immer wieder für rechtliche Turbulenzen. Zu rechtlichen Meinungsverschiedenheiten kann es dabei schon im Zusammenhang mit dem Wahlzettel zur Betriebsratswahl kommen. So in einem Fall, in dem der Wahlvorstand sämtliche Wahlbewerber der Vorschlagsliste auf dem Stimmzettel angab – insgesamt 96 Personen. Ein Verstoß gegen eine zwingende Wahlvorschrift, der zur Anfechtung der Betriebsratswahl führen kann – auch durch den Wahlvorstand selbst. So urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss vom 16.09.2020, Az.: 7 ABR 30/19). Anfechtung der Betriebsratswahl § 19 BetrVG Nach § 19 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist eine Betriebsratswahl anfechtbar, wenn bei der Wahl Wahlvorschriften verletzt wurden und das Einfluss auf das Wahlergebnis hatte. In einem solchen Fall kann das Arbeitsgericht nach einer Anfechtung der Betriebsratswahl die Wahl für ungültig erklären. Anfechtungsberechtigt ist jeder wahlberechtigte Arbeitnehmer. 96 Bewerber auf den Stimmzetteln Bei der streitigen Betriebsratswahl ließ der Wahlvorstand drei Vorschlagslisten zu. Die späteren Stimmzettel führten alle 96 Bewerber namentlich auf. Die Arbeitnehmer wählten u.a. drei Mitglieder des Wahlvorstands (A, B und C) zu Betriebsratsmitgliedern. Exakt diese Mitglieder des Wahlvorstandes und nun Betriebsratsmitglieder erklärten nach ihrer Wahl die Anfechtung eben dieser Betriebsratswahl. Der Wahlvorstand habe gegen § 11 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes (Wahlordnung – WO) verstoßen: man habe auf den Stimmzetteln alle Bewerber angegeben, nicht nur jeweils zwei pro Vorschlagsliste. Außerdem habe der Arbeitgeber die Wahl beeinflusst, indem er zwei Listen durch die Verteilung von Werbematerial und Schokoriegeln unterstützte. Anderer Auffassung war der Arbeitgeber: Einerseits seien A, B und C als ehemalige Mitglieder des Wahlvorstandes nicht anfechtungsberechtigt. C sei außerdem aus dem Betrieb ausgeschieden. Nicht zuletzt sah der Arbeitgeber keinen Anfechtungsgrund – und falls einer existieren würde, hätte sich ein Verstoß nicht auf das Wahlergebnis ausgewirkt. Denn eine unzulässige Wahlbeeinflussung durch den Arbeitgeber hätte nicht stattgefunden. Wahlvorstand und Ex-Arbeitnehmer sind anfechtungsberechtigt Recht bekamen vor dem BAG letztlich jedoch die Betriebsratsmitglieder. Zunächst stellte das BAG fest, dass A, B und C als Mitglieder des Wahlvorstands und auch Ex-Arbeitnehmer durchaus wahlanfechtungsberechtigt sind. Wahlvorstandsmitglieder können sich sogar auf selbst verursachte Verstöße berufen, wenn sie die Anfechtung nicht ausschließlich darauf stützen. So war es hier der Fall: Die Anfechtung wurde auch auf die Wahlbeeinflussung durch den Arbeitgeber gestützt. Außerdem stellt das BAG fest: auch ein Ex-Arbeitnehmer darf die Betriebsratswahl anfechten, wenn dieser Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der angefochtenen Wahl wahlberechtigt war. Das Ausscheiden aus dem Betrieb nimmt dem Arbeitnehmer nicht die Anfechtungsbefugnis. Etwas anderes gilt nur, wenn sämtliche Arbeitnehmer, die die Betriebsratswahl anfechten, inzwischen nicht mehr im Betrieb arbeiten. Vorschriften zur Stimmzettelgestaltung Betriebsratswahl zwingend Die Richter des BAG hielten die Anfechtung außerdem auch für begründet. Die fehlerhafte Gestaltung der Stimmzettel sei ein Verstoß gegen § 11 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 WO. Bei der Vorschrift handle es sich um eine wesentliche Wahlvorschrift, die nicht nur eine Mindestzahl anzugebender Bewerber definiere. Die Vorschrift bestimme auch zwingend, dass die beiden Bewerber, die auf der Vorschlagsliste an erster Stelle nach der Reihenfolge der Ordnungsnummern benannt sind, auf den Stimmzetteln untereinander anzugeben sind. Nicht zuletzt gingen die Richter auch davon aus, dass die Wahlentscheidung durch die Angabe sämtlicher Bewerber auf dem Stimmzettel durchaus beeinflusst wurde – etwa indem die Wahlentscheidung zugunsten einer der Listen mit der größten Zahl von Wahlbewerbern getroffen wurde. Da die Wahl also unter Verletzung von wesentlichen Wahlvorschriften erfolgt war, war die Anfechtung der Betriebsratswahl letztlich erfolgreich und die Wahl musste wiederholt werden. Auch Wahlvorstand kann Betriebsratswahl wegen Formfehlern anfechten Die Entscheidung zeigt, dass eine Betriebsratswahl selbst bei Formfehlern schnell anfechtbar und damit unwirksam ist. In einem solchen Fall kann sogar der Wahlvorstand die Wahl wegen eigener Fehler anfechten. Und nicht zuletzt dürfte es oft schwerfallen, die Beeinflussung des Wahlergebnisses durch den Formfehler ausschließen zu können. Sie haben Zweifel an der rechtmäßigen Durchführung der Betriebsratswahl bei Ihrem Arbeitgeber? Sie wollen eine Betriebsratswahl anfechten? Oder sind Sie im Wahlvorstand und wollen wissen, wie Sie die Wahl korrekt vorbereiten und durchführen? Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch in Augsburg unter oder per E-Mail an . Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstütze ich Sie gerne.weiterlesen
Der Betriebsratsvorsitzende ist krank und der Stellvertreter ist nicht erreichbar. Kann in diesem Fall ein anderes Betriebsratsmitglied die Betriebsratssitzung einberufen? Und sind Beschlüsse, die die Betriebsratsversammlung nach einer Einberufung durch ein „normales“ Betriebsratsmitglied fasst, wirksam? Nein, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss v. 28.07.2020, Az.: 1 ABR 5/19). Denn Betriebsratsversammlungen sind nach § 29 Abs. 2 S. 1 und S. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vom Vorsitzenden des Betriebsrats oder dessen Stellvertreter einzuberufen. Der Fall: Einberufung ohne Betriebsratsvorsitzenden bzw. Stellvertreter Im Fall vor dem BAG ging es um die Frage, ob das Arbeitgeberunternehmen verpflichtet war, im Zusammenhang mit einer Umgruppierung von Arbeitnehmern nach § 99 Abs. 1 BetrVG ein sog. Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten, um die Umgruppierung wirksam vornehmen zu können. Das Arbeitgeberunternehmen hatte die Zustimmung des Betriebsrats zu einer solchen Maßnahme beantragt, der Betriebsrat hatte jedoch seine Zustimmung verweigert. Nach Auffassung des Arbeitgebers existierte diese Zustimmungsverweigerung jedoch nicht, da der zugrunde liegende Betriebsratsbeschluss unwirksam war. Unstreitig war, dass der Betriebsratsvorsitzende zur Zeit der Einberufung arbeitsunfähig krank und nach § 38 Abs. 1 BetrVG von seiner Arbeitspflicht freigestellt war. Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende war im Urlaub. Deshalb lud ein „normales“ Betriebsratsmitglied in Anwesenheit des Betriebsratsvorsitzenden alle Betriebsratsmitglieder zu der Betriebsratssitzung ein, in der über die Zustimmung zur Umgruppierung entschieden werden sollte. Für die Einladungen verwendete es den passwortgeschützten E-Mail-Account des Betriebsratsvorsitzenden, unterzeichnete die E-Mail allerdings mit seinem eigenen Namen. In der entscheidenden Betriebsratssitzung beschlossen die Betriebsratsmitglieder einstimmig, die Zustimmung zu der Umgruppierung zu verweigern. Der Arbeitgeber führte die Umgruppierung ohne weitere Beteiligung des Betriebsrats und ohne Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens durch: man war der Auffassung, dass der Betriebsratsbeschluss über die Zustimmungsverweigerung unwirksam war. Der Betriebsrat habe damit die Zustimmung gem. § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht fristgerecht verweigert. Die Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens sei deshalb nicht notwendig gewesen. Da Arbeitgeber und Betriebsrat sich nicht darüber einig waren, ob die Umgruppierung wie geschehen hätte stattfinden dürfen bzw. ob sie wirksam war, musste letztlich das BAG entscheiden, ob der Arbeitgeber die Umgruppierung trotzt der ausgesprochenen Zustimmungsverweigerung vornehmen durfte. Fehlerhafte Ladung: Betriebsratsbeschluss über Zustimmungsverweigerung unwirksam Das BAG entschied, dass die Voraussetzungen für die Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht vorlagen. Der Betriebsrat habe die Zustimmung nicht wirksam verweigert. Damit war der Arbeitgeber nicht zur Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens verpflichtet. Der Arbeitgeber konnte die Umgruppierung deshalb auch ohne weitere Beteiligung des Betriebsrats wirksam durchführen. Der Betriebsrat habe die Zustimmungsverweigerung zur Umgruppierung zwar beschlossen und mitgeteilt. Der zugrunde liegende Betriebsratsbeschluss war jedoch wegen fehlerhafter Einberufung der Betriebsratsmitglieder unwirksam – damit auch die Zustimmungsverweigerung. Da weder der Betriebsratsvorsitzende noch dessen Stellvertreter die Versammlung einberufen hatten, hätte ein Ladungsfehler vorgelegen. Eine wirksame Ladung ist allerdings nach § 29 Abs. 2 S. 1 und S. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Voraussetzung für eine wirksame Einberufung der Betriebsratsversammlung und damit für wirksame Beschlüsse des Betriebsrates. Selbst die Tatsache, dass die Einladungen über den E-Mail-Account des Betriebsratsvorsitzenden in seiner Anwesenheit verschickt wurden, ändert daran nichts. Denn der Betriebsratsvorsitzende war arbeitsunfähig erkrankt und von seiner Arbeitsverpflichtung freigestellt. Das führt dazu, dass ein gem. § 38 Abs. 1 BetrVG freigestelltes Betriebsratsmitglied – wie hier der Betriebsratsvorsitzende – an der Wahrnehmung seines Amts verhindert ist. Damit führt die fehlerhafte Ladung zur Unwirksamkeit aller Beschlüsse, die in der Betriebsratsversammlung gefasst wurden, zu der fehlerhaft geladen wurde. Fazit: Betriebsräte sollten Ladungsfehler nicht unterschätzen Der BAG-Fall zeigt, welche weitreichenden Konsequenzen eine fehlerhafte Einberufung der Betriebsratsversammlung haben kann: Verstöße gegen gesetzliche Regelungen im Hinblick auf die formellen Anforderungen an die Ladung zur Betriebsratsversammlung machen den Betriebsratsbeschluss insgesamt unwirksam. Wichtig ist das vor allem für Betriebsratsvorsitzende und deren Stellvertreter. Denn für eine wirksame Ladung und damit wirksame Beschlüsse sind sie unverzichtbar! Das wird vor allem im Falle einer krankheitsbedingten Verhinderung wichtig. Betriebsräte sind damit gut beraten, für den Fall einer vorübergehenden Verhinderung des Betriebsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters ggf. Vertretungsregelungen z.B. in der Geschäftsordnung des Betriebsrates zu treffen. Sie haben Fragen im Zusammenhang mit einer möglicherweise fehlerhaften Ladung zu einer Betriebsratsversammlung? Sie wollen sich über Vertretungsregelungen für Ihre Geschäftsordnung informieren? Sprechen Sie mich an! Sie erreichen mich in Augsburg telefonisch unter oder per E-Mail an . Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstütze ich Sie gerne.weiterlesen
Der Betriebsrat hat im Unternehmen im Hinblick auf einige Dinge, die die Arbeitnehmer eines Unternehmens betreffen, bestimmte Mitbestimmungsrechte. Das gilt jedenfalls für etliche Maßnahmen, die gegenüber den Arbeitnehmern des Arbeitgebers gelten. Doch was ist mit Aushilfskräften oder Leiharbeitnehmern? Inwieweit ist der Betriebsrat hier vom Arbeitgeber zu beteiligen? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass der Betriebsrat zwingend beteiligt werden muss, wenn der Arbeitgeber neu eingestellte Leiharbeitnehmer in einen vorhandenen Schichtplan einteilt. Der Arbeitgeber kann diese Einteilung auch nicht vorläufig durchführen (BAG, Beschluss vom 28.7.2020, Az.: 1 ABR 45/18). Mitbestimmungsrechte bei Einstellung von Leiharbeitern Die Einstellung von Leiharbeitnehmern zählt zu den personellen Einzelmaßnahmen. Arbeitgeber müssen deswegen bei der Einstellung von Leiharbeitern nach § 99 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) die Zustimmung des Betriebsrates einholen. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, kann der Arbeitgeber die Einstellung nach § 100 BetrVG vorläufig vornehmen, wenn das aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. Ist der Betriebsrat der Auffassung, dass keine dringenden sachlichen Gründe vorliegen, kann er gegen diese Maßnahme Unterlassungsklage erheben. Und auch bei der Einteilung einzelner Arbeitnehmer in Schichtarbeit hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht – auch in Bezug auf Leiharbeitnehmer. Der Betriebsrat hat jedoch auch ein sog. Zustimmungsverweigerungsrecht. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung zu einer zustimmungsbedürftigen Maßnahme, muss der Arbeitgeber die Zustimmung ersetzen lassen (Zustimmungsersatzverfahren). Möglich ist diese Ersetzung durch einen Spruch der Einigungsstelle oder ein Urteil des Arbeitsgerichts. Wird die Zustimmung nicht ersetzt, ist die personelle Einzelmaßnahme nicht zulässig, der Arbeitgeber muss die Maßnahme unterlassen. Fall vor dem BAG: Einstellung von Leiharbeitnehmern für Schichtarbeit Arbeitgeber und Betriebsrat stritten sich um die vorübergehende Einstellung von Leiharbeitnehmern, die – wie die übrigen Arbeitnehmer auch – im Schichtbetrieb arbeiten sollten. Für die Schichtarbeit galt im Unternehmen die „Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten“ (BV ArbZ). Darin waren die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit der Schichtarbeiter und Schichtmodelle (Früh-, Tag-, Spät- und Nachtschicht) mit Schichtbeginn, Schichtende und die Lage der Pausen festgelegt. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung zur befristeten Einstellung von Leiharbeitnehmern im Schichtbetrieb. Daraufhin teilte die Arbeitgeberin mit, sie werde die Einstellungen als personelle Maßnahmen vorläufig durchführen und stellte 47 Leiharbeitnehmer im Schichtbetrieb ein. Dagegen erhob der Betriebsrat Unterlassungsklage. Bei der Zuweisung der eingesetzten Leiharbeitnehmer zu den vereinbarten Schichten stehe ihm ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu. Das sah der Arbeitgeber anders: die Schichteinteilung von Leiharbeitnehmern sei nicht mitbestimmungspflichtig, da sie keinen neuen Schichtplan aufstelle. Im Übrigen seien bei einer Einstellung von Arbeitnehmern die Regelungen in §§ 99, 100 BetrVG gegenüber dem Mitbestimmungsrecht vorrangig. Vorläufige Einstellung in Schichtbetrieb nur mit Zustimmung vom Betriebsrat Das BAG gab dem Betriebsrat Recht. Die Zuordnung der Leiharbeitnehmer in die Schichten gemäß BV ArbZ unterfällt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, da es sich dabei um eine Festlegung der konkreten Lage und der Verteilung der Arbeitszeit handelt. § 100 BetrVG gilt insoweit nicht. Zwar gestatte diese Norm die vorläufige Durchführung einseitiger Maßnahmen. Sie gelte jedoch nur für die Eingliederung der Arbeitnehmer in den Betrieb und erfasse nicht die Einteilung der Arbeitnehmer in die im Betrieb geltenden Schichtzeiten. Diese Einteilung unterliege der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Die Folge: auch wenn der Arbeitgeber eine Einstellung vorläufig durchführen kann, muss er im Falle der Beschäftigung von Arbeitnehmern in festgelegten Schichten das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beachten. Fazit: Zustimmung zur Schichteinteilung einholen Das Recht des Arbeitgebers, (Leih-)Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Betriebsrats vorläufig einzustellen (§ 100 BetrVG), ist in der Praxis nicht durchsetzbar, wenn außerdem eine Zustimmung zum Einsatz der (Leih-)Arbeitnehmer im Schichtsystem nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erforderlich ist. Die Einstellung ist dann durch die fehlende Zustimmung zur Schichteinteilung schlichtweg „blockiert“. Arbeitgeber sollten daher zusammen mit dem Betriebsrat bereits vorab eine Vereinbarung ausarbeiten, in der der Betriebsrat seine Zustimmung zu bestimmten Schichtzuteilungen erteilt. Sie haben Fragen zur Beteiligungspflicht des Betriebsrates bei Leiharbeit? Sie wollen mit Ihrem Arbeitgeber eine Vereinbarung im Zusammenhang mit Schichtzuteilung ausarbeiten? Kontaktieren Sie mich gerne in Augsburg, telefonisch unter oder per E-Mail an . Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstütze ich Sie gerne!weiterlesen
Bei einer Betriebsratswahl kann viel schiefgehen. Genau aus diesem Grund gibt es zahlreiche Möglichkeiten, eine solche Wahl anzugreifen. Doch was ist, wenn Arbeitnehmer bereits während des Wahlverlaufs einen Abbruch der Wahl fordern? Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen hatte über einen solchen Fall zu entscheiden (LAG Hessen, Beschluss vom 14.09.2020, Az.: 16 TaBVGa 127/20). Eine interessante Entscheidung! Denn eine gesetzliche Grundlage, die Betriebsratswahl abzubrechen, gibt es nicht. Betriebsratswahl: Wahlabbruch gesetzlich nicht vorgesehen Auch wenn eine gesetzliche Grundlage für den Abbruch einer Betriebsratswahl fehlt: laut Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann ein Anspruch auf Wahlabbruch ausnahmsweise bestehen, wenn zu erwarten ist, dass die Betriebsratswahl nichtig ist. Die bloße Anfechtbarkeit nach § 19 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) reicht nicht. Der wesentliche Unterschied zwischen Nichtigkeit und Anfechtbarkeit: eine nichtige Betriebsratswahl gilt als nie erfolgt, der so gewählte Betriebsrat als nicht existent. Beschlüsse eines so „gewählten“ Betriebsrats sind auch rückwirkend unwirksam. Die Voraussetzungen für die Feststellung der Nichtigkeit sind deshalb sehr eng. Laut BAG ist eine Betriebsratswahl nur bei groben und offensichtlichen Wahlrechtsverstößen nichtig – sie muss quasi „den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen“. Anders bei der Anfechtungsklage nach § 19 BetrVG. Hier wird die Wahl „nur“ für unwirksam erklärt. Der Betriebsrat ist erst nach Rechtskraft der Entscheidung seines Amtes enthoben. Bis dahin gefasste Beschlüsse bleiben bestehen. Der Fall: Betriebsratswahl bei Teilbetrieb und doppelte Wahlvorstandsbestellung Vor dem LAG Hessen ging es um eine Betriebsratswahl, die für zwei von drei Teilbetrieben (A, B, C) eines Gemeinschaftsbetriebes (G) durchgeführt wurde. Der Gemeinschaftsbetrieb gehört zum Konzernbetrieb (K), der über einen Konzernbetriebsrat verfügt. Nach spezieller Vereinbarung sollte für den Betrieb A ein eigenständiger, für die Betriebe B und C ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt werden. Dazu wurden zwei Betriebsratswahlen durchgeführt, die später angefochten wurden. Die Betriebsratswahl für die Teilbetriebe B und C wurde für unwirksam erklärt. In der Folge wurde neu gewählt. Den Wahlvorstand dafür setzte der in der ersten Wahl unwirksam gewählte Betriebsrat ein. Der Konzernbetriebsrat hielt das für unwirksam und setzte ebenfalls den Wahlvorstand aus den gleichen Personen für die neue Betriebsratswahl ein. Die Arbeitnehmer des Teilbetriebs B beantragten daraufhin den Abbruch der Betriebsratswahl beim Landesarbeitsgericht Hessen: Der Betriebsbegriff sei verkannt. Es stehe schon gar nicht fest, ob überhaupt ein Gemeinschaftsbetrieb vorliege und separate Betriebsratswahlen zulässig sind. Der Wahlvorstand sei außerdem nicht wirksam bestellt. Kein Abbruch bei Verkennung Betriebsbegriff bzw. fehlerhafter Bestellung Wahlvorstand Das LAG Hessen lehnte den Antrag ab. Ein Abbruch der Betriebsratswahl komme nicht in Betracht, da die vorgetragenen Abbruchgründe die Wahl nicht nichtig machen würden. Die Frage, ob ein Gemeinschaftsbetrieb vorliegt, für den ein gemeinsamer Betriebsrat zu wählen ist (Frage nach der Verkennung des Betriebsbegriffs), führt zur Anfechtbarkeit der Wahl, nicht zu ihrer Nichtigkeit. Etwas anderes gilt laut BAG nur, wenn eine Betriebsratswahl entgegen einer bindenden Gerichtsentscheidung nach § 18 Abs. 2 BetrVG durchgeführt wird, in der über die Frage entschieden wurde, ob eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt. Verneint das Gericht das und wird dennoch eine einheitliche Betriebsratswahl durchgeführt, ist die Wahl anfechtbar, aber nicht offensichtlich nichtig. Ein Abbruch kommt dann nicht in Betracht. Auch die fehlerhafte Bestellung des Wahlvorstands rechtfertigt keinen Abbruch der Betriebsratswahl. Nur wenn der Fehler so schwer wiegt, dass nicht einmal der Anschein besteht, dass ein ordnungsgemäß bestellter Wahlvorstand existiert, ist ein Abbruch denkbar. Das sei in diesem Fall nicht der Fall. Zwar sei die Bestellung des Wahlvorstands fehlerhaft gewesen, da weder der unwirksam gewählte Betriebsrat noch der Konzernbetriebsrat zuständig waren. Dieser Fehler ist aber nicht so offensichtlich, dass deshalb eine Nichtigkeit der Betriebsratswahl droht. Ein Abbruch der Wahl wegen offensichtlicher Nichtigkeit war aus Sicht der Richter auch deswegen nicht möglich. Fazit: Strenge Voraussetzungen für Wahlabbruch Das LAG folgt mit seiner Entscheidung der Linie des BAG: nichtig ist eine Betriebsratswahl nur in Ausnahmefällen und damit ist auch ein Abbruch nur in Ausnahmefällen möglich. Meist wird also eine Anfechtung des Ergebnisses der rechtlich richtige Weg sein. Sie halten die Betriebsratswahl für unwirksam oder sogar nichtig? Sprechen Sie mich an, in Augsburg telefonisch unter oder per E-Mail an . Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstütze ich Sie gerne!weiterlesen
Wenn ein Arbeitnehmer seinen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nicht so nachkommt wie vereinbart, kann das zu einem Problem werden. Denn das kann ein Kündigungsgrund für den Arbeitgeber sein. Aber gilt das auch, wenn der Arbeitnehmer gegen Pflichten verstößt, die nur einen kleineren Anteil seiner gesamten Arbeitsverpflichtung ausmachen? Über einen solchen Fall urteilte das Landesarbeitsgericht Köln (LAG Köln, Urteil v. 30.01.2020, Az.: 6 Sa 467/19). Kündigung muss verhältnismäßig sein Wenn für das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift, gelten für eine Kündigung bestimmte Wirksamkeitsvoraussetzungen. Beispielsweise sind dann Kündigungen ohne Kündigungsgrund unwirksam, genauso unverhältnismäßige Kündigungen „wegen Kleinigkeiten“. Denn § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) legt fest, dass z.B. eine verhaltensbedingte Kündigung wegen eines Fehlverhaltens unwirksam ist, wenn sie nicht sozial gerechtfertigt ist. Sozial ungerechtfertigt kann die Kündigung sein, wenn die Kündigung unverhältnismäßig ist, der Arbeitgeber also wegen einer Pflichtverletzung das Arbeitsverhältnis kündigt, die insgesamt nicht schwer ins Gewicht fällt. „Schlampige Buchführung“ als Kündigungsgrund? Im Fall vor dem LAG Köln ging es um einen Arbeitnehmer, der seit einigen Jahren 30 Stunden pro Woche für einen gemeinnützigen Verein als „Leiter des sozialen Bereichs“ arbeitete. Seine Aufgaben teilten sich dabei in unterschiedliche Tätigkeiten auf: so war er u.a. für rund eine Stunde pro Woche für die Erstellung und Anpassung des Budgetplans, für die laufende Buchführung und die Überwachung von Ausgaben und Einnahmen zuständig. Allerdings war der Mitarbeiter für diese Aufgaben nur bedingt ausgebildet und geeignet: Er hatte lediglich einen Realschulabschluss und keine spezifische Ausbildung für den Bereich der Buchführung. Das blieb nicht folgenlos. Sieben Jahre nach Beginn seiner Arbeit für den e.V. prüfte der Arbeitgeber erstmals die Kasse des Vereins und stieß auf erhebliche Mängel in der Buch- und Kassenführung. Der Arbeitgeber beanstandete das. Aber auch einige Monate später waren die Mängel in den Büchern nicht behoben. Deshalb sprach der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Kündigung aus. Der klagte gegen diese Kündigung. Urteil des Landesarbeitsgerichts Der Arbeitnehmer bekam vor dem Arbeitsgericht und vor dem Landesarbeitsgericht Recht. Die Richter beider Instanzen stuften die Kündigung als unwirksam ein. Sie sei unverhältnismäßig, denn der Arbeitgeber hätte auf die Probleme im Arbeitsverhältnis anders reagieren können und müssen. So hätte der Verein dem Mitarbeiter beispielsweise eine Fortbildung zum Thema Buchführung anbieten können. Außerdem betreffe die Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten nur einen Bruchteil seiner gesamten Tätigkeit: Nur eine von dreißig Arbeitsstunden je Woche entfallen laut Arbeitsvertrag auf den Bereich, in dem der Arbeitnehmer seinen Pflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Und nicht zuletzt hätte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Kassenführung unmittelbar nach der ersten Kontrolle entziehen müssen, wenn dieser Aspekt seiner Arbeit von so großer Bedeutung gewesen sei. Denn bei genauer Betrachtung war schon zu diesem Zeitpunkt klar, dass der Mitarbeiter mit dieser Aufgabe schlicht überfordert war. Hätte der Arbeitgeber hier rechtzeitig angemessen reagiert, wäre die weitere Pflichtverletzung vermeidbar gewesen. Kündigung wegen „Kleinigkeit“: oft unverhältnismäßig! Dieser Fall vor dem LAG Köln zeigt: Eine Kündigung wegen einer verhältnismäßig kleinen Pflichtverletzung kann unwirksam sein – vor allem, wenn der Arbeitgeber andere Möglichkeiten hat, auf die Pflichtverletzung zu reagieren. Das gilt gerade in Fällen, in denen ein Mitarbeiter z.B. mit einem Teil seiner Aufgabe überfordert ist, diese Überforderung aber mit verhältnismäßigen Mitteln (Fortbildung, neue Aufgabenverteilung etc.) behoben werden kann. Ihnen wurde von Ihrem Arbeitgeber gekündigt – wegen einer Kleinigkeit oder weil Sie einer Aufgabe nicht gewachsen wären? Sie wollen diese Kündigung nicht auf sich sitzen lassen? Kontaktieren Sie mich gerne, damit ich die Wirksamkeit Ihrer Kündigung prüfen und eventuell Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben kann. Sie erreichen mich in Augsburg per Telefon unter 0821 / 207 137 55 oder erreichen mich per E-Mail an . Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstütze ich Sie gerne.weiterlesen
Wer als Arbeitnehmer schon lange in einem Unternehmen arbeitet und Kündigungsschutz genießt, fühlt sich oft „unkündbar“. Doch sollte man sich auch nach vielen Jahren beim gleichen Arbeitgeber nicht in falscher Sicherheit wiegen. Denn ein schwerwiegendes Fehlverhalten kann auch nach vielen Jahren in einem Arbeitsverhältnis zu einer fristlosen Kündigung führen, wenn es noch nie zuvor zur Beanstandung eines Fehlverhaltens kam. So kann die sexuelle Belästigung einer Kollegin auch für einen langjährigen, bis dato vorbildlichen Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung zur Folge haben. So urteilte im Sommer 2020 das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln, Urteil v. 19.06.2020, Az.: 4 Sa 644/19. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Fristlose Kündigung? Das LAG Köln urteilte in einem Fall, in dem ein Arbeitnehmer fristlos gekündigt worden war, nachdem er 16 Jahre in ein und demselben Unternehmen gearbeitet hatte. Während der gesamten Dauer seiner Beschäftigung hatte er sich nie etwas zu Schulden kommen lassen – bis er während der Arbeit einer Kollegin zwischen die Beine fasste und unmittelbar darauf auch sich selbst. Dem folgte die Aussage in Richtung der Kollegin, dass sich nun bei ihm im Schritt „etwas tue“. Drei Monate später berichtete die betroffene Mitarbeiterin dem gemeinsamen Arbeitgeber von diesem Vorkommnis. Der Arbeitgeber gab dem Mitarbeiter in der Folge Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen, kündigte aber, obwohl der Mitarbeiter den Vorfall abgestritten hatte. Das wollte der Arbeitnehmer nicht auf sich sitzen lassen und erhob Kündigungsschutzklage gegen die fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung vor dem Arbeitsgericht Siegburg. Dort bekam er allerdings nicht Recht. Deshalb wandte er sich mit einer Berufung an das LAG Köln. Seine Auffassung: Die fristlose Kündigung sei unwirksam, das Arbeitsverhältnis würde unverändert fortbestehen. Berufung vor dem LAG erfolglos – fristlose Kündigung wirksam Allerdings war das LAG Köln der gleichen Auffassung wie das Arbeitsgericht in Siegburg: Die fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung einer Kollegin war wirksam. Grundsätzlich muss nach § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliegen. Die sexuelle Belästigung einer Kollegin – wie im vorliegenden Fall – ist nach Auffassung des Gerichts ein ausreichend wichtiger Grund. Außerdem sei dem Arbeitgeber in dieser Konstellation nicht zuzumuten gewesen, die Kündigungsfrist von 6 Monaten abzuwarten: Einerseits habe sich der Mitarbeiter eine schwerwiegende Pflichtverletzung zu Schulden kommen lassen. Wegen seines sexuellen Übergriffes war zwischenzeitlich immerhin ein Strafbefehl über 60 Tagessätze erlassen worden. Dem Arbeitnehmer habe andererseits klar sein müssen, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten nicht dulden wird. Und nicht zuletzt sei der Arbeitgeber nach § 12 Abs. 3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpflichtet, Mitarbeiter*innen vor sexuellen Belästigungen / Übergriffen zu schützen. Insofern überwog nach Auffassung des Gerichts das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an dem Abwarten der Kündigungsfrist einer ordentlichen Kündigung. Auswirkungen des Urteils in der Praxis Auch wer sehr lange bei einem Arbeitgeber beschäftigt ist und das ohne eine einzige Beanstandung eines Fehlverhaltens, ist nicht vor einer fristlosen Kündigung sicher: Wer sich nach Jahren tadellosen Verhaltens im Arbeitsverhältnis ein schwerwiegendes Fehlverhalten zu Schulden kommen lässt, riskiert auch nach mehr als 15 Jahren eine wirksame fristlose Kündigung. Vor allem sexuelle Belästigungen oder Übergriffe können ohne Vorwarnung eine fristlose Kündigung zur Folge haben. Haben Sie eine fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz erhalten? Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfe ich gerne, ob diese Kündigung Ihr Arbeitsverhältnis wirklich rechtmäßig beendet hat. Bei Bedarf unterstütze ich Sie natürlich auch vor dem Arbeitsgericht. Kontaktieren Sie mich gerne in Augsburg unter oder per E-Mail an .weiterlesen
Immer wieder kommt es unter Kollegen zu Auseinandersetzungen und Streit. Was aber ist, wenn es nicht nur bei Worten bleibt, sondern ein Kollege einem anderem eine Ohrfeige verpasst? Reicht das für eine fristlose Kündigung? Mit dieser Frage hat sich das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz befasst (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 01.06.2016, Az.: 7 Sa 424/15). Tätlichkeiten als Kündigungsgrund? Die fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist möglich, wenn ein „wichtiger Grund“ zur Kündigung vorliegt, § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dafür wiederum müssen Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden Arbeitgeber unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist fortzusetzen. Bei der Bewertung dieses Aspektes sind alle Umstände des Einzelfalls miteinzubeziehen und die Interessen beider Vertragspartner miteinander abzuwägen. Die Prüfung umfasst zunächst, ob der Sachverhalt, der die Kündigung ausgelöst hat, „an sich“ geeignet ist, ein wichtiger Grund zu sein. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter den konkreten Umständen des Einzelfalls nach Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer tatsächlich unzumutbar ist. Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund wegen Ohrfeige Im Fall, den das LAG Rheinland-Pfalz zu beurteilen hatte, war ein schwerbehinderter (GdB 50) Arbeitnehmer seit über zwanzig Jahren bei der Arbeitgeberin beschäftigt. An einem Morgen im März 2015 kam es zwischen dem Arbeitnehmer und einem Kollegen zu einer verbalen Auseinandersetzung. In deren Verlauf verpasste der Arbeitnehmer dem Kollegen eine Ohrfeige. Als der Arbeitgeber davon erfuhr, kündigte er dem schwerbehinderten Arbeitnehmer fristlos. Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer erfolgreich mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Mainz. Gegen das Urteil legte der Arbeitgeber Berufung mit dem Ziel ein, das Arbeitsverhältnis für beendet erklären zu lassen. Urteil des LAG Rheinland-Pfalz Das Landesarbeitsgericht erklärte die fristlose Kündigung des Arbeitgebers für unwirksam. Der Arbeitgeber unterlag also auch in der zweiten Instanz. Zwar sei eine Ohrfeige unter Kollegen „an sich“ als wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB geeignet, eine fristlose Kündigung auszusprechen. Im konkreten Fall hätte aber auch eine Abmahnung ausgereicht, so die Richter. Eine Abmahnung ist als milderes Mittel der Kündigung immer vorzuziehen. Das gilt allerdings nur, wenn sie genauso geeignet ist, eine störungsfreie Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Zukunft sicherzustellen und den Betriebsfrieden wiederherzustellen. Davon ging das LAG in diesem Fall aus. Der Angriff durch den Arbeitnehmer sei nicht gefährlich gewesen, der Kollege habe zudem keine schwerwiegende Beeinträchtigung erlitten. Es habe sich bei der Ohrfeige auch um eine spontane Reaktion aus der Situation heraus gehandelt. Es sei daher davon auszugehen, dass eine Abmahnung gegenüber dem Arbeitnehmer als Warnung ausgereicht hätte. Seine Weiterbeschäftigung würde außerdem keine dauerhafte Störung des Betriebsfriedens verursachen. Wichtig ist hier jedoch zu berücksichtigen: Die Richter haben in diesem Fall einerseits die allgemeinen Umgangsformen und den Umgangston im Betrieb in ihre Entscheidung mit einbezogen und die Tatsache, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer sein Verhalten als „Spaß“ verstanden wissen wollte. Was bedeutet die Entscheidung für die Praxis? Die Entscheidung zeigt, dass eine fristlose Kündigung den Arbeitnehmer nicht bestrafen, sondern vielmehr den Betriebsfrieden für die Zukunft wiederherstellen soll. Reicht dafür auch eine Abmahnung, ist eine Kündigung unwirksam, weil sie nicht das mildeste Mittel ist, um dieses Ziel zu erreichen. Arbeitnehmer sollten sich allerdings trotzdem nicht darauf verlassen, dass vor einer Kündigung immer eine Abmahnung erfolgen muss. Auch hier kommt es – wie so oft – auf den Einzelfall an. Hat Ihr Arbeitgeber Ihnen fristlos – ohne vorherige Abmahnung – gekündigt? Ihrer Ansicht nach liegt aber gar kein wichtiger Grund zur Kündigung vor? Oder Sie halten die Kündigung aus anderen Gründen für ungerechtfertigt? Sprechen Sie mich an! Ich prüfe für Sie die Wirksamkeit der Kündigung und vertrete Sie auch gerne im Kündigungsschutzprozess. Sie erreichen mich in Augsburg telefonisch unter oder per E-Mail an . Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstütze ich Sie gerne!weiterlesen
Ob man bei der Arbeit – z.B. in Pausenzeiten – auch private Angelegenheiten erledigen darf, wird von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich gehandhabt. Und auch wenn ein Mitarbeiter hin und wieder früher nach Hause geht, beurteilen Arbeitgeber das durchaus unterschiedlich: Die einen sind damit einverstanden, andere sehen darin eine massive Pflichtverletzung des Arbeitsvertrages. Ob gelegentliche private Schreibarbeiten am Arbeitsplatz oder ein gelegentlich früherer Feierabend einen Arbeitgeber aber zu einer fristlosen Kündigung berechtigen? Mit dieser Frage beschäftigte sich u.a. das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 04.12.2018, Az.: 2 Sa 21/18). Denn immerhin benötigt ein Arbeitgeber für eine fristlose Kündigung gem. § 626 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen wichtigen Grund. Der Fall vor Gericht Ein Arbeitnehmer war bereits rund zwei Jahre bei seinem Arbeitgeber als Steuerfachangestellter angestellt, hatte das Arbeitsverhältnis aber selbst zu Ende Juni 2017 gekündigt. Kurz vor Ende des Arbeitsverhältnisses kündigte der Arbeitgeber jedoch dieses auslaufende Arbeitsverhältnis am 15. Juni 2017 fristlos, also mit sofortiger Wirkung. Er begründete das gleich mit mehreren wichtigen Gründen: Der Mitarbeiter habe wenigstens an zwei Tagen zu früh die Arbeitsstelle verlassen. Außerdem habe er während der Arbeit an seinem Arbeitsplatz privat veranlasste Schreiben aufgesetzt und sich selbst auf seine private Mail-Adresse gemailt. Kein wichtiger Grund: Abmahnung(en) wäre notwendig gewesen Die Kündigungsschutzklage des Mitarbeiters gegen die fristlose Kündigung hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg, die Berufung des Arbeitsgebers gegen dieses Urteil zum Landesarbeitsgericht blieb erfolglos. Der Mitarbeiter bekam auch in der 2. Instanz Recht. Auch die Richter des Landesarbeitsgerichts stellten fest, dass die fristlose Kündigung nicht wirksam war. Einerseits konnten die Richter keinen wichtigen Grund gem. § 626 Abs.1 BGB erkennen: Nur eine beharrliche Arbeitsverweigerung würde eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen. Eine solche Verweigerung sahen die Richter jedoch nicht, der Arbeitgeber konnte sie nicht nachweisen, da der Mitarbeiter u.a. erklärte, dass er die vermeintlich zu wenig geleistete Arbeit zu einem anderen Zeitpunkt nachgeholt habe. Nicht zuletzt waren die Richter auch der Auffassung, dass eine Abmahnung dieses Fehlverhaltens hätte erfolgen müssen. Erst wenn es dann wieder zu einer gleichgelagerten Pflichtverletzung gekommen wäre, hätte eine nachhaltige Arbeitsverweigerung vorlegen, nur dann wäre eine Kündigung aus wichtigem Grund möglich gewesen. Und auch, die Tatsache, dass der Mitarbeiter bei der Arbeit private Schreiben aufsetzte und sich selbst mailte, reichte den Richtern nicht als Grund für eine fristlose Kündigung. Denn auch hier fehlte es dem Gericht an einer vorherigen Abmahnung dieses Verhaltens. Der Mitarbeiter habe nicht damit rechnen müssen, dass dieses Verhalten vom Arbeitgeber nicht geduldet wird. Manch ein Arbeitgeber hätte gegen ein solches Verhalten nichts einzuwenden. Für den Mitarbeiter war deshalb in diesem Zusammenhang unklar, ob er eine Pflichtverletzung begeht oder nicht. Aus diesem Grund hätte zunächst eine Abmahnung erfolgen müssen, denn auch eine Weisung des Arbeitgebers zu diesem Thema existierte nicht. Folgen für Arbeitnehmer Die rechtlichen Hürden für eine fristlose Kündigung im Arbeitsrecht sind relativ hoch: nicht jede Lappalie ist ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 Abs.1 BGB. Und in vielen Fällen muss der Arbeitgeber zunächst abmahnen, auch wenn er eine außerordentliche Kündigung ohne Frist (fristlose Kündigung) aussprechen will. Wurde Ihnen eine fristlose Kündigung ausgesprochen – eigentlich wegen einer vermeintlichen „Kleinigkeit“, von der Sie nicht wussten, dass Ihr Arbeitgeber ein entsprechendes Verhalten nicht duldet? Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfe Ihre Kündigung zeitnah und zuverlässig und erhebe auch Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht, wenn das notwendig und sinnvoll ist. Sie erreichen mit in Augsburg telefonisch oder per E-Mail anweiterlesen
Leitende Angestellte genießen oft besonderes Vertrauen ihres Arbeitgebers. Sie haben Zugriff auf Firmeneigentum, sind weisungsbefugt und teilen Mitarbeitern Aufgaben zu. Doch was ist, wenn ein leitender Angestellter seine Weisungsbefugnis ausnutzt und seine Untergebenen unerlaubt für private Zwecke einsetzt? Darf der Arbeitgeber in diesem Fall fristlos kündigen? Darüber hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln zu entscheiden (LAG Köln, Urteil v. 25.11.2016, Az.: 4 Sa 1182/15). Fristlose Kündigung eines leitenden Angestellten Für die fristlose Kündigung eines leitenden Angestellten gelten nach § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dieselben gesetzlichen Voraussetzungen wie bei jeder anderen fristlosen Arbeitgeberkündigung. Es muss ein sog. wichtiger Grund für die Kündigung vorliegen und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist muss für den Arbeitgeber unzumutbar sein. Ein solcher wichtiger Grund kann z.B. ein besonderes schwerwiegendes Fehlverhalten des Arbeitnehmers sein oder ein schwerer Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten. Ist durch das schwerwiegende Fehlverhalten des Arbeitnehmers die Vertrauensbasis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis vollkommen zerstört, kann es für den Arbeitgeber auch unzumutbar sein, die Kündigungsfrist abzuwarten. So lag es im Fall vor dem LAG. Der Sachverhalt: Vorgesetzter missbraucht Weisungsbefugnis Das LAG urteilte über einen Fall, in dem ein Arbeitnehmer (leitender Angestellter) in einem Betrieb für technische Gebäudeausrüstung beschäftigt war. Als Objektleiter im Facility Management nutzte er seine Stellung allerdings zu seinem privaten Vorteil aus: Er setzte während der Arbeitszeit zwei ihm unterstellte Mitarbeiter für privaten Renovierungsarbeiten am Haus seiner Ehefrau ein. Als direkter Vorgesetzter rief er die Mitarbeiter von ihrer eigentlichen Arbeitsaufgabe ab und ließ sie ein firmeneigenes Gebäudegerüst im Firmenwagen zu seiner Privatbaustelle bringen. Dort haben die Mitarbeiter auf seine Weisung hin – während der regulären Arbeitszeit – an mehreren Tagen gearbeitet, ohne das er dafür als Auftraggeber o.ä. gezahlt hätte. Das geschah ohne Wissen und Zustimmung des Arbeitgebers. Erst im Nachhinein wurde der private Einsatz der Mitarbeiter im Haus des Vorgesetzen bekannt. Daraufhin sprach der Betrieb die sofortige fristlose Kündigung aus. Dagegen erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht. Das Arbeitsgericht hielt die Kündigung für wirksam. Das LAG Köln hatte nun in der Berufung über die Wirksamkeit der Kündigung zu entscheiden. Einsatz von Mitarbeitern auf Privatbaustelle rechtfertigt fristlose Kündigung Der Arbeitgeber bekam auch vor dem LAG Recht. Nach dem LAG stellt es bereits einen „an sich“ zur fristlosen Kündigung geeigneten Grund dar, wenn ein Vorgesetzter während der Arbeitszeit ihm unterstellte Mitarbeiter ohne Erlaubnis privat für sich arbeiten lässt. Das ist zum einen eine Verletzung der Treuepflicht, da er die Mitarbeiter für sich in Anspruch nimmt, die vom Arbeitgeber bezahlt werden. Zum anderen ist es einer schwerwiegende Loyalitätspflichtverletzung. Mit diesem Verhalten vermische der Arbeitnehmer in unzulässiger Weise seine privaten Interessen, mit denen, die er als Vorgesetzter im Betrieb für seinen Arbeitgeber wahrzunehmen hat. Dieser doppelte Pflichtenverstoß ist ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung der ohne vorherige Abmahnung eine Kündigung rechtfertigt. Aufgrund der Schwere des Verstoßes sei die Weiterbeschäftigung auch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar. Folgen für die Praxis Genießen Arbeitnehmer eine besondere Stellung im Betrieb, haben Sie auch besondere Treue- und Loyalitätsverpflichtungen gegenüber dem Arbeitgeber. Verstoßen Sie durch Ihr Verhalten dagegen und nutzen Ihre Befugnisse für private Zwecke aus, ist im Einzelfall eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich. Sie sind leitender Angestellte und Ihr Arbeitgeber hat den Arbeitsvertrag wegen Missbrauch der Weisungsbefugnis gekündigt? Es wird Ihnen vorgeworfen, Mitarbeiter oder Firmeneigentum unerlaubt privat eingesetzt zu haben? Sie halten die Kündigung für unwirksam? Sprechen Sie mich an. Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfe gerne für Sie, ob eine Kündigungsschutzklage erfolgversprechend ist, und vertrete Sie ggf. auch vor Gericht. Sie erreichen mich telefonisch in Augsburg unter 0821 / 207 137 55 oder per E-Mail an .weiterlesen
Der Anspruch auf Homeoffice ist derzeit immer wieder Gegenstand politischer Diskussionen. Denn der Arbeitsminister will diesen Anspruch – angesichts der aktuellen Corona-Pandemie – gesetzlich verankern. Arbeitnehmer freut diese Aussicht, Arbeitgeber bleiben (mehr als) skeptisch. Denn zum einen ist Homeoffice häufiger sinnvoll und möglich als bisher angenommen. Zum anderen ist der Arbeitsplatz im Büro vor allem für Arbeitnehmer, die zu den Risikogruppen (Vorerkrankungen, Alter etc.) zählen, durchaus mit Risken und Unwägbarkeiten verbunden. Das gilt vor allem, wenn der Arbeitnehmer sich mit Kollegen in einem Raum aufhalten muss. Aber hat man als Angehöriger einer Risikogruppe Anspruch auf Homeoffice – unabhängig von der derzeit (10/2020) angedachten gesetzlichen Regelung? Damit befasste sich das Arbeitsgericht Augsburg (Beschl. v. 07.05.2020 – 3 Ga 9/20). Rechtskräftig ist diese Entscheidung jedoch nicht – eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) München im Berufungsverfahren ist bisher (10/2020) nicht gefallen. Weisungsrecht des Arbeitgebers Geht es darum, wo der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nachkommen soll, hat der Arbeitgeber grundsätzlich ein Weisungsrecht. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich in § 106 Gewerbeordnung (GewO) und § 315 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Damit entscheidet der Arbeitgeber auch darüber, ob ein Arbeitnehmer im Homeoffice arbeiten darf oder nicht und ob er unter Umständen auch Veranstaltungen vor Ort durchführen muss. Weil der Arbeitnehmer sich dem Weisungsrecht fügen muss, trifft den Arbeitgeber im Gegenzug die Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer sicher ist. Der Arbeitgeber muss gem. § 618 BGB für Schutzmaßnahmen sorgen. Er muss das Büro bzw. den Arbeitsplatz so gestalten, dass der Arbeitnehmer – so gut es im jeweiligen Kontext geht – „gegen Gefahr für Leben und Gesundheit“ geschützt ist. Diese Vorschrift hat im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eine neue Dimension erhalten. Denn „Gefahr für Leben und Gesundheit“ kann vor allem für Angehörige von Risikogruppen aktuell von nahezu jedem Kollegen im selben Raum ausgehen. 63-Jähriger im Doppelbüro Ein Arbeitnehmer, der seit rund 25 Jahren im Arbeitgeberunternehmen in einer klassischen Bürotätigkeit tätig war, arbeitete Anfang 2020 in einem Zweier-Büro. Er zählt mit 63 Jahren im Hinblick auf das Risiko einer Corona-Infektion zur Risikogruppe der über 60-Jährigen. Zudem verfügte er über ein ärztliches Attest aus dem April 2020. Aus beidem zusammen leitete der Angestellte einen Anspruch auf Homeoffice her – wenigstens jedoch einen Anspruch auf ein Einzelbüro. Nur wenn sein Arbeitgeber einem dieser Ansprüche nachkäme, würde das den Schutz entsprechend § 618 BGB gewährleisten. Das gelte wenigstens für die Zeit, in der für ihn in der derzeitigen Arbeitsplatzsituation Ansteckungsgefahr bestünde. Gleichzeitig war er der Meinung, dass er unter den aktuellen Umständen keine Veranstaltungen „vor Ort“ abhalten müsse. Beides sah der Arbeitgeber anders. Ein Anspruch auf Homeoffice bestünde nicht, die Präsenzveranstaltungen seinen ohnehin nicht in dieser Form geplant. So ging der Streit vor Gericht. Klage auf Feststellung des Homeoffice-Anspruchs Das Arbeitsgericht Augsburg sollte auf Antrag des Arbeitsnehmers hin feststellen, dass er Anspruch auf Homeoffice habe, jedenfalls aber auf ein Einzelbüro. Aber auch die Richter kamen zu dem Ergebnis: Beide Ansprüche bestehen nicht – nicht aus Gesetz, nicht aus Vertrag. Letztlich würde auch § 618 BGB zu keinem anderen Ergebnis führen. In der Wahl der Schutzmaßnahmen sei der Arbeitgeber frei. Jedenfalls sei – so die Richter – zuhause zu arbeiten nicht die einzig vorstellbare geeignete Schutzmaßnahme, ein Einzelbüro ebenso nicht. Auch in einem Mehrpersonen-Büro seien andere effektive Schutzmaßnahmen denkbar und möglich. Bedeutung für die Praxis Urteile anderer Arbeitsgerichte in vergleichbaren Konstellationen können auch anders ausfallen. Das gilt, solange keine im Gesetz verankerte Regelung des Anspruchs auf Homeoffice erlassen wird. Zudem ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts hier noch nicht ergangen (Stand 05.10.2020). Und dass das LAG den Fall anders beurteilt, ist nicht vollkommen unvorstellbar: Die Rechtsprechung zum Anspruch auf Homeoffice entstammt einer Zeit, in der sich niemand über ein derart ansteckendes Virus Gedanken machte – ein Virus, gegen das aktuell auch keine Impfung möglich ist. Denn es ist nicht zu leugnen, dass von diesem Virus aktuell bereits aufgrund der körperlichen Gegenwart anderer Menschen in einem Raum eine nie dagewesene Gefahr für Leib und Leben ausgeht. Letztlich könnte es somit sinnvoll sein, dass über diese Frage auch in höheren Instanzen neu entschieden wird, solange eine gesetzliche Regelung nicht besteht. Wollen Sie im Homeoffice arbeiten, da Sie zu einer Risikogruppe gehören? Kontaktieren Sie mich unter oder schreiben Sie eine E-Mail an . Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht beantworte Ihre Fragen gerne.weiterlesen